Vom 1. November an wird Susanne Widmaier die neue Erste Beigeordnete in Weil der Stadt. Nach fast 30 Jahren in der Leonberger Stadtverwaltung nun ein Karriereschritt und eine neue Heimat für die 47-Jährige, die sich auf die neue Aufgabe schon sehr freut.

Weil der Stadt - Der Moment des Erfolges ist überwältigend. In der Merklinger Festhalle herrscht Jubelstimmung, als Susanne Wiedmaier vor wenigen Wochen gewählt wird. Der reichlich vertretene Fanclub und ihre Mentorin Inge Horn freuen sich. Für die 47-jährige persönliche Referentin von Leonbergs Oberbürgermeister Bernhard Schuler ist es ein Karriereschritt, der nicht von ungefähr kommt. Seit sie aus der Familienphase zurückgekehrt ist, hat sich die in Aalen aufgewachsene Widmaier systematisch darauf vorbereitet, Führungsverantwortung zu übernehmen. Jetzt hat sie ihr Ziel erreicht, und freut sich auf die neue Aufgabe.

 

Wer ihr bei ihren letzten Tagen im Leonberger Rathaus begegnet, trifft auf eine gut gelaunte und entspannte Susanne Widmaier. Obwohl ihr der Abschied nicht leicht fällt. „Ich kenne hier fast jeden“, sagt sie. Seit 1986 ist ihre berufliche Laufbann untrennbar mit dem grauen Zweckbau am Belforter Platz verbunden. Nun steht ein Wechsel an, der zweite in ihrem Karriere.

Geboren wurde sie 1966 in Mainz, wuchs aber bis zur Teenagerzeit in Aalen auf der Ostalb auf. „Der breite Akzent ist mir noch in Erinnerung“, lacht sie. Der Vater hat als Ingenieur bei der Firma Baustahlgewebe gearbeitet, die Eisenarmierungen hergestellt haben. Als er im Jahr 1980 nach Stuttgart-Vaihingen zur Materialprüfanstalt gewechselt ist, zog die Familie nach Leonberg ins Ramtel. Am Johannes-Kepler-Gymnasium hat Widmaier ihr Abitur gemacht. Nach einem Berufsfindungsjahr fing sie 1986 mit einem dualen Studium an der Ludwigsburger Hochschule für Verwaltung an. Zwei Jahre Praxis in der Leonberger Verwaltung, dann zwei Jahre an der damaligen FH.

Seit 1986 im Leonberger Rathaus aktiv

„Damals habe ich mich im Rathaus mit Sanierungsförderung beschäftigt“, erinnert sich die zweifache Mutter an ihre Anfangszeit. Als die beiden Töchter Selina und Alessa 1993 und 1995 geboren wurden, stieg sie bis 1999 aus – vorübergehend. „Meinen Kindern hat das gut getan“, sagt Widmaier rückblickend. Zu ihrer Biografie steht sie, und ist schon ein wenig stolz darauf, es trotzdem geschafft zu haben. Lange Jahre war sie alleinerziehend. Ein Drahtseilakt, der auch durch die Hilfe der Eltern gelungen ist.

Zu Beginn des neuen Jahrhunderts ist Susanne Widmaier wieder eingestiegen, und das mit Vollgas. Zunächst in Teilzeit, sie war Koordinatorin für die Lokale Agenda, damals schon als Stabsstelle beim OB. Später wurde sie Pressesprecherin der Verwaltung, und hatte damit eine erste Querschnittsaufgabe über die Ressorts hinweg. Ihr Engagement fiel ihrem Chef Bernhard Schuler auf, und so wurde 2010 die zehn Jahre lang vakante Stelle des persönlichen Referenten wieder besetzt.

Damit stand Susanne Widmaier plötzlich mitten drin, im Zentrum des kommunalpolitischen Geschehens. Und das in einer turbulenten Zeit, in die ein Bürgerentscheid zum Sportzentrum, der komplette Umbau der Stadt inklusive Rathaus und die Gründung der Leo-Energie fielen.

Ein völlig neuer Arbeitsrhythmus, Widmaier war in allen Ratssitzungen, Dezernentenrunden, und durfte dem OB unter vier Augen auch mal widersprechen und ihre eigene Meinung kundtun. „Zu der Stelle gehört viel Vertrauen“, sagt sie. Viele Abendtermine und gute Vorbereitung waren unerlässlich. „Mir hat das immer unwahrscheinlich Spaß gemacht“, strahlt Susanne Widmaier.

