„Tarzan“ kann Karate – und „Jane“ Arien singen. Eine Autoverkäuferin steht im Stau, eine Radiomoderatorin kommt ins Fernsehen, und die Feuerwehr hat eine Königin. Weindorf-Treff paradox.

Der Himmel weinte. Am Ende tröpfelte es, aus tatsächlich blauem Himmel. Ob man dereinst die Moderatoren Tom Hörner und Diana Hörger heiligsprechen wird, weil sie ein Weindorf-Wunder bewirkt haben? Wir nehmen jetzt mal an, dass es keine himmlischen Freudentränen waren, sondern tatsächlich Trauer, dass am Mittwochabend der letzte Weindorf-Treff des SWR, der Stuttgarter Nachrichten und der Stuttgarter Zeitung in der BW-Bank-Kulturlaube in diesem Jahr stattfand.

 
Diana Hörger, Larissa Salcher, die beiden Musical-Stars Terence van der Loo und Judith Caspari, Stefanie Anhalt, Tom Hörner Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Das war eigentlich schon kitschig. Aber damit kennen sich Judith Caspari und Terence van der Loo aus. Sie spielen „Tarzan“ und „Jane“ auf Möhringens Höhen im Musicaltheater. Diese Geschichte einer unmöglichen Liebe ist so was wie Rosamunde Pilcher im Dschungel – plus den Songs von Phil Collins. Der Holländer Terence van der Loo lernte „Tarzan“ im Comicladen seiner Eltern kennen. Nein, nicht die Comics und auch nicht die Filme mit dem Olympiasieger im Schwimmen Johnny Weißmüller, sondern der Disney-Film von 1999. Dass er selbst mal im Lendenschurz an Lianen herumhangeln und turnen würde, war ihm da noch nicht klar. Zumal er an Höhenangst leidet.

Aber als ziemlich guter Karateka fürchtet er sich vor keinem Kampf – auch nicht mit sich selbst. Und so hat er ein Ritual vor jedem seiner Auftritte. „Wenn ich oben stehe, hilft: Atmen, atmen, atmen!“ Dann schwingt er sich in die Tiefe. Judith Caspari wollte eigentlich eher die Salome oder die Isolde singen als die Jane. In Gelsenkirchen an der Oper sang sie erste „schöne kleine Rollen“. Nein, liebe Leser, das ist kein Witz: In Gelsenkirchen gibt es nicht nur einen Fußballverein, sondern auch eine Oper. Doch dann war ihr das zu wenig, sie wünschte sich größere Rollen und mehr Körpereinsatz. Sie sah eine Ausschreibung fürs Musical „Anastasia“ in Stuttgart – wurde zum Vorsingen geladen und bekam die Rolle. Und ab da war klar, das Musical ist genau ihres. In ihrer Rolle als verschollene Zarentochter lernte sie den „letzten lebenden Nachfahren des Zaren kennen“. Als Jane durfte sie aber Phil Collins noch nicht treffen.

Judith Caspari und Terence van der Loo spielen Tarzan und Jane. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Zumindest gesehen hat SWR-1-Moderatorin Stefanie Anhalt ihn schon. Als sie beim ersten Gastspiel von „Tarzan“ anno 2013 im Musical war, kam Collins auf die Bühne. Dort kennt sich Anhalt gut aus. Nach ihrem Job als Pressesprecherin bei der Plattenfirma Intercord ging sie ans Musical, ehe sie beim Radio landete – und einmal sogar im Fernsehen. Im „Tatort“ durfte sie 2014, na was wohl, eine Radiomoderatorin spielen. Mit ihrem Text war sie jedoch nicht zufrieden, „das war völlig gestelzt“. Als sie sich beschwerte, sagte man ihr: „Fernsehen hat nichts mit der Realität zu tun!“ Es gibt also keine Gorillas, die auf Hochhäuser klettern, Harry Potter kann gar nicht zaubern, und es leben keine Affenmenschen im Dschungel? Ernüchternd. Aber Richie Müller ist doch ein Kommissar, oder?

Stefanie Anhalt Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Damit nicht genug der Enttäuschungen. Panagiota Petridou wurde vermisst. Dabei hatte sich Anhalt auf die wirklich gefreut. „Mein Papa war Autohändler“, erzählte sie. Und Petridou war Autoverkäuferin, sogar mal beste Mini-Neuwagen-Verkäuferin, bevor sie ihre große Klappe anders einbrachte und Moderatorin und Comedian wurde. Doch sie war nicht da. Und, kein Witz, sie stand im Stau.

Im Auto lässt sich ja prima Radio hören. Das macht auch die württembergische Weinkönigin Larissa Salcher gerne. Man ist geneigt, das schon als Freizeit zu bezeichnen, bei ihrem sonstigen Programm. Ihre Hoheit studiert Weinökonomie, spielt Klarinette in Bretzfeld, leitet die Jugendkapelle und ist bei der freiwilligen Feuerwehr. „Da mache ich alles, was die Männer auch machen“, sagt sie.

Larissa Salcher Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Frauenpower, das gibt es jetzt auch auf der Musicalbühne. Anders als noch vor elf Jahren ist aus dem armen Weibchen Jane, das sich in die starken Arme Tarzans flüchtet, eine selbstständige, selbstbewusste Forscherin geworden, erzählt Judith Caspari. „Sie kommt gut alleine zurecht.“ Aber keine Angst, den Tarzan will sie dann doch. Kein Musical ohne Happy End, so weit kommt es noch. Und zum guten Schluss des Weindorf-Treffs ersteigerte Anhalt Petridous Biografie für 30 Euro, als Spende für die Hilfsorganisation Stelp. Und der Himmel weinte.

Tom Hörner versteigert das Buch. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski