Strandsommer, Weihnachtsmarkt, Lukullischer Herbst: Die Organisation beliebter Events schluckt in Weil der Stadt enormen Arbeitsaufwand. Damit die Wirtschaftsförderung nicht zurückbleibt, soll zusätzliches Personal her.
Als „Kulturhauptstadt des Landkreises Böblingen“ hatte CDU-Fraktionschef Georg Riehle sein Weil der Stadt einmal bezeichnet. Tatsächlich kann sich der Veranstaltungskalender der Keplerstadt sehen lassen: Riquewihrer Weintage, Dîner en blanc, mehrere Stadtfeste rund um die 950-Jahr-Feierlichkeiten, der mehrwöchige Strandsommer, Glutenfreier Herbst und diverse Weihnachtsmärkte stehen für dieses Jahr auf dem Plan. Sie ziehen zwar Besucher auch über Landkreis- und Landesgrenzen hinaus an, müssen aber organisiert werden – ein Großteil davon von der Stabstelle für Stadtmarketing, Wirtschaftsförderung und Tourismus.
Wie viele Arbeitsstunden dafür tatsächlich nötig sind, hat Stabstellenchef Markus Wagner jüngst in Zahlen verpackt. Für den Strandsommer und den Weihnachtsmarkt, die jeweils rund 90 000 beziehungsweise 10 000 Gäste angezogen haben, musste die Stabstelle demnach jeweils 1300 Arbeitsstunden leisten. Für alle großen Veranstaltungen liegt der Aufwand, so rechnet es Wagner vor, bei insgesamt 3250 Stunden. Allein für die Eventplanung bräuchte es also eigentlich fast zwei ganze Vollzeitstellen, von den anderen Aufgaben der Stabstelle in der Tourismus- und Wirtschaftsförderung einmal abgesehen. Im Stellenplan stehen dafür derzeit aber nur 2,25 Stellen.
Eventplanung nur mit Überstunden
Die Rechnung geht nicht auf. Wagner berichtet von Überstunden und Urlaubsüberhang. „Wenn wir Arbeit nach Vorgabe machen würden, hätten wir ein geringeres Angebot“, erklärte der Citymanager in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. Er war gekommen, um vor den versammelten Stadträten für die Schaffung einer zusätzlichen Stelle zu plädieren. Keine leichte Aufgabe – denn die klamme Haushaltslage der Keplerstadt war in jener Sitzung bereits mehrfach Thema gewesen.
Ohne die zusätzliche Stelle, so erklärte es Wagner, müsse man das Veranstaltungsangebot zurückschrauben – kein Weihnachtsmarkt 2025, kein Glutenfreier Herbst, kein Strandsommer 2026. Hinzu kommt, dass diverse Potenziale, insbesondere bei der Unterstützung der heimischen Unternehmen und Vereine, der touristischen Infrastruktur und im Leerstandsmanagement, laut Wagner bisher unausgeschöpft bleiben. „Was ich befürchte, ist ein drohender Imageverlust“, prophezeit der Citymanager.
Rückendeckung hatte er derweil auch vom Ersten Beigeordneten Jürgen Katz. Der erinnerte an die einstige Forderung aus dem Gremium, bei einer aufwendigen Sanierung des Marktplatzes aufzupassen, keinen „schönen, teuren und toten“ Ort zu schaffen. Saniert ist der Platz inzwischen, bespielt wird er auch. Stadtmarketing sei zwar nach Kommunalverfassung keine Pflichtaufgabe. „Aber ist ein gewisses Maß an Veranstaltungen, an Zusammenkommen, an Begegnungen, nicht auch Teil unserer Daseinsvorsorge?“
Sorge um klammen Haushalt bleibt
Argument genug schien das für einige Stadträte schließlich nicht zu sein. „Das ist eine schöne Aufgabe, wenn eine Stadt sich das leisten kann – aber vielleicht können wir es uns nicht leisten“, kommentierte SPD-Fraktionsvorsitzender Felix Mayer. „Wir haben einen Haushalt, der auf Kante genäht ist“, mahnte FDP-Vorsitzender Hans Dieter Scheerer.
Dass ihm eine Kosten-Nutzen-Analyse fehle, betonte Grünen-Vorsitzender Brinkmann, Leerstandsmanagement sei ein ebenso wichtiger Punkt. „Das sollte man nicht zurückfahren gegenüber noch einer Veranstaltung.“ Deutlich gerungen hat man derweil bei CDU und Freien Wählern: Dass es Ihnen schwer fallen würde, nicht zuzustimmen, sagten Klaus Völmle (CDU) und Michael Borger (FW). Deutliche Unterstützung wurde aber auch laut: „Wir sollten die Fahne hochhalten und die Stelle schaffen“, so Benjamin Gehring (FW). „Die Veranstaltungen machen Weil der Stadt einfach lebenswerter.“
Für die zusätzliche Stelle reichte es trotz sechs Nein-Stimmen und sechs Enthaltungen dann doch. Sie ist aber auch ein Kompromiss: Zunächst hatte die Verwaltung eine Vollzeitstelle vorgeschlagen, beschlossen wurden im Gemeinderat schließlich 80 Prozent und eine niedrigere Entgeltstufe.
Mehr Luft für Wirtschaftsförderung
Der neue Mitarbeiter soll sich künftig besonders um die Eventplanung kümmern, erklärt Markus Wagner. Für ihn selbst und eine Kollegin sollen damit mehr Kapazitäten frei werden, um sich verstärkt um die anderen Anliegen der Stabstelle zu kümmern. Mit den ansässigen Gewerbetreibenden und anderen Akteuren will man sich regelmäßig an einen runden Tisch setzen, einen strategischen Fahrplan für die Innenstadt entwickeln. Vom Land gefördert wird ein neuer Stadtrundgang und ein Besucherleitsystem, auch das steht auf dem Aufgabenzettel. Und nicht zuletzt den Leerstand will man angehen. Den Gewerbetreibenden sollte das gefallen: Der Gewerbeverein hatte sich im Vorfeld mit einem offenen Brief an den Bürgermeister gewandt und sich für eine personelle Verstärkung eingesetzt.