Bei Strümpfelbach und Untertürkheim hat ein Unwetter am vergangenen Mittwoch in einzelnen Wengertlagen bis zu 70 Prozent Schaden angerichtet.

Weinstadt/Stuttgart - Den Zweigelt am Nonnenberg, direkt am Strümpfelbacher Ortsrand, hat es böse erwischt. Hagelniederschläge vor einer Woche hätten bis zu 70 Prozent der Weinernte zerstört, sagt Marcel Idler. Ganze Trauben in seinem Wengert schimmern in Brauntönen. „Hier hat es ganze Stile weggefetzt“, sagt der Strümpfelbacher Jungwengerter. Der Hagel ist örtlich sehr begrenzt auf den 6,5 Hektar großen Weinberg niedergeprasselt.

 

Nach einigen Tagen ist das tatsächliche Ausmaß der Schäden jetzt so richtig zu sehen. Eines, sagt Idler, sei ganz offensichtlich: Dort, wo bereits entblättert war, wie es vor allem bei roten Sorten der Qualität wegen üblich ist, sind die Schäden am stärksten. „Drei Tage vor dem Hagelschlag haben wir hier im Wengert noch geschafft, einzelne Blätter in die Hand genommen und die Trauben halbiert“, sagt Idler. „Das ist doppelt bitter.“

Hoffnung auf trockene Witterung

„Aber Jammern hilft nichts“, sagt er auch und hofft nun auf trockenes Wetter in den kommenden Tagen. „Dann vertrocknen die angeschlagenen und nicht mehr versorgten Beeren, und es droht keine Fäulnis.“ Zunächst müssten sich aber auch die Pflanzen vom Schock durch Sturm und Hagel erholen. Diese Bedingungen verlangten bei reduzierter Ertragserwartung natürlich deutlich mehr Arbeit im Wengert und erforderten auch im Keller ein gutes Händchen.

Zudem werde sich erst beim nächsten Schnitt zeigen, wie stark die Reben selbst gelitten haben. „Im Zweifelsfall muss man da auf die Zapfen zurückschneiden.“ Sollte sich durch das Witterungs-Malheur eine Verzögerung der Reife ergeben, wäre dies angesichts des bisherigen Entwicklungsvorsprungs wohl kein größeres Problem.

Ähnlich wie bei Marcus Idler hat es in Untertürkheim die Weinberge von Hans-Peter Wöhrwag erwischt. Dort hat die Schätzung für die Hagelversicherung Schäden von durchschnittlich 50 Prozent auf den in der dortigen Hagelschneise betroffenen 16 Hektar Weinbaufläche ergeben. „In der Spitze waren es in einzelnen Parzellen bis zu 65 Prozent“, berichtet Wöhrwag.

Ähnlich wie in Strümpfelbach war es ein auf 300 bis 400 Meter Breite begrenzter Streifen, auf dem die rund drei Zentimeter großen Hagelbollen mit Unterstützung eines starken Windes mit Wucht auf die Rebflächen niedergingen. Auch Wöhrwag meint, dass dort, wo bereits ausgedünnt und entblättert war, der Schaden um rund 20 Prozent höher liege, als dort, wo die gesamte Blättermenge den Trauben noch etwas Schutz geboten habe.

Hans-Peter Wöhrwag ist „vorsichtig optimistisch“

„Ich bin trotzdem vorsichtig optimistisch“, sagt der Untertürkheimer Weinmacher, der sich am Wochenende auch die Lage beidseits von Strümpfelbach angeschaut hat. In dieser Situation gebe es zwei Möglichkeiten: Entweder, es bleibe einige Zeit trocken, dann könne sich die Sache zumindest qualitativ durchaus noch zum Guten wenden oder es werde feucht mit weit schlechteren Konsequenzen. „Wir sind Optimisten und glauben an das Gute.“

Die Hagelereignisse seien örtlich stark begrenzt gewesen und bedeuteten letztlich keinen großen Schaden mit Blick auf das Gesamtanbaugebiet, sagt der Präsident des Württembergischen Weinbauverbandes, Hermann Hohl. Ein größeres, auch örtlich unterschiedliches Problem stelle württembergweit die Trockenheit dar: „Wenn es nicht regnet, wird das einen deutlich stärkeren Effekt auf den Ertrag haben.“

Hagelflieger und Dorfdeppen

Einsatz
Zwei der drei Hagelflieger, die mittels Impfung der Gewitterwolken mit Silberjodid die Bildung größerer Hagelkörner verhindern sollen, sind am Mittwoch im Einsatz gewesen. Einer davon konnte aber offenbar wegen eines zeitweiligen Startverbots am Flughafen erst mit Verspätung ins Rennen gehen. Zum andern, so lauten die Einsatzberichte, habe es in jener Gewitterzelle, die in Richtung Remstal zog, an dem für die Platzierung des Silberjodids nötigen Aufwind gefehlt.

Kritik
Ein Kritiker der luftgestützten Hagelabwehr wird sich bestätigt fühlen. Dieser Tage hat der TV-Meteorologe Jörg Kachelmann diese in dem Internetportal T-Online als Bauernfängerei gegeißelt. Ihre Befürworter seien „Dorfdeppen“. In der Region ist man nach fast 40-jähriger Erfahrung anderer Ansicht. Klar sei aber, so die Befürworter, dass die Hagelabwehr keinen hundertprozentigen Schutz bieten könne.