Trotz kleiner Anlaufprobleme ist das Pfandsystem in Leonberg erfolgreich. Rutesheim wartet ab.

Leonberg: Thomas Slotwinski (slo)

Leonberg - Das Herz des Leonberger Nikolausmarktes steht auf dem Hof hinter dem Alten Rathaus. In einer Art Lieferwagen mit Berliner Kennzeichen sind zwei große Geschirrspülmaschinen verborgen, eine dritte steht daneben. Die Stadt hat sie extra gemietet. Ein fleißiges Team schiebt permanent Plastikpaletten mit Tassen in die Geschirrspüler. Nach zwei Minuten kommen sie sauber heraus.

 

Das klingt nicht nur schnell, sondern ist es auch. Dennoch müssen die Leute von den Ständen zumindest am Abend länger warten, wenn sie ihr Geschirr zum Spülen bringen. Die Altstadt ist voll, es ist kalt, der Glühwein fließt in Strömen. Entsprechend groß ist der Tassenverbrauch.

Lange Wartezeiten

„Am Nachmittag war es okay, aber am Abend war die Wartezeit sehr lang“, meint Ralph Kaisser vom Verein der Leonberger Hunde. Er hat seinen Glühwein eigens nachgewürzt. Nicht nur wegen des guten Geschmacks machen hier viele Station: Die beiden Leonberger, die trotz der Menschenmassen seelenruhig vor dem Stand liegen, sind begehrte Streichelobjekte.

Das Team im Spülmobil hat viel zu tun. Foto: factum
Erstmals seit vielen Jahren hat die Stadt den Plastikbechern und Pappschalen auf dem Weihnachtsmarkt den Garaus gemacht. Getränke gibt es nur in Gläsern oder Tassen. Essen wird auf Tellern oder in Schalen gereicht. Das Pfand beträgt pro Einzelteil drei Euro. Das führt mitunter zu kuriosen Situationen. „So mancher hat geschluckt, wenn er eine Currywurst bestellt und 9,50 Euro bezahlen muss“, berichtet Matthias Krack. Der Pfarrer der Stadtkirche verkauft am Stand des Lions-Clubs Solitude leckeres Essen für den guten Zweck. Die eigentliche Currywurst kostet 3,50 Euro. Doch für Schale und Gabel sind jeweils drei Euro fällig. „Das schafft viel Aufwand und erfordert mehr Personal“, sagt Krack.

Die Gäste allerdings sind zufrieden. „Wir haben gar keine Probleme“, erzählt Ursula Reger, die am Stand des Roten Kreuzes Glühwein und Punsch verkauft. „Durch den wegfallenden Müll und das Geschirr wirkt der ganze Markt einfach wertiger“, lobt der Grünen-Landtagsabgeordnete Bernd Murschel.

Wer hat den schönsten Stand?

„Es schmeckt aus Glas viel besser“, findet Klaus Brenner. Der Baubürgermeister ist beim Stand der Freien Wähler, traditionell Treffpunkt für die Kommunalpolitiker. Das Team vom Vorsitzenden Wolfgang Schaal verkauft erstmals auch weißen Glühwein und Eierlikör. Der wiederum ist bei Martin Georg Cohn gefragt. Wobei der Oberbürgermeister sich nicht nur selbst einen genehmigt, sondern auch seinem Team, das die vier schönsten Stände auszeichnet: JKG, ASG, die evangelische Freikirche BMG und die Stadtranderholung überzeugen mit liebevoll gestalteten Hütten.

Apropos Hütten: Die kommen von einer Verleihfirma in Bad Segeberg im hohen Norden. Der Weg ins Ländle ist weit und voller Staus, und das Organisationsteam von Ordnungsamt und Citymanagement hat alle Hände voll zu tun, damit das Weihnachtsdorf rechtzeitig steht.

Extrem gefragt: Der Nikolaus. Foto: factum/Bach
Nur ein Häuschen fehlt. Am Samstagmorgen um 6 Uhr glühen die Drähte zwischen Stadt und DRK. Dann Entwarnung: Die Rotkreuzler bringen ihren eigenen Wagen mit. Als Feuerwehrchef Wolfgang Zimmermann und seine Männer die Stände sicherheitstechnisch prüfen, ist alles in bester Ordnung. Die Besucher wollen gar nicht mehr gehen, als die Stände am Samstag um 22 Uhr und am Sonntag um 20 Uhr schließen. In dieser Traumkulisse mit festlich illuminierten Häusern, vernünftigem Geschirr und ohne Müllberge, die früher das Bild verschandelten, lässt es sich gut verweilen.

Tolle Stimmung auch in Rutesheim

Das Thema Geschirr interessiert auch in Rutesheim. Beim dortigen Weihnachtsmarkt gibt es noch keine Glaspflicht. „Wir schauen, wie es in Leonberg läuft“, sagt der Erste Beigeordnete Martin Killinger, der sich am Samstag über einen „gigantischen Besuch“ freut. Vom griechischen Elternverein bis zu den Gumpahexa präsentieren sich fast alle Vereine mit Leckereien und selbstgemachten Präsenten.

Foto: factum/Bach
Die Jugendfeuerwehr ist in Sachen Geschirr schon weiter als die Stadt. Den Glühwein schenken die Aktiven um den Jugendleiter Max Schürholz in Tassen mit dem eigenen Logo JF aus. Für die 30 Jugendlichen eine gute Gelegenheit, ihre Altersgenossen zur Mitarbeit zu animieren. „Bei uns macht es Spaß, aber wir sind kein Spaßverein“, sagt Schürholz selbstbewusst. Denn wenn die Nachwuchsretter 18 sind, sind sie bei echten Einsätzen dabei.

Kommentar: Ein echtes Markenzeichen

Nicht nur aus ökologischen Gründen: Das Pfandsystem ist richtig, findet Thomas K. Slotwinski:

„Auch wenn so mancher Glühweinverkäufer über Wartezeiten von mehr als einer halben Stunde am Geschirrmobil nicht eben glücklich war: Die Einführung des Pfandsystems auf dem Nikolausmarkt war ein richtiger wie notwendiger Schritt. Die Müllberge der vergangenen Jahre waren nicht nur ein Ärgernis, sondern auch aus ökologischer Sicht untragbar. Letztlich schmeckt es aus Gläsern und Tellern einfach besser.

Die Kinderkrankheiten dürften beim nächsten Mal behoben sein. Zu überlegen ist, ob sich für die Stadt, auch angesichts der vielen anderen Feste, der Kauf von zwei bis drei Spülmobilen nicht am Ende lohnt. Zum Nikolausmarkt wurden sie ausgeliehen. In der geistigen Mache ist eine einheitlich Leo-Tasse mit einem markanten Signet, die an allen Ständen, womöglich auch bei den Stadtteil-Weihnachtsmärkten in Höfingen, Gebersheim und Warmbronn verwandt werden kann. Stadtbezogene Gläser und Tassen gibt es häufig, sie sind zudem beliebte Souvenirs.

Insgesamt ist der Nikolausmarkt ein echtes Markenzeichen für Leonberg. Der hohe Aufwand, den die städtischen Mitarbeiter betreiben, lohnt sich absolut.“