Der Steillagenweinbau ist kostspielig und zeitaufwendig. Für den Wengerter kann sich das laut dem Vorsitzenden der Weingärtner Bad Cannstatt nur lohnen, wenn er dort höherpreisige Weine anbaut. Der 2011er Shiraz ist hierfür ein gutes Beispiel.

Bad Cannstatt - So schön die mit Reben bepflanzten Hänge am Neckarufer auch aussehen, für den Wengerter ist der Steillagenweinbau kostspielig und zeitaufwendig. „Da steckt vier mal mehr Arbeitszeit drin, als in einer normalen Anbaufläche“, sagt Marc Nagel, der Vorsitzende der Weingärtner Bad Cannstatt. Vom Spritzen der Pflanzen über die Reparatur der Mauern bis hin zur Lese, alles ist Handarbeit.

 

Für den Wengerter kann sich das laut Nagel nur lohnen, wenn er auf den schwer zu bewirtschaftenden Flächen höherpreisige Weine anbaut. In dieses Konzept passt der Shiraz, den die Genossenschaft in diesem Jahr zum ersten Mal als Einzelabfüllung anbietet. Trotz des stolzen Preises von 38 Euro läuft der Verkauf laut Nagel „sensationell gut“. Von den insgesamt 900 Flaschen, sei bereits ein Drittel verkauft. Natürlich müssen es nicht immer knapp 40 Euro sein. Ziel der Genossenschaft ist es aber, dass der Wein aus der Steillage im Schnitt mehr als sieben Euro pro Flasche kostet.

Kaum Frost durch mildes Klima am Neckar

Zum Shiraz meint Nagel: „Das Produkt soll zeigen, was in der Steillage möglich ist.“ Es handele sich um eine Rebsorte, die ursprünglich aus dem arabischen Raum stamme und heute vor allem in Australien und Neuseeland oder auch als Syrah in Frankreich verbreitet sei. Die Steillagen zwischen Bad Cannstatt und Mühlhausen – genannt Zuckerle – seien für den Anbau dieses Weins gut geeignet. Durch den Steilhang sei die Sonneneinstrahlung hoch, außerdem würden die Mauern die Wärme lange speichern. Das milde Klima am Neckar sorge dafür, dass es auch in kalten Winternächten wenig Frost gebe. „Die Reben kommen aus Südeuropa und sind sehr empfindlich“, sagt Nagel. Deshalb ist es auch nicht leicht, einen Weingärtner zu finden, der ein solches Experiment wagt.

Andreas Guigas hat sich getraut. Dem Wengerter und Mitglied der Cannstatter Genossenschaft gehört die rund 40 Ar große Fläche in Mühlhausen, auf der der Shiraz angebaut wird. 2006 hat er den Schritt gewagt und den Exotenwein, der damals noch gar nicht in Württemberg freigegeben war, als Rebsortenversuch gepflanzt. Ein großes Risiko, bedenkt man, dass der Wein erst jetzt, gut acht Jahre später, als Einzelabfüllung verkauft wird. Das Vergütungssystem der Genossenschaft fördert die Experimentierfreudigkeit der Mitglieder. So werden die Wengerter laut Nagel nicht nur nach Menge und Qualität bezahlt, der Sortenfaktor spiele auch eine Rolle. Seltene Sorten, die stark nachgefragt werden, sind besonders rentabel.

Der Exotenwein ist ein echtes Naturprodukt

2009 wurden die Shiraz-Trauben zum ersten Mal gelesen, zunächst aber als Cuvée, also als Verschnitt aus mehreren Rebsorten, angeboten. Der Wein, der nun verkauft wird, stammt aus dem Jahr 2011. Drei Jahre lang wurde er im Barriquefass gelagert. Nach einer Fassprobe im Sommer 2014 entschied der Vorsitzende gemeinsam mit dem Kellermeister, dass der Wein für den Verkauf reif ist.

Eine Rarität wird der Shiraz immer bleiben. Der Exotenwein ist ein echtes Naturprodukt wie es Nagel formuliert. Das Wetter entscheidet, ob es einen Wein gibt, denn der Ausbau lohnt sich nur in guten Rotweinjahren. „Es wird einen 2012er geben“, sagt der Genossenschaftsvorsitzende. Einen 2013er eventuell und einen 2014er auf gar keinen Fall. Dafür sei der vergangene August zu nass gewesen.

Doch auch wenn der Vorsitzende davon überzeugt ist, dass der Anbau von höherpreisigen Weinen das richtig Konzept für die Steillage ist, sieht er die öffentliche Hand in der Pflicht. „Den Weinbau muss uns niemand fördern, aber die Erhaltung der Kulturlandschaft“, sagt er. Nagel hält nach wie vor an dem schon früher geäußerten Wunsch fest, dass die Trockenmauern in den Besitz der Stadt oder des Landes übergehen und die Weingärtner nicht mehr für die Erhaltung zuständig sind. Das neue Förderprogramm der Stadt, bei dem die Wengerter die Mauern selbst richten, die Kosten dann aber teilweise erstattet bekommen, sei zwar ein guter Schritt, aber auch mit viel Bürokratie verbunden. Schließlich müsse für jede brüchige Mauer ein neuer Antrag gestellt werden.