Was lief schief im Fall des Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters? Die Geheimdienst-Kontrolleure des Bundestags machen Abstimmungsmängel bei den Behörden aus.

Berlin - Eine Ermittlergruppe des Bundestags hat im Fall des Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri einem Medienbericht zufolge Schwächen bei den Abläufen im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum (GTAZ) von Bund und Ländern festgestellt. So sei das Verfahren zur Bewertung von islamistischen Gefährdern im GTAZ unzureichend, berichtete das RBB-Inforadio am Mittwoch unter Berufung auf einen geheimen Untersuchungsbericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr). Das Gremium wollte am Nachmittag über den Bericht beraten.

 

Die PKGr hatte Mitte Januar die Einsetzung einer sogenannten Task Force beschlossen. Damit wollten die Geheimdienst-Kontrolleure des Bundestags möglichen Fehlern oder Pannen beim Umgang mit Amri nachgehen. Die Ermittlergruppe sollte unter anderem den Informationsfluss im GTAZ beleuchten.

In dem Terrorabwehrzentrum in Berlin tauschen Sicherheitsbehörden aus Bund und Ländern Erkenntnisse aus, um islamistischen Terrorismus zu bekämpfen. Beteiligt am GTAZ sind 40 Ämter - darunter das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter, Bundespolizei, Verfassungsschutz aus Bund und Ländern, Bundesnachrichtendienst (BND), Militärischer Abschirmdienst und Zollkriminalamt.

Dem Bericht des RBB-Inforadios zufolge wird in dem Task-Force-Bericht eine nicht ausreichende Einbindung der Nachrichtendienste, vor allem des BND, in die Ermittlungen gegen Amri bemängelt. Zudem werde eine stärkere Einbindung von Justiz- und Ausländerbehörden gefordert, um Gefährder konsequent abschieben zu können.

Amri tötete insgesamt zwölf Menschen

„Die Taskforce des PKGr hat in den zurückliegenden Wochen sehr intensiv zum Thema gearbeitet“, sagte der SPD-Innenpolitiker Uli Grötsch der Deutschen Presse-Agentur. Das GTAZ leiste hervorragende Arbeit im Bereich der Terrorabwehr. „Und dennoch: die grundsätzliche Befassung mit Gefährdungssachverhalten greift zu kurz. Hier braucht es meiner Meinung nach eine intensivere Befassung mit der persönlichen Gefährlichkeit des jeweiligen Gefährders.“

Grötsch ist selbst PKGr-Mitglied. „Im weiteren Fortgang unserer Arbeit geht es nun darum, einen aussagekräftigen öffentlichen Bericht zu erarbeiten, um auch dem Informationsbedarf der Menschen in Deutschland nachzukommen“, sagte er.

Der abgelehnte tunesische Asylbewerber Amri hatte am 19. Dezember 2016 einen Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gesteuert und insgesamt zwölf Menschen getötet. Er war als islamistischer Gefährder eingestuft, fiel mehrfach als Krimineller auf, und es wurde mehrfach vor ihm gewarnt. Mitte Oktober wurde er zudem in der Inpol-Datenbank, einem länderübergreifenden Informationssystem der Polizeien, als „foreign fighter“ erfasst.

Gestritten wird darum, ob Behörden Möglichkeiten versäumten, Amri rechtzeitig festzusetzen und abzuschieben. Kurz nach dem Attentat wurde Amri auf der Flucht in Mailand von Polizisten erschossen.