Der Weil der Städter Steinmetz und Bildhauer Gernot Zechling versorgt Narren mit einem unverzichtbaren Fasnets-Utensil.

Weil der Stadt - Gelernt hat der 49-Jährige Steinmetz, ist Bildhauer und – wie er auf seiner Homepage selbstironisch sagt – „Möchtegernkünstler“. Mit der ironischen Doppeldeutigkeit spielt der Holzbildhauer gewiss gern. Ist er doch ein wenig anders, was nicht nur an seiner schieren Körpergröße liegt. Man könnte den gertenschlanken Gernot Zechling für einen Senior-Triathleten halten.

 

Und für einen Aussteiger, was er letztlich nicht ist. Dafür lebt der vierfache Vater mit seiner Bildhauer- und Steinmetz-Ehefrau Alexandra Klimesch in der Leonberger Straße an einer besonderen Stelle. Beim Wasserwerk hinterm Friedhof hat er ein Refugium, in dem man sich augenblicklich verlieren, in das man sich sofort verlieben kann.

Steht da doch beispielsweise ein alter Lastwagen aus DDR-Zeiten, an dem Zechling 18 Jahre lang herumgebastelt hat, bis er wieder wie aus dem Ei gepellt dasteht. An alten Rädern und Motorrädern schraubt der Mann mit dem Zopf ebenso herum. Warum? Weil er’s kann. Und weil er, wenn er genug an Steinen herumgemeißelt hat, auch den Werkstoff Metall schätzt. „Zur Abwechslung“, grinst Zechling, dessen dritte Materialleidenschaft dem Holz gehört. Holz, aus dem Zechling Masken für die Fasnet in der Faschingshochburg macht. „Aber so narret wie früher bin i nimmer“, grinst der Kerl.

Maskenschnitzen ist Winterarbeit, bis nach Dreikönig

Mit der Fasnet ist der Weil der Städter groß geworden. Von Kindesbeinen an ist er bei den Umzügen mitgelaufen. Mit 14 hat er seine Begabung an der Gestaltung der Umzugswagen ausgelebt. Und mit 18 seine erste Maske gemacht. So nahm Zechlings Karriere als Maskenschnitzer ihren Lauf, setzt sich bis heute fort, auch wenn Zechling seine Arbeit für die laufende Saison hinter sich hat. Maskenschnitzen ist Winterarbeit, bis nach Dreikönig die fünfte Jahreszeit beginnt und an Aschermittwoch alles vorbei ist.

Gernot Zechling schnitzt Masken. Foto: Stefanie Schlecht
„Kommen Sie, ich zeig Ihnen meine Werkstatt“, führt der 49-Jährige an halb fertigen Grabsteinen und fertigen Skulpturen vorbei nach hinten. In eine Welt, die wirkt, als wäre jahrzehntelang die Zeit stehengeblieben. Spinnweben an der Decke zeugen davon. Ebenso eine alte Kopierfräse aus den 50ern. Damit werden die groben Züge vom Grundmodell auf die Rohlinge übertragen „Man stellt sich das Maskenschnitzen romantisch vor“, erzählt Zechling: „Aber ich muss mit dieser Maschine Arbeit sparen.“ Enorm viel Handarbeit steckt in jeder einzelnen Maske immer noch. Man sieht es an einem Arsenal von Stechbeiteln, die er an einen Rohling ansetzt. Holzspäne türmen sich unter der Werkbank.

Zwei Tage, schätzt Zechling, sitze er an einer Maske. Mindestens. Da ist womöglich das Grundieren und Lackieren mit wasserbasierter Malerfarbe noch gar nicht inklusive. Das Bemalen hebt sich der Weiler für die Abendstunden auf, geht dafür ins Warme, schwingt dünnste Pinsel für letzte Details, bis er müde wird und ins Bett fällt.

Man kann Masken billiger im Internet kaufen oder von selbst ernannten Maskenschnitzern; Laien, die – schwarz oder im (Vor-)Ruhestand – auf den Markt drängen. Nicht Zechlings Ding. Der will Qualität, bleibenden Wert. 500 Euro müsse er für ein Modell aus seiner Manufaktur verlangen, sagt der Masken-Bildner der etwas anderen Art. Selbst dann sei praktisch kaum was dran verdient, verweist der „Autodidakt mit Anspruch“ auf seine Arbeitszeit und den Preis von Lindenholz: „Da kostet ein Kubikmeter 470 Euro. So viel wie Stein.“ In jedem Fall aber erwerben die Käufer ein Unikat, wo kein Gesicht dem anderen gleicht. Falten, Augen, Mundwinkel – alles im Detail verschieden und lebenslang haltbar. Sollte im Eifer des Umzugs-Gefechts je was passieren, kann es repariert werden – ob gebrochenes Kinn oder abgekrachte Nase. Der Zinken wird eh aufgeleimt. Ist einfacher, sieht man nicht.

Lindenholz ist wichtig – aber auch teuer

Lindenholz ist das klassische Maskenmaterial, weil es weich ist und sich gut verarbeiten lässt. Mitunter nimmt Zechling einen Exoten, die Weimutskiefer. „Pappel oder Buche gingen theoretisch“, so der Maskenschnitzer. Aber deren Holz sei zu hart. „Gucken Sie“, nimmt er einen Stechbeitel und schnitzt „quer zur Phase“: „Die Unterschiede der Jahresringe von hart zu weich sind sehr gleichmäßig.“

Das Lindenholz kauft Zechling, der seit 1987 bei den Weiler Hexen ist, im Sägewerk. „Aber das kostet richtig.“ Manchmal laufe ihm „auch was zu“. Wenn Linden irgendwo „umgemacht“ werden, weil sie morsch sind. 100-jährige Bäume mit dem nötigen Durchmesser seien schwer zu kriegen. Und wenn, dann mitunter nicht in der nötigen Qualität. Das Netzwerk Zechlings hilft. Beispielsweise ein guter Draht zu Förstern. Unter einer Plane im Freien trocknet er eine zwölf Zentimeter starke Diele – ein Zentimeter pro Jahr Lagerung. Sie sind die Basis, um aus einem Block mit der Bandsäge grob das Gesicht herauszusägen, die Kontur, dann das Schnitzeisen anzusetzen.

Zechlings Talent hat sich herumgesprochen. 20, 30 Stück hat der „Maskenschnitzer aus Leidenschaft in einem kleinen Mikrokosmos“ diesen Winter geschaffen: „Obwohl ich es, wirtschaftlich gesehen, fast nicht dürfte. Aber es ist ein guter Ausgleich zur harten Arbeit am Stein.“ Das Gros seiner Kundschaft sitzt am Ort. In der Narrenzunft gibt es Schlehengeister, Schellenteufel, Bären, Steckentäler, Spicklingsweiber und Zigeuner. Von denen will jeder ein unverwechselbares Gesicht in der närrischen Menge sein. Zechling macht’s möglich.