Allerorten werden die Weihnachtsmärkte abgesagt. Winzer, Metzger und Standbetreiber stehen vor einem Problem. Beispiele aus dem Rems-Murr-Kreis.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Rems-Murr-Kreis - Abstandsgebot statt Adventsstimmung, 2-G-plus statt Glühwein: das Coronavirus und der Kampf dagegen vermiesen erneut die Vorweihnachtszeit. Viele Weihnachtsmärkte, die erst vor Kurzem noch angekündigt waren, werden nun doch abgesagt. Das Nachsehen haben viele Händler, die einen großen Teil ihres Jahresumsatzes auf solchen Märkten verdienen. Nicht nur Kunsthandwerker, sondern auch Anbieter aus der Gastronomie sitzen jetzt auf – womöglich verderblichen – Waren, die sie irgendwie loswerden müssen.

 

Ein Metzger in Waiblingen will seine Würstchen loswerden

Viele lassen sich etwas einfallen. Die Metzgerei Kübler etwa, die in Stuttgart, Waiblingen, Crailsheim und Frankenhardt Filialen hat, sollte eigentlich Schausteller auf den Weihnachtsmärkten in Stuttgart, Esslingen und Ludwigsburg mit Fleisch und Würsten versorgen. „Das Weihnachtsgeschäft ist auch bei uns das Wichtigste im Jahr. Die Menschen geben mehr Geld fürs Essen aus, kaufen statt Schweinehals auch mal Rinderfilet“, erzählt Roman Staigle, Kundenbetreuer bei Kübler. „Nach der Absage haben uns die Schausteller, mit denen wir teilweise seit 20 Jahren eine Geschäftsbeziehung haben, gefragt, ob wir die Waren zurücknehmen würden.“

Das tat die Metzgerei auch – und sitzt jetzt auf palettenweise Roten, Oberländern, Rostbratwürsten, Schweinehalssteaks und Co. Um die Waren nicht verderben zu lassen, bringt Kübler sie jetzt extrem heruntergesetzt auf den Markt. „Im Onlineshop brennt wirklich die Hütte“, sagt Staigle. Bis vor einiger Zeit untypisch für eine Metzgerei, hat die Firma zu Beginn der Corona-Krise einen Webshop eingerichtet. „Wir sind wirklich froh über die Resonanz, und darüber, dass wir die Würste nicht alle selber essen müssen“, sagt Staigle.

Die Kellerei Kern wird ihren Glühwein nicht los

In der Weinkellerei Kern in Kernen ist man über die Situation ebenfalls sehr unglücklich. Eigentlich hätte der Kern’sche Glühwein an etliche Advents-Events und Weihnachtsmärkte geliefert werden sollen. Seit 45 Jahren stellt die Kellerei Glühwein her. „Den kann man nicht acht Tage vorher bestellen, das dauert Monate. Und wir haben nicht nur für die Erstbelieferung produziert, sondern für eine ganze Saison“, sagte Friedrich Kern, einer der Geschäftsführer. Die Vorbereitungen seien jetzt dahin. Eine Rabattaktion wie bei der Metzgerei Kübler sei im Prinzip denkbar, aber ein riesiger Aufwand für Kern als Abfüllbetrieb.

Friedrich Kern kritisiert die Entscheidungsfindung und Kommunikation der verantwortlichen Politiker. „In Ludwigsburg zum Beispiel lagen schon die Würste auf dem Grill, der Glühwein war im Kessel, als die Absage kam. Dass es im Winter kalt wird und die Kurve ansteigen dürfte, war doch eigentlich keine Überraschung.“

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Immerhin: der Glühwein ist recht lange haltbar. Er kann in spezielle Tanks abgefüllt und gelagert werden, in einem Jahr kann der Wein dann neu filtriert und nachgewürzt werden. Alkoholfreie Getränke indes kann man nicht so lange lagern. „Für die gibt es derzeit keine Lösung“, sagt Kern.