Die fünf Winzer der Vereinigung „Junges Schwaben“ präsentieren im Römerkastell ihre neuen Weine.

Stuttgart - Jochen Beurer kann noch so oft darauf hinweisen, dass er nicht zu den Jungen Schwaben gehört, sondern dass er zu „Junges Schwaben“ gehört. Das sei durchaus ein Unterschied. „Ganz so jung bin ich nämlich nicht mehr. Nächste Woche werde ich 40, ab dann zwickt’s im Rücken.“ Egal: die Hauptsache für Jochen Beurer und seine vier württembergischen Winzerfreunde um die 40 ist, dass über ihre Weine gesprochen wird – beziehungsweise natürlich, dass sie getrunken werden. Und das war am Sonntag der Fall.

 

Jedes Jahr im Januar präsentieren die fünf Winzer ihre Weine, und das ist schon längst kein Geheimtipp mehr. Deshalb war die Verkostung zum ersten Mal im weitläufigen Römerkastell in Bad Cannstatt. Die fünf sind Jochen Beurer aus Kernen-Stetten (seine Spezialität ist der Riesling), Hans Hengerer aus Heilbronn (Spätburgunder), Jürgen Zipf aus Löwenstein (Cuvée), Rainer Wachtstetter aus Pfaffenhofen (Lemberger) und Sven Ellwanger aus Weinstadt-Großheppach (Sauvignon blanc).

Vor elf Jahren hatten sie auf einem Weinausflug im Burgenland die Idee, sich zusammenzuschließen. „Wir haben gemerkt, dass man viel weiter kommt, wenn man sich gegenseitig ehrlich die Meinung über die Weine sagt. Wir haben die Scheuklappen abgelegt und sind keine Konkurrenten, sondern helfen uns gegenseitig“, sagt Rainer Wachtstetter, der wie die anderen vier aus Winzerfamilien stammt. Ein Grund, warum sie sich zu Junges Schwaben zusammengeschlossen haben, ist die Tatsache, dass „heutzutage keiner mehr bei nur einem Weingut einkauft“, sagt Beurer. Etwa einmal im Monat treffen sich die fünf, um sich gemeinsam über ihre Weine auszutauschen. Das Konzept geht auf: Nach Rainer Wachtstetter sind nun auch Hans Hengerer und Jochen Beurer in den Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) aufgenommen worden (als Württemberger neu im VDP ist außerdem Markus Heid aus dem Rems-Murr-Kreis).

Keine guten Erinnerungen an die Weine aus der Jugendzeit

Für die Präsentation im Römerkastell hat jeder seine Kundenkartei geöffnet, herausgekommen sind knapp 10.000 Einladungen. Gekommen ist ein sehr kundiges Publikum, wie Jochen Beurer sagt. Deshalb stehen überall Wasserflaschen, Brotkörbchen und Behälter zum Ausspucken.

Als professionelle Amateure bezeichnet Hans Dressner sich und seine zwei Freunde, die aus Bondorf nach Stuttgart gekommen sind. „Als Weintrinker aus der Region muss man diese Veranstaltung mitnehmen“, sagt Dressner, der sich immer wieder Notizen macht und am liebsten Riesling trinkt. „Die württembergischen Weine haben einen riesigen Sprung nach vorne gemacht“, so Dressner, der sich nicht gern an die Weine aus seiner Jugend erinnert.

Als großer Fan von „Junges Schwaben“ bezeichnet sich auch Evangelos Pattas, der Sommelier und Inhaber des Restaurants Délice in Stuttgart. „Die Weine sind der Beweis, dass man zusammen viel erreichen kann – gerade in dem nicht einfachen Bereich der Winzer.“ Pattas hat gestern Mittag zwei Weinseminare gehalten, in denen er über seine ganz persönlichen Geschmackserlebnisse und Ansichten sprach.

„Deutschland gehört zu den besten fünf Weinländern Europas“

Auf Anhieb würden ihm zwanzig württembergische Winzer einfallen, die international eine Chance hätten, sagt Pattas. „Und einige Weine von ,Junges Schwaben’ konkurrieren auf jeden Fall mit der Spitze in Baden-Württemberg.“ Das aber hätten viele Menschen noch nicht erkannt. Immerhin würden die Gastronomen nach und nach württembergische Weine auf ihre Karten setzen. Selbst für die Franzosen würde es sich inzwischen lohnen, über die Grenze zu schauen und ihre Weinkarten internationaler zu gestalten, so der Sommelier. Selten schaffen es ausländische Weine in französische Lokale – hier geht es um den Nationalstolz. „Dabei“, so Evangelos Pattas, „gehört Deutschland zu den fünf besten Weinländern in Europa.“