Im neuen Stück der Hebebühne anlässlich der Literaturtage Baden-Württemberg in Weinstadt wird Integration nicht nur thematisiert sondern aktiv betrieben. Am Donnerstag, 6. Oktober, ist Premiere.

Weinstadt - Die Hebebühne ist dafür bekannt, dass sie sich oft ungewöhnliche Spielorte aussucht. Für sein neuestes Theaterprojekt anlässlich der Literaturtage Baden-Württemberg hat sich das Ensemble aus Weinstadt den Schönbühl ausgeguckt – genauer gesagt die leer stehenden Werkstätten auf dem ehemaligen Jugendheimgelände, das auf einer Anhöhe oberhalb von Beutelsbach liegt. Ihnen haben die Damen der Hebebühne ihr jüngstes Stück sozusagen auf den Leib geschrieben. Dafür haben sie wie immer Versatzstücke aus der Literatur benutzt, etwa das Deutsche Ringelspiel von Erich Kästner.

 

„Sehen wir es doch einmal anders“ heißt das Stück. Das Thema: Integration. „Der Ort hat uns das vorgegeben“, sagt Anne Fabriz von der Hebebühne. Denn seit dem vergangenen Herbst dient eines der früheren Jugendheimgebäude vorübergehend als Asylunterkunft. Der Landkreis hat es vom Eigentümer Thomas Barth angemietet, ebenso den benachbarten Saffrichhof, in dem Flüchtlingsfamilien wohnen.

Auch wenn das Thema naheliegend war: die Hebebühne wäre nicht die Hebebühne, wenn sie nicht ihre ganz eigene Umsetzung dafür finden würde. Und so dürfen sich die Besucher der Vorstellung schon einmal auf spannende Erfahrungen gefasst machen. Denn das Ensemble lässt seine Zuschauer einen Perspektivwechsel vollziehen.

Die Zuschauer sind Teil der Inszenierung

Dabei beginnt die Vorstellung für sie bereits, sobald sie die Werkstätten betreten. Oder besser gesagt: sie sind von diesem Moment an Teil der Inszenierung, übernehmen die Rolle von Flüchtlingen, die von einem Schleuser durch die Gänge und Räume der Werkstätten getrieben werden, von Spielort zu Spielort. Mal bekämen sie zu spüren, was Enge bedeutet, wie es sich anfühlt, mit vielen anderen auf begrenztem Raum zusammengepfercht zu sein, verrät Anne Fabriz. Mal konfrontiere sie der Schleuser mit unangenehmen Fragen, wie etwa: „Können Sie sich vorstellen, kriminell zu werden, um ihr Leben und das ihrer Familie zu retten?“ Oder: „Finden Sie es gerecht, Deutscher zu sein?“ Diese habe man aus einem Fragenkatalog entliehen, den die Süddeutschen Zeitung zur Flüchtlingsthematik veröffentlichte, sagt Fabriz.

Doch haben die Schönbühl-Werkstätten als Spielort die Hebebühne nicht allein auf das Thema des Stückes gebracht. Sie bieten auch mannigfaltige Möglichkeiten zur Inszenierung. „Das ist ein toller Ort, der architektonisch unheimlich schön ist“, schwärmt Anne Fabriz. Vor allem die alte Esse der ehemaligen Schmiede habe es ihr und ihren Ensemblekolleginnen angetan. Lasse sich doch mit dem Stilmittel der Verfremdung einiges in dem Raum machen.

Auch Flüchtlinge treten auf

Zudem ist Integration nicht nur Thema im Stück , sondern wird von den Hebebühnen-Damen auch aktiv betrieben. Denn für die Umsetzung des Theaterprojektes haben sie sich internationale Unterstützung gesucht. Gastdarsteller mit japanischen, spanischen, türkischen und polnischen Wurzeln beteiligen sich an dem Stück mit ihren eigenen literarischen und musikalischen Beiträgen. Auch Flüchtlinge wirken mit: So führt Basher Al Saho eine selbst erdachte Performance auf, in der ein einfaches Fahrrad zum Symbol für Freiheit wird, und die Schriftstellerin Wajiha Said trägt einen Text über Heimat vor.