Großer Budenzauber, mittelalterliches Treiben, barocke Pracht: Stuttgart, Esslingen, Ludwigsburg vermarkten ihre Weihnachtsmärkte bundesweit gemeinsam. Alle drei Städte profitieren stark von dem Besucherandrang.

Stuttgart – Viel Schwyzerdütsch

 

Stuttgart/Ludwigsburg/Esslingen - Diese Debatte flammt jedes Jahr auf: Wer hat den größten? Nürnberg, Dresden, Stuttgart, Frankfurt reklamieren für sich, den größten Weihnachtsmarkt Europas zu beherbergen. Superlative verkaufen sich halt gut. Da sucht sich jeder die Zahlen, die ihn schmücken. Vier Millionen Besucher verkündet man in Stuttgart, eine Schätzung. Und eine, bei der man jeden einrechnet, der die Budenstadt passiert. Wie viel Geld die Menschen dort ausgeben, weiß der Veranstalter in.Stuttgart nicht. „Der Weihnachtsmarkt belebt und prägt die Innenstadt“, sagt ein Sprecher. Das sind die weichen Faktoren.

Über die harten Faktoren redet keiner so gerne. Beschicker neigen nicht zum Frohlocken; außerdem hört das Finanzamt mit. Klar ist, dass die Weihnachtsmärkte erheblich zum Einkommen beitragen. Früher überwinterte man nach dem Volksfest, um im Frühling wieder auf Reisen zu gehen. „Heute brauchen wir die Weihnachtsmärkte dringend“, sagt ein Beschicker. Glühwein gehe immer, wer jedoch Socken und Weihnachtsartikel verkaufe, tue sich schwer. Trotz der vielen Schweizer. 28 000 Übernachtungen im Dezember gehen auf ihr Konto. Wie überhaupt die Hotels des Weihnachtsmarkts wegen gut gebucht seien, sagt der Touristikchef Armin Dellnitz. In diesem Jahr will man die Gäste befragen, woher sie kommen. Übrigens: Bundesweit vermarkten sich Stuttgart, Esslingen, Ludwigsburg gemeinsam. Als einzigartiges Trio: Mittelalter, Barock – und der Größte.

Ludwigsburg – Barocker Glanz

In seiner heutigen Form existiert der Ludwigsburger Barock-Weihnachtsmarkt erst seit zwei Jahrzehnten. Zuvor gab es zwar Glühwein, Kunsthandwerk und zahlreiche Stände, aber diese waren auf mehrere Stellen in der Innenstadt verteilt. Erst als der Marktplatz in den 1990er Jahren autofrei wurde, entschied das Rathaus, dem Weihnachtsmarkt dort einen festen Ort zuzuweisen. Es war, auch finanziell gesehen, eine gute Entscheidung. Schon 1994 stiegen die Einnahmen der Stadt auf rund 200 000 Euro, rund 420 000 Euro waren es 2009 und 475 000 Euro im vergangenen Jahr. Die Stadt verzeichnet doppelt so viele Einnahmen wie Ausgaben. Seit 2010, als die Fläche für den Markt um angrenzende Straßen erweitert wurde, ist die Zahl der Buden jährlich um rund fünf Prozent gewachsen. 180 sind es jetzt. „Aber nun haben wir die maximale Ausdehnung erreicht“, sagt die Veranstaltungsleiterin Melanie Mitna. „Wir wollen nicht mehr weiter wachsen.“ Die exakte Besucherzahl wird nicht erfasst, soll aber zuletzt auf geschätzt eine Million gestiegen sein. Doch trotz des großen Interesses verfolge die Stadt ein klares Ziel, sagt Mitna: Der Markt müsse gemütlich bleiben.

Möglichkeiten, die Einnahmen zu erhöhen, finden sich trotzdem. Diesmal hat der Markt am 22. November begonnen, früher als sonst, was nicht nur auf positive Resonanz trifft. Für die Standbetreiber und die Stadt ist die Rechnung indes einfach: Jeder zusätzliche Markttag treibt den Gewinn nach oben.

Esslingen – Glühwein und Gaukler

Obwohl die Macher des Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkts in den vergangenen Jahren das Markttreiben nur noch in Nuancen verändert haben, boomt die in diesem Jahr 31 Tage währende Veranstaltung in der Esslinger Altstadt nach wie vor. Ein Drittel der Gäste kommt aus Esslingen, ein Drittel aus der Region Stuttgart, ein Drittel von weiter weg. Insbesondere aus Österreich, der Schweiz und verstärkt aus Italien werden die Gäste in Scharen in Bussen herangekarrt: An manchen Wochenenden suchen pro Tag bis zu 150 Busfahrer einen Parkplatz.

Aber auch bis nach Asien und Amerika hat sich herumgesprochen, dass der Esslinger Markt sich deutlich von der Konkurrenz unterscheidet. 51 Künstler – Gaukler, Musikanten, Feuerspucker und Drahtseilartisten – sorgen bei rund 500 Auftritten für Abwechslung. Und mit dem Mittelaltermarkt in der historischen Altstadt ist der Esslinger Stadtmarketing und Tourismus Gesellschaft (EST) der große Wurf gelungen. Immer wieder taucht Esslingen in der Rangliste der beliebtesten Weihnachtsmärkte in Deutschland unter den Top Ten auf. Das liefert Schlagzeilen und lässt den EST-Chef Michael Metzler hoffen, dass auch in diesem Jahr die Eine-Million-Besuchergrenze überschritten wird. Damit stößt die Stadt auch an ihre Kapazitätsgrenzen. Vor allem an den Wochenenden bei einbrechender Dunkelheit kommt es in den engen Altstadtgassen immer wieder zu unangenehmen Engpässen.