Mit einem Festmahl ist die evangelische Kirchengemeinde in Schafhausen in das Jubiläumsjahr gestartet, mit dem an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren erinnert wird.

Weil der Stadt - Das Gemeindehaus hatte sich am Abend des Reformationstages in einen großen Speiseraum verwandelt. An langen Tischen saßen rund 40 Gäste von Martin Luther und seiner Frau Katharina von Bora. Mit von der Partie waren die Zeit- und Weggenossen Johannes Brenz aus Weil der Stadt sowie Philipp Melanchthon aus Bretten. Auch ein Magister und ein Scholar waren zur Tafel gebeten worden.

 

Die Gastgeberin Katharina in Gestalt von Rose Seeger-Neumann, Pfarrerin und Lehrerin am Gymnasium in Holzgerlingen, ließ Rübensuppe, Lammeintopf und Arme Ritter in tönernen Gefäßen im Mittelalter-Look servieren. Die dienstbaren Geister, die die dampfenden Schüsseln auf die Tische stellten und für Getränkenachschub sorgten, kamen aus den Reihen des Schafhausener Kirchengemeinderats.

Während es sich die rund 40 Essensgäste schmecken ließen – für das Catering hatte der Schafhausener Gasthof Grüner Baum gesorgt, tönernes Geschirr und altertümliches Besteck kamen von der Weiler Hütte in Weil im Schönbuch – disputierten die gelehrten Herren und Damen über die Themen ihrer Zeit. Melanchthon, der eigentlich Schwarzerdt hieß und dafür von Luther geneckt wurde, galt schon zu Lebzeiten als Praeceptor Germaniae, als Lehrer Deutschlands. Er betonte immer wieder die große Bedeutung der Bildung. Tobias Neumann hatte diese Rolle übernommen. „Ich bin zwar so hager wie Melanchthon, allerdings einige Köpfe größer“, sagte der Schafhausener Pfarrer nach der Vorstellung.

Anton Gruber spielt Martin Luther

In die Rolle des Reformators Johannes Brenz, der im Auftrag des Herzogs Christoph die württembergische Kirche neu strukturierte und sich dafür einsetzte, dass Jungen und Mädchen Schulbildung erhalten sollten, war Heinrich Lutz geschlüpft. Der Pastoralreferent der katholischen Kirchengemeinde Weil der Stadt spielte den Anhänger Martin Luthers als einen volksnahen und heimatverbundenen Württemberger. Die Pfarrerin der Brenzkirchengemeinde in Weil der Stadt, Eva Ulmer, mimte hingegen einen Scholar, der sich später als eine Scholarin, eine Studentin, entpuppte. Der Darsteller Uli Hofmayer war ein Magister, der den Scholar mitgebracht hatte und die Bildung für Frauen verteidigte.

Martin Luther selbst fand schließlich in der Person des katholischen Gemeindepfarrers Anton Gruber eine Verkörperung, die durchaus auch dessen kantige Positionen vertrat. Denn während sich Luther mit Frauen in der Öffentlichkeit und in der Bildung schwertat, bekam er heftig Contra von Katharina, die die Frauen am Tisch verteidigte. „Ich staune über meine Käthe“, sagte der Reformator alias Anton Gruber augenzwinkernd. Und sie entgegnete ihm forsch: „Meinst du, mit dir ist es immer leicht zu leben?“ Worauf Luther seufzend antwortete: „Die Erfahrung macht den Theologen.“

Die mit viel Beifall bedachten Tischgespräche zwischen den historisch gewandeten Gelehrten des 16. Jahrhunderts stammen aus der Feder des Schuldekans Andreas Hinz, der auch für den Kirchenbezirk Leonberg zuständig ist. Die Aufführung in Schafhausen hatte Sabine Gehring koordiniert. Sie führt auch in der Theaterspielgruppe des Schafhausener Heimatvereins Regie. „Wir hatten nur drei Proben“, erzählte sie. „Die Pfarrer haben sich super angestellt, sie sind ja inhaltlich auch die Fachleute und gewöhnt, vor Publikum zu sprechen.“ Trotzdem, so sagte Anton Gruber nach der Vorstellung, habe er sich sehr genau auf diese Rolle als Martin Luther vorbereitet. Im Übrigen könne er vieles von dem unterschreiben, was Luther gesagt habe. „Ein gläubiger Katholik und ein gläubiger Protestant haben mehr gemeinsam als Menschen, die nichts glauben“, so der katholische Pfarrer.

Katharina bittet noch mal zu Tisch

Essen mit theologischem Hintergrund hat durchaus Tradition in der Kirchengemeinde in Schafhausen. Dort gibt es mehrmals im Jahr im Rahmen der Erwachsenenbildung unter dem Motto „Bildung mit Schmatz“ im Gemeindehaus Veranstaltungen, die für alle offen sind. Wer beim reformatorischen Festmahl der Katharina von Bora mit am Tisch sitzen wollte, musste allerdings schnell sein. Die Karten waren innerhalb von drei Tagen ausverkauft. Wegen der großen Nachfrage wollen die Veranstalter im kommenden Jahr zwei weitere Termine für das Festmahl mit Martin Luther finden.