Im 55. Jahr der Städtepartnerschaft mit Riquewihr sind die Weintage ein geselliges Aufeinandertreffen alter Bekannter. -

Weil der Stadt - Weil der Stadt - Da haben sich wirklich zwei gefunden. Beide haben sie ein mittelalterliches Stadtbild, viele wunderschöne Fachwerkhäuser, Gässle und Türmle. Nur eines hat Weil der Stadt nicht – und ist da richtig neidisch auf seine Partnerin, die romantische Elsass-Perle Riquewihr. Keine einzige Weintraube wächst in der Keplerstadt. Aber deshalb ist man ja Partner, damit man solch ein Manko auf höchst gesellige Art ausgleichen kann. Am Wochenende haben sich deshalb sechs Winzer aus Riquewihr aufgemacht und die Merklinger Festhalle in eine gemütliche, elsässische Weinlaube verzaubert.

 

„Was darf es sein?“, fragt da dann etwa Valentin Hueber in seinem sympathischen frankophilen Elsässer-Akzent. Riesling? Pinot Gris? Gewürztraminer? Das jedenfalls ist der Dreiklang, den hier jedes Weingut am meisten ausschenkt. Valentin Hueber bewirtschaftet zu Hause in Riquewihr auf zehn Hektar Weinreben und ist damit ein Beispiel für die im Elsass so typischen kleinen Familien-Weingüter, die alles selbst machen, von der Reben-Pflege über die Ernte und das Keltern bis zum Etiketten-Kleben.

Winzer als Traumberuf

Genau wie Jacques Jung. „Mein Vater war schon hier in Weil der Stadt bei den Weintagen“, erzählt er. Klar, dass er, der jetzt das Weingut und die Winzerleidenschaft übernommen hat, auch hierherkommt. „Winzer zu sein ist für mich ein Traumberuf“, erzählt er. Da sei man draußen in der Natur, habe aber auch viel Kontakt zu tollen Menschen. „Und die Weil der Städter sind gute Kunden“, sagt Jacques Jung und muss schon wieder ein Schlückchen ausschenken.

Etwa an Uwe Riesel. Aus Leonberg ist er heute extra für die Weintage nach Merklingen geradelt. Mit dem Rad? „Na klar kann ich da trotzdem hier einkaufen“, beruhigt er. „Bei meiner Frau und bei mir gehen je ein Weinkarton aufs Rad.“ Also, Karton untern Arm klemmen und weiter zum Stand von Valentin Hueber. „Die haben wir schon zu Hause im Elsass besucht“, berichtet Riesel. „Da ist es richtig gemütlich. Man wird vom Vater empfangen – und muss dann alles rauf und runter probieren.“

Riquewihr und Weil der Stadt sind Partnerstädte und pflegen ihre Beziehungen eben auf allen Ebenen. „Das macht man am besten bei so einem guten Gläschen Wein“, befindet auch Susanne Widmaier, die Erste Beigeordnete, und macht sich auf in Richtung trockenem Riesling. Dass Weil der Stadt da wenig Wein beisteuern kann, weiß natürlich auch sie. „Die Riquewihrer schaffen – und wir genießen. Das ist doch eine wunderbare Kombination“, scherzt sie.

Freunde seit mehr als 50 Jahren

Seit 1961 besteht die Städtepartnerschaft. Für die französische Seite hat die Urkunde damals Julien Dopff unterzeichnet. Natürlich hatte auch er ein Weingut, und natürlich können auch dessen Tropfen heute bei den Weintagen verkostet werden. „Natürlich empfehle ich Ihnen unseren Crémant“, sagt Weinküfer Jean-Claude Zielinski, der am „Dopff au Moulin“-Stand ausschenkt. Was für eine Frage. Denn Julien Dopff war nicht nur der Erfinder der Städtepartnerschaft, bei einem Praktikum in der Champagne hat er auch gelernt, den berühmten „Champagner“ zu produzieren. „Das Geheimnis beim Champagner ist die zweite Flaschengärung“, erklärt Jean-Claude Zielinski. „Julien Dopff dachte sich, das könnten wir auch mit elsässischen Trauben machen.“ Herausgekommen ist der „Crémant d’Alsace“, den heute jedes Elsässer Weingut im Angebot hat. „Wie unterschiedlich diese verschiedenen Crémants hier schmecken“, staunt da Inge Engasser. „Alle sind hervorragend, aber manche viel herber als andere.“ Ihr Mann Gerald ist da schon auf der Suche nach einem richtigen „Edelzwicker“. So nennen die Elsässer Mischungen aus verschiedenen Traubensorten. „Das hat nämlich mein Vater immer getrunken“, erklärt Gerald Engasser, „der war Elsässer“. Für ihn ist die Merklinger Stadthalle am Wochenende also ein Stück Heimat, für alle anderen Schleckermäuler aber auch. Philippe Greiner und seine Frau Laurence stehen hinter ihrem Bio-Wein-Stand, entdecken aber dauernd alte Bekannte, strahlen dann übers ganze Gesicht, kommen hinter ihrem Stand vor, um sich in die Arme zu fallen. „Wir haben mittlerweile so viele Freunde hier“, sagt Laurence Greiner. „Wir sind hier eine richtige Familie.“ Wie gut, dass Weil der Stadt keine eigenen Weine hat.