Weil der Stadt könnte finanziell besser dastehen. Gleich mehrere Probleme werden beim Neujahrsempfang deutlich. Eine Lösung könnten neue Gewerbegebiete in Hausen und Merklingen sein.

Alles, was Rang und Namen hat, ist zum Neujahrsempfang in der Stadthalle von Weil der Stadt gekommen: Bundes- und Landtagsabgeordnete, Stadträte, Schulrektoren, örtliche Unternehmer, Ehrenbürger, Vertreter von Religionsgemeinschaften und Blaulicht-Organisationen. Aber auch viele „normale“ Bürgerinnen und Bürger der Stadt waren am Sonntag zugegen, um den neuen Bürgermeister Christian Walter bei seinem ersten Neujahrsempfang zu erleben. Wegen der Coronabeschränkungen fand die Veranstaltung die beiden letzten Jahre nicht statt. Mit rund 350 Gästen war das Interesse an dem Geschehen in der Stadt nun groß.

 

Geflüchtete in übervollen Sporthallen

Dass der Bürgermeister der finanziell gebeutelten Stadt mit knapp 20 000 Einwohnern nicht nur positive Nachrichten mitbrachte, war wohl den meisten klar. Doch viele der derzeitigen Schwierigkeiten sind nicht nur auf die Keplerstadt beschränkt: etwa die massiven Auswirkungen des russischen Kriegs gegen die Ukraine wie Energiemangel und steigende Energiepreise. Diese würden bei den circa 120 städtischen Liegenschaften voll durchschlagen, was man auch im Haushalt der Stadt spüren werde. Dazu komme die Inflation mit steigenden Baukosten und Zinsen. Auch die wachsende Zahl von Geflüchteten, von denen mehr als 600 in der Stadt lebten, sei teilweise kriegsbedingt. Diese habe man bisher ohne Belegung von Sporthallen unterbringen können. Doch nun gerate man eine Kapazitätsgrenze.

Christian Walter nannte Stichworte wie Fachkräftemangel, Energie- und Mobilitätswende, Kinderbetreuung und Bildung, Digitalisierung der Verwaltung, Wohnraumschaffung sowie die Transformation der Wirtschaft als aktuelle Herausforderungen. Angesichts nicht ausreichender personeller und finanzieller Ressourcen könne er sich einen Seitenhieb auf die Landes- und Bundespolitik nicht verkneifen, „dass immer neue Standards und immer neue Aufgaben für die Kommunen schon heute in der Praxis schlicht nicht mehr umsetzbar sind“, so Walter. Seiner Meinung nach müsse über eine auskömmliche Grundfinanzierung der Kommunen gesprochen werden.

„Trotz Fachkräftemangel bauen wir die Kinderbetreuung aus“, führte er einen wichtigen Punkt an. Für den Neubau des Schulzentrums sei der Startschuss gefallen, begonnen werde mit der Grundschule. Beim „Megathema“ Wohnen gebe es eine klare Positionierung zur Innenentwicklung wie etwa in Merklingen auf dem Heinz-Areal oder in Schafhausen auf dem Kemmler-Areal. Mit Häugern-Nord stehe das letzte große Außenentwicklungsgebiet bevor. Im Ortsteil Hausen erfordere die demografische Lage mit Blick auf Kindergarten und Schule dringend eine Aufsiedlung.

Wunsch nach „ausgewogener Entwicklung“

Hausen steht neben Merklingen auch im Fokus beim Thema Gewerbegebiete, für die die Stadt derzeit gar keine Flächen anbieten kann. Jetzt werde untersucht, ob und wie dort neue Gewerbeflächen umgesetzt werden könnten. „Wir werden mit einem neuen Vorschlag auf die Hausener Bevölkerung zukommen, um auch dem Wunsch nach ausgewogener Entwicklung nachzukommen“, betonte der Erste Beigeordnete Jürgen Katz bei der Vorstellung der zahlreichen aktuellen Projekte. Beides – Wohnen und Gewerbe – sei jedoch unverzichtbar. In Merklingen könnte eventuell das Gewerbegebiet am Ortsausgang Richtung Malmsheim erweitert werden. Gewerbeflächenentwicklung sei ein wichtiges Thema für die Stadt, es gebe laufend interessante Anfragen. „Wir wollen kein Industriestandort werden“, so der Beigeordnete, aber man wolle dem Bedarf der örtlichen Unternehmen nachkommen und die „eine oder andere Ansiedlung“ ermöglichen. Das Gewerbesteueraufkommen von Weil der Stadt betrage nur 50 Prozent des Landesdurchschnitts. „Wir haben hier finanziell Nachholbedarf“, sagte er.

Zwei Bürgermedaillen in Silber hatte der Bürgermeister Christian Walter zum Neujahrsempfang mitgebracht, mit denen er zwei Gäste überraschte. Mit einer wurde Hans-Joachim Dvorak aus Merklingen ausgezeichnet für sein großes Engagement in Vereinen und Institutionen, etwa beim TSV Merklingen und beim dortigen Heimatkreis. Noch heute macht der 76-Jährige Stadtführungen.

Die zweite Medaille konnte der als einer der beiden Weil der Städter Nachtwächter bekannte Gerd Diebold entgegennehmen. Er hat beispielsweise zahlreiche Brunnen restauriert, sämtliche Wetterfahnen an den Stadttürmen hergestellt und macht dazu Themenführungen. Wegen seines langjährigen Engagements ist er Ehrenmitglied des Heimatvereins.