Weinfeste in Stuttgart Großer Aufwand sorgt für Absagen
Immer mehr traditionelle Weinfeste in den Oberen Neckarvororten werden abgesagt. Hohe Kosten, bürokratische Hürden und mangelndes Interesse sind die Gründe.
Immer mehr traditionelle Weinfeste in den Oberen Neckarvororten werden abgesagt. Hohe Kosten, bürokratische Hürden und mangelndes Interesse sind die Gründe.
Der Trend ist unverkennbar. Immer mehr Kirben in den Oberen Neckarvororten werden abgesagt. Inzwischen finden lediglich noch zwei der einstmals fünf Weinfeste statt. Doch woran liegt es, dass die Tradition so langsam ausstirbt? Die Gründe sind vielfältig.
„Die ursprünglichen Weinfeste in den Außenbezirken sind nicht mehr so gefragt“, bringt es Bernd Munk, der Vorstandsvorsitzende der Weinmanufaktur Untertürkheim, auf den Punkt. Während früher die Besucher strömten – selbst VfB-Profis machten einen Abstecher in die Kelter –, habe der Zuspruch nachgelassen. Dem gegenüber stehen immer höhere Kosten. Nach den Vorgaben des Ordnungsamtes schlug die Sperrung der Strümpfelbacher Straße „mit mehr als 10 000 Euro zu Buche“, verrät Munk. Verbunden mit dem notwendigen Sicherheitspersonal, Bands sowie Personal summierten sich die Kosten auf rund 40 000 Euro. Daher zog die Weinmanufaktur für die Untertürkheimer Kirbe 2018 den Schlussstrich, bereits Jahre zuvor war in Obertürkheim Ende. „Das können vielleicht noch Vereine leisten, wenn die Mitglieder ehrenamtlich tätig sind“, erklärt der Vorstandsvorsitzende.
Doch auch bei diesen gestaltet sich die Zukunftsplanung immer schwieriger. Jüngstes Beispiel ist die Wangener Kirbe, die abgesagt werden musste, da sich kein Jahrgang fand. Nach der Tradition richten in der Regel die 20-jährigen Männer und Frauen aus dem Stadtbezirk das Fest aus. Das ist in Hedelfingen nach wie vor der Fall. Doch auch dort gestaltet sich die Suche nach freiwilligen Helfern zusehends schwieriger. „Früher konnten wir über die Schule oder den Sportverein die Kandidaten ansprechen, heute ist dies wegen dem Datenschutz nicht mehr möglich“, erklärt Wolfgang Gohl von der Arbeitsgemeinschaft Hedelfinger Herbst. Zudem sind viele der 20-Jährigen heute bereits in der Ausbildung oder studieren.
Einen ganz anderen Altersdurchschnitt hat das Sängercollegium Uhlbach. „Von unseren noch 20 aktiven Sängern sind es vielleicht noch zehn, die den Aufbau bewerkstelligen können“, sagt der Vorsitzende Gerald Zwicker. Der Chor springt mit dem Musikverein Uhlbach in die Bresche, da das Collegium Wirtemberg den Uhlbacher Herbst aufgrund des fehlenden Festwirtes abgesagt hatte – aber in kleinerer Form als Herbstle. „Mehr können wir nicht leisten“, betont Zwicker. Aber auch die abgespeckte Version am Sonntag, 11. September, von 10.30 bis 18 Uhr bereitet viel Arbeit. Zwar nicht mehr bis zu 900 ehrenamtliche Arbeitsstunden wie in früheren Zeiten beim viertägigen Herbst – dem ältesten Weinfest in Stuttgart –, aber auch so kämen wieder mehrere Hundert Stunden zusammen. „Seit Juli sind wir mit den Vorbereitungen beschäftigt“, sagt Zwicker. Viele Genehmigungen waren einzuholen. „In dieser Form können wir das auf Dauer nicht leisten“, erklärt der Vorsitzende mit Blick auf die Altersstruktur im Verein. Und nicht zuletzt stehe der Aufwand auch in keiner Relation zum Ertrag. „Wir hoffen zumindest einen kleinen Erlös für die Jugendabteilung des Musikvereins erwirtschaften zu können.“ Oft scheint der Aufwand für die Organisation zu groß zu sein – zum Leidwesen des Fortbestands der Weinfest-Tradition.