Unfassbare Zerstörungswut: Unbekannte haben ihre Kraft an einer Weinbergschutzhütte unweit des evangelischen Waldheims ausgelassen. Die Mauern des Fachwerks wurden herausgebrochen.

Spaziergänger trauten ihren Augen kaum. Oberhalb des evangelischen Ferienwaldheims im Gehrenwald waren sie in den Weinbergen unterwegs. Seit Jahrzehnten bietet die Schutzhütte im Innenrot, nahe der Gärtnerei, Wanderern und Wengertern Schutz vor Wind, Regen und Sonne. Die Fachwerkfassade ist gleichzeitig ein Hingucker in der Reblandschaft. Doch der schmucke Anblick ist getrübt. Vermutlich über den Jahreswechsel haben bislang Unbekannte einen Teil der Mauer zerstört. Einzelne Mauersteine und Fassadentrümmer liegen vereinzelt in und vor dem Gebäude. „Die Ausmauerung des Fachwerks ist mit hoher zerstörerischer Energie herausgebrochen worden“, sagt der geschockte Spaziergänger. Auch alte Graffiti verunzieren die Fassade, und ein Schriftzug wurde zudem aufs Ziegeldach gesprüht. „Dabei wurde das Dach erst vor Kurzem neu gedeckt“, sagt der Untertürkheimer. Er hofft, dass das Gebäude wieder hergerichtet wird.

 

Reihe von mutwilligen Zerstörungen

„Die Hütte steht auf Fellbacher Gemarkung, Flurstück 1474/4. Es ist deswegen nicht im Eigentum der Stadt Stuttgart“, teilt Jana Steinbeck von der Presseabteilung der Stadt mit. Mutwillige Zerstörungen oder Schmierereien von Weinberghäuschen sind leider keine Einzelfälle. „2020 wurde die Hütte am Bismarckturm demoliert. Graffiti und Dachabdeckungen gibt es ständig“, bestätigt Steinbeck. Oftmals sind Diebe auf Kupferrohre und Dachrinnen der Hütten scharf. Noch verheerender: 2018 wurde die Schutzhütte auf dem Schnarrenberg abgefackelt, und sowohl der Unterstand oberhalb des Alosenwegs in Hedelfingen als auch das Untertürkheimer Zuckerhäusle unterhalb des Württembergs sowie ein Wengerterhäuschen an der Rotenberger Kelter wurden Opfer von Vandalismus. 2015 machte zudem die Zerstörung des Unterstands am Kapf die Uhlbacher wütend. Unbekannte hatten das Dach zerstört und illegale Grillstellen eingerichtet. Die Stadt rechnet mit Gesamtschäden in Höhe von rund 3000 Euro im Jahr. Der Gemeinderat hat deswegen einen jährlichen Etat zur Sanierung der Gebäude zur Verfügung gestellt. Doch nicht jede zerstörte oder marode Weinberghütte wird instandgesetzt. Obwohl die Untertürkheimer Unterschriften für den Wiederaufbau der beliebten Schutzhütte am Gögelbach gesammelt hatten, lehnt die Stadtverwaltung dies ab. Insgesamt hat die Stadt 58 Schutzhütten registriert. „Die wenigsten Hütten stehen unter Denkmalschutz. Denkmalgeschützt sind beispielsweise der Unterstand in der Silberburganlage und die Hammerbacher Hütte im Höhenpark“, sagt Steinbeck. Prinzipiell sei die Stadt bestrebt, alle Hütten zu erhalten: „Sie sind Teil des Landschaftsbilds und Aussichtspunkte.“ Natürlich sei die Schutzfunktion – zum Beispiel für den Feldschutz oder die Weinbauern und Landwirte als Unterstand vor plötzlichen Gewittern – früher bedeutender gewesen. „Im Zeitalter von Autos, guter Bekleidung und Wetterapp ist diese Funktion aber nicht mehr so wichtig.“ Die Unterstehmöglichkeit werde heute eher für Treffen von Gruppen genutzt und leider auch oft zweckentfremdet. Die Hütten werden oft vermüllt hinterlassen.

Kleindenkmale in den Weinbergen

Und wie kann man sie vor Zerstörungen schützen? Die Mitarbeiter des Vollzugsdienstes und der Polizei patrouillieren zwar regelmäßig, „aber da die Hütten frei zugänglich sind, sind sie dem Zerstörungswillen einzelner Gruppen ausgesetzt“, sagt Steinbeck. Manches Material würde offensichtlich zu spezifischem Verhalten führen. Holz werde angezündet, Glas zerschlagen, lose Bauteile wie Dachziegel würden abgerissen. „Dieser Sachverhalt muss beim Neubau und der Instandsetzung der Schutzhütten natürlich berücksichtigt werden.“ So wurde der Unterstand auf dem Kapf – auch aus Mitteln des Bezirksbeirats – mit einem Metalldach wiederaufgebaut, und am Zuckerhäusle in Untertürkheim wurde nun eine Bank aus Stein aufgestellt.