Das Kloster, seit 1974 Wohnzimmer der jungen Leute, ist zu. Die Suche nach einem Ersatz ist schwierig.

Weil der Stadt - Schau mal, da drüben“, sagt Marie-Christin Engelhardt. „Hier hab’ ich mich zum ersten Mal verliebt, hier hab ich meine Freunde gefunden“, erzählt sie. Und: „Hier bin ich zuhause.“ Viele Erinnerungen kommen auf, ein bisschen sentimental wird Marie-Christin Engelhardt, wenn die stellvertretende Jugendhausvorsitzende so durch die Klostergänge läuft.

 

Aber das tut sie jetzt ohnehin nicht mehr. Seit 18. März nämlich, als Susanne Widmaier, die Erste Beigeordnete, den Jugendhaus-Vorsitzenden Felix Mayer anrief und um eine Hausbegehung bat. „Wir hatten einen neuen Hausmeister“, erklärt sie. „Dem fiel auf, dass da was mit dem Brandschutz nicht stimmen könnte.“ Ein Gutachten des Landratsamtes bestätigte dann den Verdacht: Zum einen war die Elektrik nicht mehr sicher. „Und es fehlt auch ein zweiter Rettungsweg“, erklärt Widmaier.

Das ganze Jugendhaus ist dicht, da die Stadt haftet

Zunächst sah es so aus, als ob nur der große Disco-Raum geschlossen werden müsse, eine Woche später aber hat die Stadtverwaltung den gesamten Jugendhaus-Bereich dicht gemacht. „Unser Anwalt hat erklärt, dass wir haften, wenn was passiert“, sagt die Beigeordnete Widmaier. „Da konnten wir das Risiko nicht mehr eingehen und Leute hier rein lassen.“

Marie-Christin Engelhardt kann das immer noch nicht so richtig fassen. „Ich war fast jeden Tag hier“, erzählt die 20-Jährige. Wenn sie frei hatte – ab ins Kloster. Wenn sie ein Problem hatte – ab ins Kloster. „Das war wirklich unser zweites Zuhause“, erklärt sie.

Und nicht nur für sie, Generationen von Weil der Städtern haben schon in diesen Räumen „gewohnt“. Seit 1974, als sich ein „Aktionskomitee für Jugend und Freizeit“ gebildet hatte, und sie mit ihren linken Theorien und den wilden Partys die altehrwürdigen Klosterräume gestürmt hatten. Damals waren sie verträumte Revolutionäre, heute sind sie Anwälte, Chefärzte oder Parteivorsitzende (siehe Infobox).

Ein selbstverwaltetes Jugendhaus ist damals entstanden, wie in den meisten anderen Städten und Dörfern auch. Der Unterschied: in den meisten anderen Orten sind solche Initiativen schnell wieder untergegangen, in Weil der Stadt gibt es das Kloster immer noch. „So ein Engagement ist in der Tat einzigartig“, stellt Martin Bachhofer fest. Er hat als Geschäftsführer der „Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten“ (AGJF) den Überblick. „Das sollte man unbedingt erhalten. Was die jungen Leute durch diese Selbstverwaltung alles lernen, bekommen sie sonst nirgends mit.“

Das Kloster war zuletzt wieder gut besucht

Denn zu Verwalten gab es so einiges im Kloster. Jeden Abend hatte es offen, allabendlich musste also ein Theken-Team anrücken. „Die Flaute der vergangenen Jahre war auch vorbei“, berichtet Felix Mayer, der Jugendhaus-Vorsitzende. „In letzter Zeit waren wir wieder richtig gut besucht.“ Vor allem viele Jüngere von 14 Jahren an seien gekommen. „Sogar sonntags, unserem Putztag, waren die Leute da“, erzählt der 20-Jährige.

Susanne Widmaier, die Erste Beigeordnete in Weil der Stadt, staunt über dieses Engagement. „Die jungen Leute leisten hervorragende Arbeit“, sagt sie. „Um das nicht zu gefährden, müssen wir so schnell wie möglich eine Übergangslösung finden.“ Denn ein Umbau des Klosters sei so schnell nicht zu stemmen. „Schließlich ist das Kloster ein Denkmal, da kann man nicht so einfach einen zweiten Rettungsweg einbauen.“

Felix Mayer, der Jugendhaus-Vorsitzende, ist da nicht so skeptisch. „Das Kloster ist unser Zuhause“, sagt er. „Deshalb wollen wir hier wieder rein.“ Und damit das klappt, wollen sich die Jugendlichen für ihr Zuhause einsetzen und auf Suche gehen. Vielleicht müsse man der Stadt einfach ein Sanierungskonzept präsentieren, überlegt Mayer: „Wir suchen keine Lösung für uns, wir suchen eine Lösung für das Gebäude.“

Das ist der Punkt, an dem sich Jugendhaus-Verein und Stadtverwaltung also noch nicht einig sind. „Eltern geben da ihre Kinder hin“, sagt Susanne Widmaier. „Wir dürfen da also keine Kompromisse eingehen.“ Ihr Vorschlag daher: „Bis wir was gefunden haben, würden wir für die Jugendlichen Container organisieren.“ Ob der Jugendhausverein darauf eingeht, entscheidet er am Wochenende bei einer Mitgliederversammlung. Marie-Christin Engelhardt jedenfalls hofft auf eine Lösung: „Es gibt hier in Weil der Stadt ja sonst nichts.“

Der Linkenvorsitzende Bernd Riexinger meldet sich zu Wort

In die Diskussion um das Weiler Jugendhaus hat sich jetzt auch der Bundesvorsitzende der Linkspartei eingeschaltet. Schließlich sei das für ihn eine „Herzensangelegenheit“, schreibt Bernd Riexinger in einem Brief an den Weil der Städter Bürgermeister Thilo Schreiber. Aus eigener Erfahrung wisse er, wie wichtig ein selbstverwalteter Jugendtreff für die Persönlichkeitsentwicklung sein könne. „Das Jugendhaus blickt mittlerweile auf 42 Jahre Tradition zurück, in der sich zahlreiche Menschen ehrenamtlich engagiert haben, und ist daher Kulturgut unserer Region, das wir pflegen sollten“, heißt es in dem Brief. Ein Interimsumzug in Containern sei „keine Lösung, sondern würde den kreativ gestalteten und offenen Charakter der Einrichtung gefährden“. Wie in den vergangenen 40 Jahren auch solle der Gemeinderat für einen Erhalt des Klosters kämpfen und „eine Lösung innerhalb der bestehenden Räumlichkeiten in die Wege leiten“, schreibt der Linkenpolitiker in dem Brief an den Bürgermeister, in dem er sich für ein Gespräch anbietet.

Bernd Riexinger

Der Linkenvorsitzende stammt aus Münklingen. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern des im Jahr 1974 aufs Gleis gesetzten Jugendhauses.