Die Stadt Weinstadt widmet sich den Herausforderungen durch den demografischen Wandel – etwa Familienstrukturen, die sich verändern.

Weinstadt - Der große Ansturm ist abgeebbt, die Zahl der Geflüchteten stark zurückgegangen. In der Weinstädter Verwaltung richtet man sich daher neu aus – und verzichtet künftig auf einen Flüchtlingsbeauftragten. Den Anstoß dazu hat der Weggang Maximilian Zirkels gegeben, der aus privaten Gründen seine unbefristete Anstellung kündigte. 2015 hatte die Stadt ihn als Flüchtlingsbeauftragten eingestellt – obwohl sie für ihn keine Förderung erhielt, da der junge Rettungsassistent keine Ausbildung als Diplom-Verwaltungswirt vorweisen konnte.

 

„Dafür war er voller Motivation und richtiger Gedanken darüber, dass zur Integration nicht nur Sprache gehört, sondern auch Beschäftigung und Perspektive“, lobt Ulrich Spangenberg, der als Leiter des Amts für Familie, Bildung und Soziales Zirkels Vorgesetzter war. Selbst tief verwurzelt im örtlichen Arbeitskreis Asyl, sei Zirkel das Bindeglied zwischen ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern und der Verwaltung gewesen.

Eine neue Sachgebietsleiterin Soziales

2016 stellte man ihm eine Integrationsbeauftragte an die Seite. Diese Stelle ist momentan ebenfalls vakant – soll jedoch im Gegensatz zu Zirkels Posten wieder besetzt werden. Darüber hinaus gibt es nach wie vor ein vom Land gefördertes Integrationsmanagement in Kooperation mit dem Kreisdiakonieverband, das über einen Anteil von 2,15 Stellen verfügt.

Im Integrationsbereich sehe man sich angesichts deutlich gesunkener Flüchtlingszahlen auch ohne Flüchtlingsbeauftragten gut aufgestellt, erklärt Spangenberg: „Aber andere Gruppen fühlen sich zu kurz gekommen.“ Deswegen strukturiert man im Weinstädter Rathaus jetzt um. Das einst abgeschmolzene Sachgebiet Soziales, das in der Organisationsstruktur mit der Kinderbetreuung zusammengepackt wurde, habe jetzt mit einer eigenen Sachgebietsleitung wieder mehr Gewicht bekommen und damit auch die sozialen Themen. Einfluss auf diese Entscheidung habe auch die Entwicklung bei den Kindertagesstätten, erläutert Spangenberg: „Der Bedarfsplan hat hervorgebracht, das drei neue Einrichtungen nötig sind. Diese zu planen ist eine Herkulesaufgabe.“

Somit sei die Einstellung von Heike Bieg als neuer Sachgebietsleiterin Soziales auch eine Entlastung für Gerhard Friedel, den Leiter des Bereichs Kinderbetreuung. Sie werde für Familienförderung zuständig sein. Vor allem aber soll die 53-jährige Sozialpädagogin und Betriebswirtin, die zuvor in Plüderhausen für Kindergärten, Schulen und Vereine zuständig war und in Schorndorf wohnt, ein Großprojekt meistern: einen Seniorenplan.

Familienstrukturen verändern sich

„Denn Familienstrukturen verändern sich“, erklärt Bieg zu ihrem neuen Job, „und damit auch die Unterstützungssituation.“ Oftmals lebten die Kinder weit weg, und Senioren seien dadurch auf sich allein gestellt. Neben dem Thema Pflege solle der Seniorenplan daher auch soziale Aspekte enthalten. „Wie verhindert man Vereinsamung und ermöglicht Teilhabe bei einer gleichzeitig immer stärkeren Individualisierung?“ Antworten darauf könnten barrierefreies Wohnen und Mehrgenerationenhäuser liefern.

Zudem spiele Mobilität eine wichtige Rolle. Eine offene Frage ist noch immer, ob dauerhaft ein Bürgerbus eingerichtet wird. Der vom Stadtseniorenrat initiierte Testlauf im vergangenen Jahr ist zumindest nach Berichten des Gremiums erfolgreich verlaufen. Spangenberg schweigt sich dazu aus – und der städtische Pressesprecher Holger Niederberger verweist lediglich auf die jüngsten Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr durch engere Taktungen und den Einkaufshüpfer als neue Buslinie zwischen Beutelsbach und Endersbach.

„Das wird in einem polyzentrischen Gebilde wie Weinstadt schwierig“, sagt Ulrich Spangenberg zu all den Herausforderungen, die nun angesichts des demografischen Wandels in der Gesellschaft auf die Stadt zukommen. Zumal es dazu, dass die Menschen im Alter möglichst lange in ihren Zuhause bleiben wollen, eine gegensätzliche Entwicklung gebe: nämlich die, dass sich der Einzelhandel immer mehr auf die dichter besiedelten Orte konzentriere.