Walheim - Das Klischee wird oft bemüht, trifft aber nicht immer die Realität: die bösen Bürokraten in Brüssel hecken irgendeine EU-Verordnung oder eine Richtlinie aus, ohne zu ahnen, was sie damit an der Basis im vermeintlich fernen Deutschland auslösen. Im Falle Walheims scheint dieses Klischee aber auf den ersten Blick fast erfüllt.

 

Seit dem vergangenen Jahr fördert die Gemeinde zusammen mit vier Nachbarn die Sanierung von Trockenmauern (siehe Text oben). Ganz ohne EU-Bürokratie kommt das Programm aber nicht aus.Die rund 90 000 Euro Fördersumme des vergangenen Jahres – dieses Jahr dürften es etwas weniger werden – müssen nämlich ordentlich in Brüssel angemeldet werden. Sonst könnte jemand bei der EU-Kommission auf die Idee kommen, dass es sich um illegale Subventionen handelt. Gemäß der Verordnung 1857/2006 hat der Walheimer Bürgermeister Albrecht Dautel das Programm als Ausnahme angemeldet. Weil das Geld dem „Erhalt von Kulturlandschaft“ zugutekommt, gehen die Subventionen rechtlich in Ordnung.

Wortlaut wurde geändert

Aber was jetzt? Die EU-Kommission hat kürzlich einen Passus besagter Verordnung geändert. Der Erhalt von Kulturlandschaft kommt darin nicht mehr vor. Stattdessen sind Förderungen okay, wenn sie „Kultur- und Naturerbe“ zugutekommen, das „von den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedsstaates offiziell anerkannt ist“. Beim Walheimer Bürgermeister habe das „eine gewisse Verunsicherung“ ausgelöst, sagt Dautel. Er habe sich beim Ministerium für Ländlichen Raum Baden-Württemberg (MLR) erkundigt, wer denn solche Dinge offiziell anerkenne und ob es diesbezüglich eine Liste oder Ähnliches gebe. „Die wussten das auch nicht“, sagt Dautel.

Also hat der Rathauschef ein offizielles Schreiben an das MLR verfasst, in dem er um Aufklärung bittet. Das Ministerium habe zugesichert, dies mit dem zuständigen Bundesministerium zu klären. „Unsere Förderung läuft auf jeden Fall ganz normal weiter“, sagt Dautel. Er sei optimistisch, dass sich die Sache lösen lasse.

Landratsamt verlangt Grundbucheintrag

Allein: mit dem Landratsamt gebe es noch Differenzen. Hauptproblem sei die Tatsache, dass die Behörde besagten Grundbucheintrag fordere. Damit soll abgesichert werden, dass die Trockenmauern dauerhaft gepflegt werden. Nach Dautels Ansicht ist diese Vorschrift das Ende des neuen Förderansatzes.

Zudem gebe es zwei weitere Probleme. Erstens sähen er und seine vier Bürgermeisterkollegen in der Sanierung von Trockenmauern an sich schon eine ökologische Maßnahme. Immerhin gälten die Mauern als Biotope – „also ist das die Erhaltung eines Biotops“, sagt Dautel. Im Landratsamt gebe es daran aber Zweifel. Auch eingestürzte Mauern seien ökologisch wertvoll. Problem Nummer zwei betrifft die Größe. Trockenmauersanierungen können schon jetzt als Ausgleichsmaßnahmen gelten. Wenn sie groß sind, können so über die vom Land eingeführte Flächenagentur Ökopunkte gesammelt werden – so geschehen im Vaihinger Stadtteil Roßwag. „Bei uns geht es in Einzelfällen aber um zehn bis 15 Quadratmeter“, sagt Albrecht Dautel.

Zähe Suche nach Kompromiss

Im Landratsamt Ludwigsburg zeigt man sich bemüht, einen Kompromiss zu finden. „Wir bemühen uns um eine handhabbare Lösung“, sagt der stellvertretende Landrat Utz Remlinger. Seine Behörde könne sich etwa vorstellen, Zuschüsse von bis zu 400 Euro pro Quadratmeter Trockenmauer auf einem Ökokonto anzuerkennen. Allerdings könne das aus praktischen Gründen nur ab einem Mindestumfang von 2000 Quadratmetern umgesetzt werden. Beim Thema Grundbucheintrag „ist uns allerdings noch keine Lösung eingefallen“, räumt Remlinger ein.

Albrecht Dautel kennt die Vorschläge Remlingers offiziell noch nicht. Auf Nachfrage äußert er sich jedoch skeptisch zu den bisher skizzierten Vorschlägen. „Wie das in der Praxis funktionieren soll, ist mir schleierhaft.“ Er sei deshalb gespannt auf den im September geplanten Gesprächstermin mit Vertretern des Landratsamts.

Verunsicherung wegen EU-Verordnung

Walheim - Das Klischee wird oft bemüht, trifft aber nicht immer die Realität: die bösen Bürokraten in Brüssel hecken irgendeine EU-Verordnung oder eine Richtlinie aus, ohne zu ahnen, was sie damit an der Basis im vermeintlich fernen Deutschland auslösen. Im Falle Walheims scheint dieses Klischee aber auf den ersten Blick fast erfüllt.

