Es ist Sommer: Zeit also, die Wanderstiefel zu schnüren und die Augen zu öffnen. Heute stellen wir den Johannes-Kepler-Planetenweg vor. Hier kommen nicht nur Astronomie-Interessierte auf ihre Kosten, sondern auch lauffreudige Ausflügler.

Weil der Stadt - Mal ehrlich: Die Werbetrommel muss Wolfgang Pleithner eigentlich gar nicht rühren, spricht doch der Johannes-Kepler-Planetenweg für sich – er ist einer der längsten in Europa. „Die meisten stellen die Sonne und die Planeten einfach in den Stadtgarten“, weiß der Mann, der darüber nur schmunzeln kann. Bei der Weiler Variante indes marschieren Wanderlustige das Würmtal entlang von der Keplerstadt bis Tiefenbronn. Und wer im Astronomie-Unterricht gepennt hat, erhält obendrein Nachhilfe.

 

Wolfgang Pleithner kennt die Strecke wie seine Westentasche. Der Hintergrund? „Niemand kann sich die Dimensionen im Weltall wirklich vorstellen“, sagt er. „Der Planetenweg ist die einzige Möglichkeit, sich einen Eindruck davon zu machen.“ Der Leiter des Kepler-Museums und Vorstand der Kepler-Gesellschaft, die das Andenken des bedeutenden Astronomen und Forschers pflegt, hatte ursprünglich die Idee dazu. Vorausgegangen waren Überlegungen der Stadtverwaltung, wie man mehr Attraktivität im Ort schaffen könnte.

Die Sonne ist das Ziffernblatt der Turmuhr

Der 2012 eröffnete Planetenweg führt in nordwestlicher Richtung über die Gemarkungen von fünf Ortschaften. Dass man die Strecke übrigens nach dem bekanntesten Sohn der Stadt benannte, war naheliegend. Schließlich hat Johannes Kepler mit seinen Kepler’schen Gesetzen die Gesetzmäßigkeiten entdeckt, nach denen sich die Planeten um die Sonne bewegen.

Pleithner lehnt an der Mauer der Stadtkirche St. Peter und Paul in der Weiler Altstadt und erklärt: „Die Sonne des Planetenwegs ist das Zifferblatt der nördlichen
Turmuhr der Kirche und mit ihrem Durchmesser von 2,5 Meter die Bezugsgröße, aus der sich der Sonnenabstand und die Größen der einzelnen Planeten errechnen lassen.“ Dann zeigt er auf die an der Mauer angebrachte Schautafel: „Bei diesem Maßstab hat die Erde mit ihren 22,9 Millimetern in etwa die Größe einer Ein-Euro-Münze“, sagt der Experte.

Die Sonne ist von fast überall aus zu sehen

Der Planetenweg zählt insgesamt neun Stationen, Schautafeln informieren über die Masse der Himmelskörper, die Rotationsdauer oder auch die Umlaufdauer um die Sonne. Der Clou: die Sonne als Ausgangspunkt auf dem Kirchturm ist von nahezu jedem Punkt aus zu sehen – zumindest war sie das mal. „Inzwischen ist hier und da die Sicht ein wenig zugewachsen“, gesteht Pleithner, der damals auf der Suche nach geeigneten Plätzen für das Anbringen der Schautafeln so manchen Kilometer auf dem Fahrrad abspulen musste. Unterwegs zur Merkur-Tafel, die neben dem Brunnen am Kapuzinerberg steht, erklärt er: „Ein Planet muss drei Bedingungen erfüllen, um als solcher zu gelten.“ Er müsse kreisrund sein, sich um die Sonne bewegen und dürfe keine andere Umlaufbahn kreuzen. Nach der fachmännischen Einführung geht es dann weiter zur Venus direkt vor der Stadtmauer in der Paul-Reusch-Straße.

Ein Schritt von der Erde bis zum Mond

Auf dem Weg zur Erde-Mond-Tafel, die nur einen Katzensprung entfernt in der Jahnstraße beim Festplatz liegt, gibt Pleithner abermals sein geballtes Wissen preis: „Mit nur einem Schritt, das sind 69 Zentimeter im Modell, überbrücken wir die Entfernung von der Erde bis zum Mond.“ Das durchschnittliche Wandertempo von vier Kilometern pro Stunde entspreche im Modell der doppelten Lichtgeschwindigkeit. „Damit können wir unseren ,Planeten’ zu Fuß früher erreichen als das Sonnenlicht den echten“, sagt er.

