Zwei Erzieherinnen des Kinderhorts Paulinenpflege werden versetzt. Sie haben sich offenbar kritisch über ein neues Konzept geäußert, das dort umstritten ist.

Weil im Schönbuch - Am Montagmorgen staunten die Kinder und Eltern im Kindergarten Paulinenpflege nicht schlecht. Vor ihnen stand eine unbekannte Erzieherin – unangekündigt. Sie sollte als Krankheitsvertretung aushelfen und den Personalmangel beheben. Nur: Die kranke Kollegin, die in der vergangenen Woche fehlte, war bereits wieder im Dienst. Offenbar haben die Emails, die verärgerte Eltern an die Stadtverwaltung geschickt haben, etwas bewirkt. „Wir Eltern haben unseren Unwillen in Mails an die Stadtverwaltung kundgetan“, sagt Johanna Stephens, die Mutter der dreijährigen Kaleigh.

 

Die Neue hat sich bisher nicht vorgestellt

Es liegt einiges im Argen bei der Kinderbetreuung, nicht nur im Hort Paulinenpflege, auch in anderen städtischen Kindergärten in Weil im Schönbuch, erklärt die Elternbeirätin Beate Ott. Es habe zudem mancherorts Zwangsversetzungen gegeben. Eine traf die Paulinenpflege im vergangenen September. Nun müssen gleich zwei pädagogische Fachkräfte von Kaleighs Gruppe am kommenden Freitag Tschüss sagen. Die Dreijährige wird ihre Lieblingstante und Bezugsperson verlieren. Am Montag komme die Neue, „ohne sich vorgestellt zu haben“, bedauert Stephens.

Die Eltern nehmen den Ärger und die Zerwürfnisse in den Kindergärten nicht länger hin. „Wir gehen denen im Rathaus auf die Nerven“, vermutet Stephens. „Viele beklagen sich und drücken ihren Frust aus“, bestätigt die Elternsprecherin Ott.

Eltern: Kinder brauchen feste Bezugspersonen

Johanna Stephens, deren Mann bei der US-Army ist und sich derzeit bei einem Auslandseinsatz befindet, hätte ihre Tochter eigentlich gar nicht in den Hort geben müssen. Sie ist Hausfrau und auf die Kinderbetreuung nicht angewiesen. „Wir haben das aber ganz bewusst getan, weil mein Mann und ich finden, dass unsere Tochter soziale Kompetenz lernen soll.“ Kaleigh sei es gewohnt, eine feste Bezugsperson zu haben. „Sie braucht das auch, weil ihr Daddy ein Teilzeitpapa ist“, sagt Stephens.

„Die Kinder brauchen Anleitung, manchmal muss man ihnen auch Grenzen aufzeigen“, sagt Ott, deren Kinder ebenfalls den Kindergarten Paulinenpflege besuchen. Das könnte sich vielleicht demnächst ändern, nämlich dann, „wenn das offene pädagogische Konzept umgesetzt wird, von dem wir gehört haben“, weiß Stephens. Dieses sehe „hundert Prozent Freiraum für die Kinder“ vor. „Sie sollen machen können, was sie wollen.“ Viele Eltern seien nicht begeistert, so Stephens. Gegen ein offenes Konzept spreche allein schon, dass es dafür nicht die geeigneten Räume gebe.

Die geschassten Erzieherinnen haben Angst sich zu äußern

„Die beiden Pädagoginnen haben den Mund aufgemacht“, erzählt Ott. Nun seien sie in Ungnade gefallen. Sich öffentlich dazu äußern will aber keine von ihnen. „Sie haben Angst“, so Ott.

Im September wurde erstmals eine pädagogische Leitung installiert – wohl auch, um die neue Konzeption umzusetzen. „Dabei brauchen wir keine Leiterin für die zwei Gruppen“, meint Stephens. Vorher sei es auch ohne gegangen. Die neue Chefin ist für Kaleighs Gruppe zuständig, „hat aber nicht immer Zeit, weil sie sich noch um andere Dinge kümmern muss“, sagt Stephens.

Die Stadt will ein offenes Konzept umsetzen

Das offene Konzept solle vermutlich umgesetzt werden, weil die Stadt dadurch Erzieherinnenstellen einsparen könne, meint Stephens. Der Bürgermeister Wolfgang Lahl weist das jedoch vehement von sich. Es gebe Eltern, die das Konzept gut fänden. Turnusmäßig zwei Mal im Jahr fänden Sitzungen mit Elternbeiräten statt.

„Da werden uns nur Vorschläge serviert“, kritisiert Ott. „Wir werden nicht in die neue Konzeption eingebunden.“ Die Verwaltung betont hingegen, dass es sich um einen „Prozess“ handle, auf den sich Mitarbeiterinnen zunächst einlassen müssten, „um Kinder und Eltern zu gegebener Zeit mitzunehmen“.

Personalentscheidungen sind Chefsache und vertraulich

Über die Personalentscheidungen sagt Lahl: „Diese sind vertraulich. Sie werden in Absprache mit meiner Fachleitung im Rathaus gefällt. Die Wechsel erfolgen aus organisatorischen Gründen.“ Die Kinder sollen mit Veränderungen und Abschieden umgehen lernen, heißt es dort.

„Kaleigh hat geweint, als sie erfuhr, dass ihre Lieblingstante gehen muss,“ sagt Stephens. Sie sei ohnehin traurig – wegen Daddy. Die Mutter will nun abwarten, wie es in dem Kindergarten weitergeht und ob das mit der neuen Tante okay ist.