Das schwäbische Nationalgetränk war im Weinberg der Stadt Weinstadt 2023 ein Totalausfall – auch heuer gibt es nicht viel. Gleichwohl wird die Tradition des städtischen Weinbergs weiter gepflegt, auch wenn es Herausforderungen gibt.

Nein, ein echtes Highlight kann der 2023er-Jahrgang des Weinstädter Ratsschenks nicht sein. Schließlich ist der Trollinger komplett der Kirschessigfliege zum Opfer gefallen. Wobei der Weinstädter Stadtwengert dabei im vergangenen Jahr kein Einzelfall war. Das Trollingerdesaster hat auch manch anderen Weinproduzenten im Remstal und der Umgebung erwischt – etwa die Stadt Winnenden in ihrer Lage Himmelreich bei Hertmannsweiler. Ein herber Start für Stadtwengerter Achim Stilz, der im Frühjahr des vergangenen Jahres die Nachfolge von Gerhard Bischof angetreten hat, der die städtischen Weinberge seit deren Etablierung anno 1992 betreut hatte.

 

Ratssekt mit klassischer Flaschengärung

So war denn bei der Präsentation des neu in den Ausschank gekommenen Weinstädter Ratsschenk-Jahrgangs im Stadtwengerthäusle im Schnaiter Dachsrain zunächst besser der Rieslingsekt an der Reihe, dessen aktuell ausgeschenkte Version als Grundwein den Riesling Jahrgang 2019 hat. Degorgiert wurde er in diesem Jahr. Den Ausbau des Stadtsekts betreuen seit einigen Jahren die Weinstädter Weingüter Kiesel, Knauß und Klopfer – selbstverständlich mittels hochwertiger Flaschengärung.

Der neu ins Angebot der bei besonderen Anlässen ausgeschenkten Weine gerückte Spätburgunder des Jahrgangs 2022 hat ordentlich Frucht und Schmackes, schließlich hat er ein Jahr lang im Barriquefass geruht. Beim Riesling ist teils auch noch der 22er-Jahrgang mit im Angebot. Ein gradliniger, mit leichtem Schmelz versehener Wein mit angenehmer Frische.

Auch 2024 Probleme mit dem Trollinger

Achim Stilz hat die Präsentation der aktuellen Ratsschenke auch genutzt, um einen Überblick zum Stand der Dinge bei der laufenden Weinlese zu geben. Im Stadtwengert werden derzeit etwa 65 Ar bewirtschaftet. Gut die Hälfte davon ist mit Riesling bestockt, auf rund 15 Ar steht Trollinger, dazu kommt noch der Spätburgunder. Für die Lese im städtischen Wengert rechnet Stilz – ähnlich wie dies aus anderen Weinbergen in der Gegend berichtet wird – mit einem eher kleinen Ertrag. Allerdings werde dieser qualitativ gut ausfallen. Eine Einschränkung gibt es auch anno 2024 ausgerechnet wieder beim schwäbischen Nationalgetränk: „Beim Trollinger sieht es schlecht aus.“ So schlimm wie im Vorjahr werde es aber voraussichtlich nicht werden.

Was die Frostschäden aus dem Frühjahr angeht, sieht der Stadtwengerter vor allem den Riesling in den oberen Lagen des städtischen Weinbergs betroffen. In den unteren Lagen sehe es dagegen ganz gut aus. Aber die Einbuße in der Menge werde wohl doch recht beträchtlich sein. Positiv zu vermerken sei andererseits, dass es in den vergangenen Wochen im Remstal kühler geworden ist, davon profitierten die Trauben und letztlich auch die Aromastruktur der entstehenden Weine des Jahrgangs 2024. Die Lese des Spätburgunders, traditionell unter der Beteiligung von Gemeinderäten und weinaffinen Verwaltungsleuten, steht dieser Tage an. Beim Trollinger rechnet Achim Stilz mit Anfang Oktober.

Das Etikett ist von Künstlerhand

Weinstadts Oberbürgermeister Michael Scharmann weißt darauf hin, dass – wie es längst Tradition ist – auch der aktuelle Ratsschenk wieder ein von Künstlerhand gestaltetes Etikett trägt. Es stammt diesmal von Ingrid Pape, die in diesem Jahr ihre Kunstwerke im Rathaus in Beutelsbach ausgestellt hat.

Der neue Stadtwengerter in Weinstadt hat für die kommunalen Rebanlagen auch weitergehende Vorstellungen. Unter anderem hält er es für fast unumgänglich, zusätzlich zu den gewohnten Sorten auch neue, vor allem pilzwiderständige Sorten (Piwis) zu testen. Dazu will er ein Konzept entwickeln, das voraussichtlich im Frühjahr im Gemeinderat vorgestellt wird. Er sei prinzipiell offen für kleinere Veränderungen, signalisierte OB Scharmann beim Treffen am Stadtwengerthäusle. Allerdings sei zu bedenken, dass viele der älteren Bürger – denen der Ratsschenk geschenkt wird – doch teils sehr an den traditionellen Sorten hängen: „Da gibt es unterschiedliche Denkweisen.“

Im Stadtwengert sei derweil auch noch anderes zu tun, sagte Stilz. Denn unter anderem der sinnvolle Pflanzenschutz sei in den steilere Lagen nicht einfach – er erfordere viel Handarbeit. Vielleicht könnten da irgendwann zum Beispiel Drohnen helfen.

Der Ratsschenk in Weinstadt

Stadtwengert
 Keine echte Weinstadt ohne eigenen Weinberg: Im Jahr 1992 hat die Kommune die gut 60 Ar große Rebfläche im Gewann Dachsrain bei Schnait erworben. Sie wird im Stil eines traditionellen Mauerweinbergs vom Stadtwengerter bewirtschaftet und ist mit Riesling, Trollinger und Spätburgunder bestockt.

Stadtwein
 Die Trauben werden jährlich von Vertretern des Gemeinderats und der Stadtverwaltung gelesen und die Trauben zum Stadtwein „Ratsschenk“ ausgebaut. Dieser dient der Stadt Weinstadt als Repräsentationsgeschenk und wird bei besonderen Anlässen ausgeschenkt. Der jeweils neue Jahrgang des Ratsschenks wird im Rahmen des Ratstrunks präsentiert.