Seit dem vergangenen Jahr fördert die Gemeinde zusammen mit vier Nachbarn die Sanierung von Trockenmauern (siehe Text oben). Ganz ohne EU-Bürokratie kommt das Programm aber nicht aus.Die rund 90 000 Euro Fördersumme des vergangenen Jahres – dieses Jahr dürften es etwas weniger werden – müssen nämlich ordentlich in Brüssel angemeldet werden. Sonst könnte jemand bei der EU-Kommission auf die Idee kommen, dass es sich um illegale Subventionen handelt. Gemäß der Verordnung 1857/2006 hat der Walheimer Bürgermeister Albrecht Dautel das Programm als Ausnahme angemeldet. Weil das Geld dem „Erhalt von Kulturlandschaft“ zugutekommt, gehen die Subventionen rechtlich in Ordnung.

Wortlaut wurde geändert

Aber was jetzt? Die EU-Kommission hat kürzlich einen Passus besagter Verordnung geändert. Der Erhalt von Kulturlandschaft kommt darin nicht mehr vor. Stattdessen sind Förderungen okay, wenn sie „Kultur- und Naturerbe“ zugutekommen, das „von den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedsstaates offiziell anerkannt ist“. Beim Walheimer Bürgermeister habe das „eine gewisse Verunsicherung“ ausgelöst, sagt Dautel. Er habe sich beim Ministerium für Ländlichen Raum Baden-Württemberg (MLR) erkundigt, wer denn solche Dinge offiziell anerkenne und ob es diesbezüglich eine Liste oder Ähnliches gebe. „Die wussten das auch nicht“, sagt Dautel.

Also hat der Rathauschef ein offizielles Schreiben an das MLR verfasst, in dem er um Aufklärung bittet. Das Ministerium habe zugesichert, dies mit dem zuständigen Bundesministerium zu klären. „Unsere Förderung läuft auf jeden Fall ganz normal weiter“, sagt Dautel. Er sei optimistisch, dass sich die Sache lösen lasse.

Förderung kann wohl weitergehen

Optimistisch zeigt sich auch Steffen Schulz, ein Sprecher der EU-Kommission. „Es ist zu erwarten, dass das Programm weiter freigestellt werden kann.“ Die Definition dessen, was als Kultur- und Naturerbe anerkannt wird, sei Sache der Bundesregierung. Dies könne aber auch an die Länder delegiert werden. Wenn Trockenmauern etwa als Biotop anerkannt seien, könne dies unter Umständen schon als Anerkennung gelten.Der Verdacht, dass hinter der Änderung des Wortlauts pure Bürokratie stecke, sei allerdings unbegründet. Bislang sei das Verfahren insofern relativ aufwendig gewesen, als die Zuschussgeber selbst ihre Förderung als legale Beihilfe bei der Kommission auf Antrag hätten freistellen lassen müssen. Aus Brüssel sei nicht immer leicht einzuschätzen, was förderungswürdig sei und was nicht. „Das wird künftig eine Ebene nach unten delegiert“, sagt Schulz. Somit sei die Änderung keineswegs ein Zeichen von Bürgerferne – im Gegenteil: „Sie kommt näher zu den Betroffenen.“

Kommentar – es geht auch pragmatisch

Kommentar - Zugegeben: es dürfte einer Eidechse ziemlich egal sein, ob die Gesteinsnische, in der sie lebt, in einer intakten Trockenmauer liegt oder ob die Mauer am Verfallen ist. Dem Menschen hingegen ist das meist nicht egal. Das Landratsamt Ludwigsburg selbst hat sich an einer Initiative beteiligt, die dem Verfall der heimischen Weinbau-Steillagen den Kampf ansagt.

Nun muss sich zeigen, ob die Appelle des Landrats und seines Stellvertreters bloße Lippenbekenntnisse waren oder ob dahinter der echte Wille steht, etwas zu tun. Die Idee, den Wiederaufbau von Trockenmauern als ökologische Ausgleichsmaßnahme für Bauprojekte heranziehen zu können, hat durchaus Charme. So etwas wäre nicht nur für Weinbau und Wengerter gut. Es würde auch den gebeutelten Landwirten Entlastung verschaffen, die momentan noch mehrfach für Bauvorhaben mit Flächenverlusten bluten müssen.

Dass Trockenmauern einen ökologischen Wert haben, ist spätestens bei der großen Sanierung der Weinberge in Vaihingen-Roßwag deutlich geworden. Dabei half die vom Land unterstützte Flächenagentur kräftig mit. Doch dass so etwas nur mit großen Projekten gehen soll, leuchtet im Alltagsverständnis nicht ein. Ebenso wenig ist klar, warum das Landratsamt auf einem Eintrag ins Grundbuch besteht, um die Pflege der Mauern dauerhaft abzusichern. Mit etwas mehr gutem Willen müsste das auch einfacher zu haben sein – eine öffentlich-rechtliche Erklärung dürfte den selben Zweck erfüllen.