Die Neuapostolische Kirche reißt ihr Gebäude ab. Neubaupläne an dem zentralen Platz sorgen für Kritik bei Anwohnern.

Weil der Stadt - Wo einst gebetet und gefeiert worden war, wohnen bald Menschen. So kommt es wohl in der Paul-Reusch-Straße, wo bislang die Neuapostolische Kirche ihr Domizil hatte – zentral zwischen Post, Volksbank und Bahnhof gelegen. Dass das Gotteshaus dort abgerissen werden soll, bestätigt eine Sprecherin der „Neuapostolischen Kirche Süddeutschland“ unserer Zeitung.

 

Bereits im März 2017 seien die beiden Kirchengemeinden Weil der Stadt und Merklingen zu einer Gemeinde zusammengeführt worden. „Die Gemeindezusammenführung hatte seelsorgerische Gründe“, berichtet sie. Der demografische Wandel mache auch vor der Neuapostolischen Kirche nicht Halt.

Durch Zusammenführungen wolle man die Gemeinden stärken, verbunden mit dem Ziel, das aktive Gemeindeleben zu erhalten. Dazu kommt – eine Besonderheit der Neuapostolischen Kirche – dass die Seelsorge vor Ort ausschließlich von ehrenamtlichen Gemeindemitgliedern geleistet wird. Deshalb schlägt es sofort auf die Seelsorge durch, wenn die Kräfte weniger werden.

Entscheidung pro Merklingen

Klar war, dass man von den beiden Gotteshäusern in Weil der Stadt und Merklingen nur eines erhalten wolle. Die Entscheidung ist nun für Merklingen gefallen. „Es gab im Vorfeld über längere Zeit eine Kooperation mit der Gemeinde Merklingen, die dann in die Zusammenführung mündete“, sagt der verantwortliche Seelsorger Jürgen Loy. „Die zusammengeführte Gemeinde harmoniert inzwischen sehr schön.“

Seit März 2017 steht das Kirchengebäude in der Paul-Reusch-Straße in Weil der Stadt leer. „Da wir keine Möglichkeit für eine anderweitige kirchliche Nutzung des Gebäudes sahen, ging es um eine wirtschaftlich vernünftige, maßvolle Umnutzung unseres Grundstücks“, berichtet die Sprecherin der Kirchenverwaltung in Stuttgart. Die Neuapostolische Kirche will das Filetgrundstück in Weil der Stadts zentraler Lage aber nicht verkaufen, sondern selbst darauf Häuser errichten und vermieten.

Aber was ist geplant? „Wir möchten zwei Mehrfamilienwohnhäuser mit Tiefgarage erstellen“, sagt die Sprecherin. „Die Planung sieht einen zweigeschossigen Grundkörper vor, auf dem ein zurückversetztes Staffelgeschoss aufgebaut ist.“

„Wir sind dann eingekesselt“

Das aber sorgt für Kritik bei Anwohnern, die im direkt angrenzenden Römerweg leben. „Wir sind dann eingekesselt“, sagt Sabine Wuttke, eine der Anwohnerinnen. Denn ihre Häuser liegen tiefer. „Wir wollen nicht, dass direkt vor unseren Augen eine riesige Betonmauer entsteht.“ Wuttke und die anderen Anwohner tragen ihre Befürchtungen bei der Kirche und bei der Stadtverwaltung vor. Zumindest bei der Kirche nehme man die Bedenken ernst, sagt sie. „Alle Nachbarn sind von Anfang an eingeladen worden, sie zeigen sich entgegenkommend“, sagt Sabine Wuttke.

Entscheiden müssen am Ende die Stadtverwaltung und der Gemeinderat. Derzeit wird der Bebauungsplan überarbeitet, den der Gemeinderat genehmigen muss. Die endgültige Version steht denn auch noch nicht fest. „Auf der einen Seite hat es die recht mächtige Villen-Bebauungen, auf der anderen stehen die Einfamilienhäuser“, erklärt der zuständige Beigeordnete Jürgen Katz. „Diesen Spagat müssen wir zusammendenken.“

Mietwohnungen für den allgemeinen Markt

Dabei habe es schon ein Entgegenkommen gegeben, weil das dritte Obergeschoss ein zurückversetztes Staffelgeschoss werden soll. Die Architekten der Kirche haben auch Holzständer aufgestellt, die die Höhe der Gebäude demonstrieren sollen. „Grundsätzlich sehen wir es aber positiv, dass in dem Bereich nachverdichtet wird“, sagt Katz.

Zudem betont die Sprecherin der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland, dass man mit den Wohnungen keine maximale Gewinnerzielung betreiben will. „Wir werden sie dem allgemeinen Mietwohnungsmarkt zur Verfügung stellen“, sagt sie. „Damit leisten wir einen kleinen Beitrag, Mietwohnraum zu schaffen.“ Die Miete werde sich im ortsüblichen Rahmen bewegen.