Martin Goll hat zahlreiche Beutelsbacher Familiengeschichten aufgearbeitet. Eine Spur führt von Weinstadt zum amerikanischen Präsidenten.

Weinstadt - Stammt er nun aus Beutelsbach, der amerikanische Präsident Barack Obama, oder nicht? In dem 420-Seiten-Werk „Beutelsbacher Familien“ ist dem berühmten Nachfahr des Beutelsbacher Auswanderers Johann Conrad Wölflin nur ein relativ kurzes Kapitelchen gewidmet. Zum einen gebe es bisher nur Indizien dafür, dass der 1750 gen Amerika ausgewanderte und in Besigheim geborene Beutelsbacher Wölflin identisch ist mit einem Conrad Wolfley, der laut der US-Familienforschungsfirma Ancestry in der Ahnentafel Obamas gefunden worden ist, schreibt der Familienforscher Martin Goll zu jener Botschaft, die 2009 beim Präsidentenbesuch in Deutschland für Aufsehen sorgte. Zum andern gibt es massenhaft dramatische, bizarre oder auch kriminelle Geschichten rund um die alten Beutelsbacher, über die es Verbrieftes zu erzählen gibt. Sollte allerdings Wölflin jener Wolfley gewesen sein, dann wäre er tatsächlich der US-Präsidenten-Urgroßvater in sechster Generation.

 

Die Obama-Connection ist es nicht gewesen, die den Beutelsbacher Hobbyhistoriker zum kommunalen Familienforscher gemacht hat. „Mein Ziel war nicht, ein Buch zu schreiben.“ Vor einigen Jahren sei es darum gegangen, jenen historischen Datenschatz zugänglich zu machen, der im Stadtarchiv in einem Karteikartenschrank schlummerte. Bereits in den 30er-Jahren hatte Heinrich Klumpp, der damalige Vorsitzende des Vereins für Familien und Heimatpflege Württemberg, anhand der Kirchenbücher und Familienregister eine im 16. Jahrhundert beginnende Kartei zu den Beutelsbacher Familien angelegt. Die darin enthaltenen Daten sollten digitalisiert und in einer speziellen Datenbank zugänglich gemacht werden. „Das machen wir“, habe damals Tochter Dorothee letztlich den Ausschlag für die namenshistorische Fleißarbeit gegeben. Ein beachtliches Unterfangen, schreibt der Stadtarchivar Bernd Breyvogel nun im Vorwort des dieser Tage im Weinstädter Bärenfelser Verlag erscheinenden Familienbuchs. „Sie mussten zigtausend Karteikarten digitalisieren, überprüfen und um weitere Quellen ergänzen.“

Neben der umfassenden Namenschronologie hat Martin Goll jenen Karteikarten aber auch – weit über die Obama-Connection hinaus – nette und durchaus wilde Geschichten aus der Beutelsbacher Historie entnommen. Den „Kriminalfall Ritter“ etwa, die Geschichte von Johann Jakob Ritter, der anno 1755 die getrennt von ihrem Mann lebende Katharina Gaupp im Streit mit einer Sense tödlich verletzt hatte. Bemerkenswert ist auch die Geschichte ihrer jüngeren Schwester Margarethe. Diese soll nämlich die Mutter eines der unehelichen Kinder von Herzog Karl Eugen gewesen sein. Ja, die Fehltritte, die seien so vielfältig, dass solcherlei Familienforschung oft mehr zur Namens-, denn Abstammungsforschung mutiere, sagt dazu Martin Goll: „In jeder Familie braucht man nur zwei Generationen zurückzugehen, dann kommt das erste uneheliche Kind.“ Diese Geschichten sind auch mit ein Grund dafür, dass die Verlegerin Claudia Greiner vom zunächst nur in 50 Exemplaren gedruckten aber „on demand“ nachdruckbaren Werk begeistert ist: „Das ist ein Buch, das einen fesselt, in dem man stöbern kann.“ Und wer vom Autor selbst hören will, was er alles aufgestöbert hat, der hat heute Abend um 20 Uhr im Beutelsbacher Stiftskeller bei dessen Vortrag über „Obamas Ureltern“ Gelegenheit dazu.