Am Freitag Christian Walter seine Unterlagen in den Briefkasten geworfen. Der 30-Jährige will vor allem das Thema Nachhaltigkeit ins Städtle bringen.

Weil der Stadt - Wie ein Bürgermeister zu reden hat, das weiß Christian Walter schon. Gut sei, dass Stuttgart in den vergangenen Jahren vernünftige gewirtschaftet hat: „Das macht uns jetzt in der Krise handlungsfähig.“ Anfang April sagt er das im Stuttgarter Gemeinderat, es geht natürlich um Corona. Und dann zitiert er noch ein Sprichwort – die Lieblingsredeweise eines jeden Schultes: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not!“

 

Auf der Homepage und der Facebook-Seite der Fraktionsgemeinschaft „Puls“ kann man all das nachlesen. Politik verjüngen, anschaulich machen und digital vernetzen ist eines der Anliegen dieser jungen Fraktion in Stuttgart. Quasi logisch ist es da, dass Christian Walter die Digitalisierung auch als einen seiner fünf Bereiche nennt, um die er sich in Weil der Stadt besonders kümmern will. Die anderen sind Umwelt, Wirtschaft, Bildung und und Beteiligung, die alle in die „Agenda 2036“ für Weil der Stadt einfließen sollen. „Hierzu habe ich in den bisherigen Gesprächen eine große Aufgeschlossenheit wahrgenommen“, sagt er.

Christian Walter ist 30 Jahre alt, Stadtrat in Stuttgart, Lehrer an einer Gemeinschaftsschule – und jetzt auch Bürgermeisterkandidat in Weil der Stadt. Am Freitag hat er die Wahlunterlagen im Rathaus eingeworfen, verkündet er in einer Pressemitteilung, die er noch am gleichen Vormittag an die Redaktionen versendet. Mit dem Gedanken, Bürgermeister zu werden, hat er schon seit längerem gespielt, berichtet er. „Seit sieben Jahren bin ich Stadtrat, und da überlegt man natürlich: Wie wäre es, auf der anderen Seite, auf der Verwaltungsbank, zu sitzen.“

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In der Lokalpresse hat er im Frühjahr gelesen, dass der Weiler Bürgermeister Thilo Schreiber nicht mehr antritt. „Er ist sehr beliebt, gegen ihn hätte ich nie kandidiert“, sagt Walter. Seit einigen Wochen sei er nun im Städtle unterwegs, schaut sich um, erkundet die Themen. Wer seine professionelle Homepage anschaut, merkt, dass die Kandidatur kein Schnellschuss oder gar eine Schnapsidee ist. Darauf könnte man nämlich kommen, weil auch eine Vertreterin der Satirepartei „Die Partei“ in der vierköpfigen Stuttgarter Ratsfraktion „Puls“ sitzt. Christian Walter ist seit 2019 Fraktionschef von Puls, er selbst ist über die „Junge Liste“ in den Gemeinderat gekommen. „Wir haben Ina Schumann nur unter der Bedingung aufgenommen, dass sie Realpolitik macht“, sagt er. „Und sie nimmt ihr Amt auch wirklich ernst.“

Jetzt aber Weil der Stadt. „Die Stadt kenne ich gut aus meiner früheren Tätigkeit“, berichtet er. Aufgewachsen ist Christian Walter in der 26 500-Einwohner-Stadt Neckarsulm (Kreis Heilbronn). Nach dem Zivildienst ist er 2010 nach Stuttgart gezogen und hat dort Germanistik, Sport und Politik-/Wirtschaftswissenschaften auf Lehramt studiert. Dann der Ausflug in die Region: Das Referendariat hat er in Renningen absolviert. „In dieser Zeit ist in mir bereits der Wunsch gereift, das Heckengäu zu meinem Arbeits- und Wohnort zu machen“, sagt Walter. Seit 2018 arbeitet er als Studienrat in Teilzeit an einer Stuttgarter Gemeinschaftsschule.

Die Konkurrenz ist groß

Und nun der Sprung auf den Rathaus-Chefessel einer schwäbischen Kleinstadt, wenn die Weil der Städter ihn am 2. August unter seinen Mitbewerbern, dem Beigeordneten Jürgen Katz (Freie Wähler) und den Unternehmern Alexander Schopf (FDP) und Ralf Boppel auswählen. Christian Walter jedenfalls fühlt sich für die Aufgabe gerüstet.

„Außer meiner jahrelangen Erfahrung im Hauptorgan einer Stadt, dem Gemeinderat, bringe ich ein Studium der Politik- und Wirtschaftswissenschaften mit“, sagt er. Und als parteiloser Kandidat sei er offen für Ideen von allen Seiten. „Denn das ist Kommunalpolitik: Nicht die Partei zählt, sondern die besten Ideen.“

Dennoch sind Konturen zu erkennen. Auf seinen Wahlplakaten, die übrigens zu mehr als 90 Prozent aus Altpapier bestehen, steht das Wort „Nachhaltigkeit“. Nachhaltige Klimapolitik will er vor Ort umsetzen, sich um Mobilität kümmern. All das soll in einen Diskussionsprozess fließen, bei dem Gemeinderäte, Bürgermeister und Experten mit Bürgern diskutieren. So soll ein neuer Stadtentwicklungsplanung für entstehen. Denn der aktuelle Stadtentwicklungsplanung stammt von 2006 und läuft in diesem Jahr aus, hat Walter festgestellt. Keine Überraschung angesichts dieser Themen ist es, dass die Grünen in Weil der Stadt den Bewerber Christian Walter unterstützen. „Ich werde aber auch mit den anderen Fraktionen sprechen“, kündigt er an.