Das Weinjahr weckt auch bei den Wengertern im Stuttgarter Norden Hoffnungen. Die Qualität der Trauben ist sehr gut, die Mengen sind enorm. In den Feuerbacher Weinbergen von Fabian Rajtschan wurden diese Woche verschiedene weiße Sorten gelesen.

Feuerbach - Johann Pütz lehnt am Eingangstor der Feuerbacher Kelter. Er beobachtet das Treiben auf dem Rudolf-Gehring-Platz und krault ein wenig sein Hündchen, das auf seinem angewinkelten Unterarm gut Platz findet. Die Verschnaufpause tut ihm offensichtlich gut, denn in der Kelter herrscht in diesen Tagen Hochbetrieb. Dort führt Keltermeister Pütz sonst Regie, koordiniert, wer wann seine Trauben bringen kann, kontrolliert die Abläufe, packt mit an und sorgt für einen reibungslosen Betrieb.

 

Für die Freizeitwengerter am Lemberg und auf der Hohewart, aber auch für einige Hobby-Winzer aus Zuffenhausen, ist der Kelterbetrieb vor Ort nach wie vor sehr wichtig. Sie können mit ihren Trauben hierherkommen und nach einigen Tagen ihren Rohwein wieder mit nach Hause nehmen, um ihn im eigenen Keller weiter auszubauen. Rund 25 Hobbywinzer nutzen derzeit diese Möglichkeit.

Eine Maschine trennt die Trauben von den Stengel und Stielen

Gerade ist Charly Berger vorgefahren. Er und ein Freund, der ihm bei der Lese hilft, haben Trollinger und Kerner aus „dem Biraboom-Wengert“ geladen. Mit der Schaufel und einem Eimer werden die Trauben erst einmal aus dem großen grüner Zuber geschöpft und in die Abbeermaschine geschüttet. Alles ziemlich schweißtreibend, alles reine Handarbeit. Pütz und der Freund von Berger schaufeln, Berger selbst steht oben auf dem Podest, nimmt die vollen Eimer entgegen und füttert beständig die gefräßige Maschine: Sie trennt die Beeren von den „Kämmen“ und spuckt unten in Windeseile die nackten Stengel und Stiele der Trauben wieder aus. Die Beeren in der Trommel werden unterdessen etwas gequetscht und gedrückt, damit sie aufplatzen: „Dadurch kommen die Tannine und Farbstoffe heraus“, erklärt Pütz. Anschließend kommt die sogenannte Maische in einen der vielen grünen Zuber in der Kelterhalle. Der Fruchtbrei wird mehrere Tage stehengelassen, bis die Häute und anderen festen Bestandteile oben schwimmen und der Saft sich unten im Zuber absetzt. Letzterer wird später abgelassen, der Rest kommt in die Presse.

Die Voraussetzungen für einen guten Jahrgang sind vorhanden

Vieles funktioniert im Prinzip noch wie früher. So macht seinen Wein auch Wolfgang Ulmer aus Zuffenhausen, der in diesen Tagen seinen Trollinger in der Kelter Feuerbach presst. „Ich will gute Qualität erreichen, die möglichst natürlich hergestellt wird“, sagt er. Der Besenwirt bewirtschaftet insgesamt knapp einen Hektar Rebflächen am Lemberg in Feuerbach und am Vorderberg in Zuffenhausen. Außer Trollinger macht er Rosé, Kerner und Riesling. „Der Rosé und Weißwein wird nach der Lese direkt abgepresst“, erklärt Ulmer. Beim Rotwein bleiben die Beerenhäute erst einmal mit im Zuber. Mit einem Stampfer drückt Ulmer den Beerenbrei beständig nach unten: „So krieg der Wein seine Farbe.“

Beim Blick auf die unglaublichen Mengen und die Qualität der Trauben kommt er ins Strahlen. „Dieses Jahr hat man nicht viel falsch machen können“, schmunzelt Ulmer. Die Voraussetzungen für ein sehr gutes Weinjahr seien zweifelsohne gegeben: „Wir hatten sehr, sehr viel Sonne“, fasst Ulmer zusammen. Hinzu kam, dass bisher weder Mehltau, die Kirschessigfliegen noch allzuviele Wespenstiche den Reifeprozess der Trauben störten. Sein Trollinger liegt dieses Jahr bei 75 bis 85 Grad Oechsle, beim Riesling und Kerner liegen die Mostgewichte bei 92 und 98 Grad. Die Gäste in Ulmers Besenwirtschaft können sich also freuen.

Die ersten Kirschessigfliegen am Lemberg

Auch Fabian Rajtschan, der einzige Vollerwerbswinzer in Feuerbach, ist hochzufrieden: Sehr gute, viele und gesunde Beeren gebe es in diesem Jahr. Allerdings hat er die Tage auch die ersten Kirschessigfliegen am Lemberg gesichtet. Deshalb wird er seinen restlichen Trollinger am Mittwoch und Donnerstag aus den Weinbergen holen. Eile ist geboten. Gestern waren bei ihm in den Steillagen rund 20 Helfern damit beschäftigt, den Weißburgunder, Gewürztraminer, Müller-Thurgau und Kerner auf rund 25 Aar Fläche von den Rebstöcken zu holen. Insgesamt bewirtschaftet er 5 Hektar Fläche. Ende der Woche werde er wohl mit der gesamten Weinlese fertig sein, schätzt er.

Dann beginnt die spannende Phase – der Ausbau der Weine. Rajtschans Fässer stehen in Rommelshausen, dort baut er seinen Wein aus. Im Familienbetrieb Kern, wo er auch beschäftigt ist, kann er die Möglichkeiten der Weinkeller-Technik voll ausschöpfen. Ein nahezu perfektes Weinjahr weckt also große Hoffnungen: Ein ganz besonderer Saft soll der 2018er werden.