An der Mars-Tafel gegenüber dem Bahnhofsgebäude hält Pleithner kurz inne. „Der Planetenweg gibt auch eine Vorstellung darüber, wie leer unser Sonnensystem doch ist“, sagt er. Der nächste Stern liege nämlich etwa 4,3 Lichtjahre von uns entfernt. „Würden wir diesen ebenfalls auf dem Planetenweg kenntlich machen, so müsste er in einem Abstand von 70 000 Kilometern liegen“, erklärt der Weil der Städter und schiebt grinsend hinterher: „Das ist in etwa so, als würde man die Erde zwei Mal umrunden!“

Saturn am Neubaugebiet

Bevor es weitergeht, sagt der Fachmann: „Ade.“ Denn es geht raus aus der Stadt und rein ins Grüne. Dass man nicht in der Pampa landet, dafür sorgen Wegweiser mit Richtungspfeile, die entlang der Route angebracht sind. Die Jupiter-Tafel findet man an der Wegkreuzung im Merklinger Ried
auf halber Strecke zwischen Weil der Stadt und dem Teilort. Im Anschluss daran geht es zunächst über die Würm, hinter dem Holzkreuz nach links, am Blannentalhof vorbei zur Bühlstraße. Dort steht die Saturn-Schautafel direkt an der Lärmschutzwand des Neubaugebiets.

Die weitere Route zum Uranus führt wieder zurück in die Merklinger Ortsmitte, an verschiedenen Schlehenhecken und Apfelbäumen vorbei in Richtung Hausen. Für ein Päuschen zwischendurch ist das idyllische Teilstück optimal. Gut, wenn man Pech hat, ist bisweilen ein lautes Motorenknattern aus dem dort ansässigen Motorsportclub zu hören, aber ansonsten gilt: Die nächste Holzbank ansteuern und entspannen! Die Schautafel steht unweit des Grenzhofs beim Wasserbehälter.

Zurücklaufen oder mit dem Bus fahren

Das letzte Stück ist auch das längste. Die Wanderroute geht an der Pension Deutscher Kaiser vorbei, wo man die Landstraße überquert, um nach Mühlhausen zu gelangen. In der Gemeinde geht es an der Marienkapelle vorbei, dann in den Parallelweg und am ersten Abzweig rechts in den Ritternweg. Schließlich passiert man den Aussiedlerhof, bevor der Weg hinauf zur Neptun-Tafel beim Wasserbehälter führt.

Übrigens: wer sich vor dem Rückweg stärken möchte, der findet im Restaurant „Arneggers Adler“ in Mühlhausen eine Gelegenheit dazu – auf Empfehlung von Wolfgang Pleithner. Danach geht es auf einer alternativen Route weiter östlich nach Weil der Stadt zurück oder man setzt sich in den Bus und legt die Füße hoch.

Wer bis zum Schluss durchhält, der wird nach der Besteigung des begrünten Hügels mit der Neptun-Tafel zwischen Mühlhausen und Tiefenbronn für die Strapazen belohnt. „Von dort aus hat man nicht nur einen wunderbaren Ausblick auf das Würmtal“, schwärmt Wolfgang Pleithner. „Bei gutem Wetter ist sogar die Schwäbische Alb zu sehen!“

Daten und Fakten

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Der Planetenweg in Weil der Stadt gehört mit einer Länge von 24 Kilometern (einschließlich einer alternativen Route über die höher gelegenen östlichen Pfade) zu den längsten in Europa – von der Stadtmitte bis zum Neptun sind es rund dreieinhalb Stunden Fußmarsch. Die familienfreundliche Route über Gemarkungen von fünf Ortschaften ist aber nicht nur für leidenschaftliche Wanderer bestens geeignet, sondern auch für Radler – auf der Internetseite www.kepler-portal.de gibt es auch die entsprechenden GPS-Datenpunkte.

Einkehrmöglichkeit Das Restaurant „Arneggers Adler“ in Mühlhausen bietet dazu Gelegenheit. Wer den Rückweg scheut, kommt mit dem Bus 666 zurück nach Weil der Stadt.