Die Superlative wirken nicht gestellt

Ihr Lachen ist ansteckend, ihre Begeisterung und die Superlative, die sie wählt, wirken nicht einstudiert, sondern kommen von Herzen. Im Gespräch schaut sie ihr Gegenüber direkt an, findet schnell einen Draht. Mit dieser offenen, direkten Art und durch präzise Vorarbeit mit den richtigen Netzwerken hat sie auch in Weil der Stadt schließlich Erfolg gehabt.

Um dies zu erklären, fehlt noch ein wichtiger Zwischenschritt. Mit Mitte 40 hat sich Susanne Widmaier entschlossen, noch einmal zu studieren. „Ich war die Älteste im Jahrgang, viele waren Mitte 20“, lächelt sie. An Fleiß und Einsatz stand sie aber ganz vorne. Nicht nur, weil sie Jahrgangssprecherin war, sondern auch, weil sie parallel zum Studiengang „Master of Public Management“ noch einen Coachingkurs absolviert hat, und zwar an der Führungsakademie des Landes.

„Freie Sonntage gab es in diesem Jahr nicht“, räumt Susanne Widmaier ein. So hat sie sich auf allen Ebenen fit gemacht für höhere Aufgaben: fachlich, wenn es um den Verwaltungsumbau geht, aber auch in puncto Sozialkompetenz und Führungsqualität. Irgendwann kam noch die Abschlussarbeit über die Frage eines Grundeinkommens.

Ein anstrengendes Jahr, das dann in zwei Bewerbungen gemündet hat. Einmal als Bezirksvorsteherin in Plieningen, dort hat sie allerdings schon im Vorfeld zurückgezogen. Denn wichtiger war ihr die Stelle der Ersten Beigeordneten in Weil der Stadt. „Ich habe mich bereits dafür interessiert, als Thilo Schreiber im Wahlkampf davon gesprochen hat“, erzählt sie.

Große Begeisterung für den neuen Job

Die Keplerstadt findet sie „unvorstellbar attraktiv“. Da ist er, einer dieser Superlative, die man einfach glauben möchte. Weil habe eine ideale Größe, verströme Atmosphäre. „Wenn man den Berg bei Renningen hinter sich gelassen hat, dann hat man das Gefühl, hier fängt etwas Neues an“, sagt sie. Die industrielle Enge des Ballungsraumes Stuttgart werde durch das Flair der Altstadt aufgelockert. Die Wohnung in Leonberg wird verkauft, aktuell ist sie auf Wohnungssuche in der alten Reichsstadt. Zielstrebig hat sie auch ihren „kleinen Wahlkampf“ absolviert. Als mit Stefan Feigl ein veritabler Gegenkandidat auftauchte, den sie auch noch vom Studium kannte, nahm Widmaier das sportlich. „Ich habe einen gesunden Ehrgeiz und bin mit offenem Visier in den Ring gestiegen“, sagt sie. Ihren künftigen Chef Thilo Schreiber kennt sie wie Feigl aus dem gleichen Jahrgang. „Wir waren wie eine Schulklasse“, erinnert sich die 47-Jährige. Man kennt und man duzt sich seither.

Das könnte die Zusammenarbeit erleichtern. Denn in Weil der Stadt wünscht sich der Bürgermeister eine strategische Partnerin, die ihn entlastet, politisch unterstützt und eigene Strategien entwickelt. „Ich sehe mich an einer Schnittstelle“, beschreibt Widmaier ihre Rolle. Aber eben in öffentlicher Funktion – das wird für sie neu sein. Geplant ist, dass sie die Technischen Ausschusssitzungen leiten wird.

Eine spannende Aufgabe kommt auf die Wiedereinsteigerin zu, die zur kommunalpolitischen Aufsteigerin geworden ist. Wie viel Zeit noch für Hobbys bleibt? Sport ist jedenfalls ihre Leidenschaft. Einen Halbmarathon ist sie schon gelaufen, Skifahren und Tanzen mag sie gerne, und Islandpferde reiten. Nicht zuletzt die beiden Perserkatzen verlangen Aufmerksamkeit. Auf ihr Frauchen werden sie wohl jetzt öfter abends verzichten müssen.