Vor 150 Jahren ist das ehemalige Jugendheim Schönbühl gebaut worden. Eine Ausstellung dokumentiert seine bewegte Geschichte, die um ein Haar für immer im Müll verloren gegangen wäre.

Weinstadt - Wenn die Gebäude des ehemaligen Jugendheims Schönbühl, das 2002 geschlossen wurde, sprechen könnten, hätten sie sicher vieles zu erzählen. Vor 150 Jahren sind die ersten von ihnen auf der Anhöhe über Weinstadt-Beutelsbach errichtet worden. Was sich alles seither dort oben getan hat, zeigt nun eine Ausstellung. Wolfgang Rube, der viele Jahre die Berufsschule des Schönbühl geleitet hat, hat sie konzipiert – allerdings eigentlich nicht für das aktuelle Jubiläum sondern bereits zum 120-jährigen Bestehen.

 

Olle Kamellen sind die nun in der früheren Schreinerei des Heims aufgebauten Schautafeln trotzdem nicht. Viel mehr sind sie selbst Zeugen der jüngsten bewegten Vergangenheit des Schönbühls. Denn: dass sie überhaupt noch dort gezeigt werden können, ist keine Selbstverständlichkeit. Es ist der Verdienst von Hans Ruff, der als Verwalter für den Kommunalverband Jugend und Soziales (KVJS), dem bis vor ein paar Jahren das Gelände gehörte, tätig war.

„Eigentlich hätten die Tafeln entsorgt werden sollen“, berichtet Ruff. Der KVJS ließ, weil er das gesamte Areal verkaufen wollte, die Gebäude leer räumen. Dabei wären um ein Haar auch die Tafeln auf dem Müll gelandet. Doch Ruff bewahrte sie davor. Um das historischen Andenkens an das ehemalige Jugendheim Schönbühl zu erhalten, hat er als dann auch einen eigenen Verein gegründet: den Schebbes-Verein, dessen Vorsitzender er nun ist.

Der neue Eigentümer wollte die Heimgebäude abreißen lassen

Inzwischen hat der Schönbühl den Besitzer gewechselt. 2014 kaufte der Kaisersbacher Unternehmer Thomas Barth das Gelände, ursprünglich um dort eine ökologische Modellsiedlung zu errichten. Dafür wollte er sämtliche der Jugendheim-Gebäude, bis auf eine Scheune, abreißen lassen. Damit wäre auch das Schicksal der alten Schreinerei besiegelt gewesen. Dass sie nun als Ausstellungsraum dient, ist also ebenfalls keine Selbstverständlichkeit.

Zu verdanken ist dies dem Sinneswandel des neuen Schönbühl-Eigentümers, der die Zeichen der Zeit erkannt hat und ein Haus des ehemaligen Jugendheims dem Landkreis für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt hat. Auch für die übrigen Gebäude hat Barth nun andere Pläne: Gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer möchte er in den Werkstätten Flüchtlingen Berufsausbildungen ermöglichen und der Stadt zur Anschlussunterbringungen von Asylanten Wohngebäude anbieten (wir berichteten).

Im Jahr 1866 zog die Rettungsanstalt auf den Schönbühl

Damit sei der Schönbühl wieder das, was er einst gewesen sei, meint Rube, wenn auch unter anderen Vorzeichen. An Pfingsten 1866 war der Hausvater Wilhelm Ramsauer mit den jugendlichen Bewohnern der „Rettungsanstalt für besonders entartete und verbrecherische Knaben evangelischer Confession“, wie das Heim in seinen Anfangsjahren geheißen hatte, auf den Schönbühl gezogen. Zuvor hatte die 1859 von Pfarrer August Lämmert im Zuge der damaligen so genannten Rettungshausbewegung gegründete Einrichtung ihren Sitz auf dem Gut Thalwiese in Bad Herrenalb im Schwarzwald. „Sie war eine Antwort auf die vielen in Folge der napoleonischen Kriege verwahrlosten Kinder“, sagt Rube, „und heute ist der Schönbühl eine auf die vielen Flüchtlinge.“

Dieses neue Kapitel in der Schönbühl-Historie ist in der Ausstellung zwar noch nicht aufgeschlagen, dafür die vielen anderen. So dokumentiert die Schau nicht nur die Historie des Heims sondern auch den Wandel pädagogischer Maximen und den jeweiligen Einfluss der Zeitgeschichte.