Geistlicher Beistand, himmlische Sonne, Tausende Zuschauer – das ist das Rezept für den Demonstrationszug der guten Laune.

Weil der Stadt - Einmal kräftig pusten – weg sind all die Wolken über Weil der Stadt. „So schee war’s ja scho lang nemme“, rufen sich zwei eilende Elefanten zu und erobern die Weiler Altstadt. Wie gut also, dass es die des kräftigen Pustens mächtigen Guggenmusiker gibt, die am Sonntagnachmittag zusammen mit den Hexen, Geistern, Spielmannszügen, Clowns und Garden eine Demonstration der guten Laune im Keplerstädtchen veranstalten.

 

Und das alles unter einem knallblauen Himmelszelt mit der strahlenden Sonne als Obernärrin. Regnen tut’s da am Sonntag nur die Bomboles. Und die dafür ganz schön heftig. „Vor zwei Jahren haben wir das erste Mal beim Weil der Städter Umzug mitgemacht“, berichtet Christin, eine Hogenbirne aus Birkenfeld (Enzkreis). Denn, dass es so schön, so erfolgreich – und so lang werden würde, das habe im Vorfeld wirklich niemand geahnt. „Dieses Mal haben wir extra viel mitgenommen“, kann die grüne Birne Christin aber beruhigen. Na, dann los geht’s, einmal quer durch die Altstadt, über den Marktplatz, runter und rauf über die sieben Weiler Hügel.

König Artus ist auch da

Ein wenig mühsam vielleicht, wenn man von königlichem Geblüt ist. Aber König Artus hat dafür ja seinen Wagen, auf den er jetzt rauf hüpft. „Ja, auf den Wagen sind wir besonders stolz“, sagt Lorenz Siegle, der sich die Artus-Gewänder überstreifen durfte. Seit Weihachten haben die zehn Jungs an dem Wagen geschafft. „Das ist einfach eine geile Truppe“, erklärt Ritter Kristof Voko, der sich auch zum Umzug aufmacht.

So geht’s dann von dannen. Begleitet von den Truppen im Takt und im Marsch-Schritt. In dem sind etwa die vierjährigen Damen von der Minigarde der Filderer aus Leinfelden-Echterdingen unterwegs. „Kein Problem für die Kleinen“, behauptet jedenfalls die große Trainerin Ariane Kouros. „Dafür trainieren wir ja extra jede Woche zweimal.“

Wer trotzdem schlapp macht, dem hilft bei dem langen Umzugsweg vielleicht der eigens eingetroffene geistliche Beistand? Nicht nur Tausende Zuschauer aus aller Welt, auch die Chef-Reformatoren haben sich in diesem Jahr dafür nach Weil der Stadt aufgemacht. Wer genau hinschaut, erkennt die Gesichtszüge der evangelischen Pfarrerin Eva Ulmer unter dem Luther-Kostüm. In friedlicher Eintracht steht sie auf dem Wagen neben dem weiß gewandeten Papst (Weil der Stadts katholischer Pfarrer Anton Gruber), der mit Ablass-Briefen um sich wirft. Besonders viele Ablassbriefe wird er auf dem Marktplatz los, wo sich auf der Ehrentribüne die Landrats-, Bürgermeister- und Abgeordnetenriege versammelt hat und in friedlicher Eintracht dem närrischen Volk applaudiert.

Die Party-Gesellschaft findet sich dagegen eine Parallelstraße weiter oben, in der Paul-Reusch-Straße. „Ja, klar, Fasnet isch Pflicht“, ruft da Clara (17), die mit ihren Mädels hier ist – beziehungsweise war. Denn prompt kommt eine grimmig dreinschauende Hexe mit dem fiesen schwarzen Wachsmalstift – und weg sind die kreischenden Mädels.

Einer der schönsten Umzüge

„Diese Atmosphäre hier ist echt toll“, sagt da sogar Stefan, eine Waldhexe, die den weiten Weg aus Leonberg auf sich genommen hat. „Das ist echt einer der schönsten Umzüge. Weil die Leute hier halt auch mitmachen.“ Alle zwei Jahren trauen sich die Waldhexen aus Leonberg nach Weil der Stadt, in diesem Jahr haben sie ihr 22. Jubiläum – und deshalb sogar die Umzugsnummer 22 bekommen.

So kommt es, dass es ein „Die Hex - im Wald“ durch Weils Gassen schallt, friedlich vereint mit dem fröhlichen „Narri-Narro“ und natürlich dem obligatorischen „AHA AHA AHA“. Aus dem ganzen Ländle reisen die Gruppen an, vor Anfragen kann sich die Weiler Narrenzunft kaum retten. „Wir könnten den Umzug noch viel länger machen“, sagt der AHA-Vorsitzende Michel Borger. So viel Platz ist dann im Städtle dann doch wieder nicht, und den Tausenden strahlenden Zuschauern gefällt’s schließlich trotzdem.