Zufällig haben sie sich im Weinberg getroffen: Shani Berisha, ein Kosovare, der im Strümpfelbacher Weingut Kuhnle schafft, und der 98-jährige Karl Haidle, der einst in Berishas Heimatort als Soldat stationiert war. Beim Viertele gibt es jetzt viel zu reden

Weinstadt - Shani Berisha gehört im Strümpfelbacher Weingut Kuhnle seit Jahren quasi zum Betriebsinventar. 1998 ist der heute 35-Jährige erstmals nach Deutschland gekommen, auf der Flucht damals vor dem Krieg in seiner Heimat. Zwölf Jahre später allerdings musste er wieder zurück. Aber auf Vermittlung seiner in Deutschland lebenden Verwandtschaft bot sich wiederum zwei Jahre später die Chance eines Praktikums im Weingut Kuhnle, wo Berishas Onkel seit Jahren als Lesehelfer immer höchst willkommen ist.

 

Shani Berisha hat diese Chance ergriffen: Aus dem Praktikum ist, trotz allerlei ausländerrechtlicher Hürden und Auseinandersetzungen, eine Weinbaulehre im Schwabenland geworden, die er jüngst erfolgreich abgeschlossen hat.

Treffen im Wengert

Und in den Strümpfelbacher Weinbergen, da hat der Mann aus dem Kosovo im Frühsommer des vergangenen Jahres eine Bekanntschaft gemacht, die ihn auf ganz andere Weise an die alte Heimat erinnert hat. In einem Nachbarwengert dort oben, oberhalb von Strümpfelbach, war Karl Haidle in seinem eigenen Weinberg gerade mit der Laubarbeit beschäftigt. Der gut 60 Jahre jüngere Kosovo-Albaner ist irgendwie mit dem topfitten 98-jährigen Stettener ins Gespräch gekommen. Und dabei habe sich herausgestellt, berichten die beiden beim Remstalviertele im Weingut Kuhnle, dass Haidle als Soldat im Jahr 1943 just bei Rahovec stationiert war in dem Heimatort von Shani Berisha.

Seitdem haben sich die beiden so ganz unterschiedlichen Kosovo-Freunde diverse Male getroffen, um sich über einst und jetzt dort im Kosovo und hier im Remstal zu unterhalten. Und auch in der Familie Haidle ist man ganz erstaunt, wie der Kontakt zu dem jungen Mann aus Rahovec den einstigen Wehrmachtssoldaten zum Erzählen bringt. „So viel hat er aus seiner Zeit im Krieg in den ganzen Jahren noch nie erzählt“, meint die Tochter.

Und zu erzählen hat der Kradmelder im Gespräch, zu dem auch der in Aichwald lebende Onkel Berisha gekommen ist, einiges – nicht nur aus der Zeit im Kosovo, sondern auch aus Frankreich, wo er zunächst im Süden und dann nördlich bei Dünkirchen im Einsatz war, vom Einsatz in Polen und dem Zug nach Russland in Richtung Schwarzes Meer. Und natürlich auch über viereinhalb Jahre Gefangenschaft im damaligen Jugoslawien. Ob er im Krieg jemanden getötet hat, wird er gefragt. Nein, sagt der Stettener Veteran, geschossen habe er als Fahrer nie.

Viele Fragen zur Geschichte der Albaner

Bis Ioannina in Griechenland ist Karl Haidle damals gekommen, und da interessiert Shanis Onkel gleich, ob dort damals viele Albaner gewohnt hätten. Einige auf jeden Fall, erinnert sich der Stettener Wengerter daran, wie einst die Albaner in alle Himmelsrichtung in verschiedene Länder verstreut worden sind.

Der Gesprächsstoff geht nicht aus. Und so werden sich die beiden Wengerter mit höchst unterschiedlichem Kosovo-Bezug über die anderen Orte zwischen Rahovec, Mitrovica und Nis, die Haidle damals entlang der Adria kennen gelernt hat, bei einer anderen Gelegenheit unterhalten müssen – ganz bestimmt bei dem ein oder anderen Remstalviertele.