Von Tuttlingen über Winnenden, einmal um die Welt und dann in die Keplerstadt: Das ist das Leben von Helmut Nann. In seinem Ruhestand will sich der Pfarrer aber noch lange nicht ausruhen.

Weil der Stadt - Ein grimmiges Warzenschwein bewacht die Tür am Eingang. Zusammen mit seinen hölzernen Kumpels, den Elefanten, ist es aus Namibia ins schwäbische Merklingen gereist, in die gemütliche Wohnung von Helmut Nann im schwäbischen Merklingen. Denn wer dort die Türschwelle überschreitet, der landet in einem internationalen Museum. Ein kleines Schränkchen mit Intarsien aus China, ein Tisch aus Indien, der aussieht wie der Taj Mahal. Alles hat Helmut Nann vor Ort angesehen, eingekauft und im Flugzeug mit heim gebracht.

 

„Mich interessiert eben, wie die Welt aussieht“, sagt er. „Ich freu’ mich an Gottes Schöpfung, sie ist für mich ein Wunder.“ Im ganz Kleinen hat diese große Lebenswelt von Helmut Nann begonnen. In Böttingen (bei Tuttlingen) ist er geboren, aufgewachsen, hat im elterlichen Betrieb eine Mechaniker-Lehre gemacht, später einen eigenen Filialbetrieb aufgebaut.

Der heilige Antonius hat ihn an die Hand genommen

In die weite Welt hat es ihn aber schon damals gezogen, etwa nach Padua in Norditalien, dort, wo sich alles um den heiligen Antonius dreht. Mit 300 Leuten aus der ganzen Diözese ist der junge Helmut Nann dorthin gepilgert. Die mächtige Kirche, die vielen Leute, das hat Eindruck hinterlassen. „Der Antonius hat mich an die Hand genommen“, erinnert er sich an diesen ganz speziellen Moment, der sein Leben prägen sollte. „Da hab’ ich gewusst, dass sich was verändert hat.“

Ein Leben als Mechaniker konnte sich der damals 21-Jährige nicht mehr vorstellen, stattdessen waren es die Fußstapfen des Heiligen Antonius, denen Helmut Nann gefolgt ist. In Tübingen und Innsbruck hat er Theologie studiert, 1973 wurde er zum Priester geweiht. Immer hat er ein Lächeln auf den Lippen, immer freut er sich, wenn Menschen ihm begegnen. Wer Helmut Nann beobachtet, der spürt sofort, dass da jemand Pfarrer aus Leidenschaft ist, der in diesem Menschendienst eine wirkliche Berufung gefunden hat.

Klar also, dass er die auch in Weil der Stadt ausleben will, wo er seit 2007 seinen Ruhestand verbringt. Immer, wenn sich die Gemeinde gesellig trifft, ist der 75-Jährige mittendrin, er hilft in der Liturgie aus, feiert Gottesdienste in den Altenheimen und in der Weiler Stadtkirche. Und hat in all den Jahren inzwischen gespürt, dass ihm diese Peter-und-Paul-Stadtkirche ganz besonders ans Herz gewachsen ist. „Egal, aus welcher Richtung man nach Weil der Stadt kommt, immer springt einem diese markante Kirche sofort in die Augen“, stellt der umtriebige Ruhestandspfarrer fest.

Und findet: „So ein Gebäude muss man einfach erhalten.“ Sein Vermögen hat Helmut Nann daher zusammengesammelt und eine Stiftung gegründet, die zur Erhaltung der Kirche beitragen soll. „Als diese Kirche im Mittelalter gebaut wurde, wie viele Leute haben da aus dem Glauben heraus auch auf vieles verzichtet“, sagt er.

Denn der Glaube steht immer im Mittelpunkt, das ist ihm wichtig, seit damals, als Antonius von Padua ihn an die Hand genommen hat. „Als Pfarrer ist mir wichtig, dass ich den Menschen Perspektiven geben kann“, sagt Helmut Nann. Vor allem dann, wenn Menschen verzweifelt sind, wenn der Bereich des eigenen Lebens gar so bedrückend eng wird. Ein jeder habe einen Antonius, der einen an die Hand nimmt, davon ist Helmut Nann überzeugt. Mehr als 20 Jahre lang hat er in Winnenden gewirkt, wo er Pfarrer von fünf Gemeinden „und 33 Friedhöfen“ war, wie er augenzwinkernd hinzufügt.

Teller, Tassen und Teppiche aus Indonesien, Thailand und Taiwan

Zeit für die weite Welt ist aber immer geblieben, davon erzählen die Teller, Tassen und Teppiche aus Indonesien, Thailand und Taiwan in seiner Wohnung. „Nur aus der Antarktis habe ich nichts mitgebracht“, muss er leider berichten. „Denn dort war es streng verboten, etwas einzustecken.“ Umso mehr Mitbringsel waren es dann allerdings aus Amerika, als er dort seinen Neffen getraut hat. „Der Schwiegervater des Neffen hat mir erzählt, er wisse von vielen Büchern, die zum Verkauf stünden“, erinnert sich Helmut Nann. Gesagt – gekauft. Mit mehr als 1000 Büchern flog der Pfarrer schließlich heim nach Winnenden. Erst hier hat er bemerkt, was er da überhaupt für einen Schatz aus der weiten Welt mitgebracht hatte. Denn mehr als 100 der Bücher sind älter als 200 Jahre, das älteste hat sogar fast 400 Jahre auf dem Buckel.

Aber Helmut Nann wäre nicht Helmut Nann, wenn er bei diesem Schatz nicht gleich an die Allgemeinheit gedacht hätte. „Die passen doch ins Klösterle“, mutmaßte er schließlich. Seit September ist dort nun wieder eine richtige Kapuzinerbibliothek entstanden. „Was für ein Glück“, lobt ihn Rolf Blumhardt, der Vorsitzende des Klösterle-Fördervereins, „dass wir unsere Bibliothek mit Büchern aus der Zeit der Kapuziner bestücken können.“

Und so reist Helmut Nann jeden Tag ein Stück, entweder durch die weite Welt – etwa zu seinen Patenkindern in Bolivien – oder durch das Weil der Städter Universum und hinterlässt überall seine Spuren. Eine vollautomatische Tür konnte mit der Hilfe seiner Stiftung schon in der Stadtkirche eingebaut werden, eine Kammer für den Kirchenschatz wird derzeit eingerichtet, am vierten Advent bekommt der gotische Dreikönigsschrein in der Kirche dann einen Flügelalter des Stuttgarter Künstlers Dieter Groß. „Ich lebe ja nicht für mich, ich lebe für andere“, sagt Helmut Nann. So einfach ist das.