Die Gemeinde hat ihr Veto gegen eine geplante Reha-Einrichtung auf dem früheren Gelände der Rombold-Tonwarenfabrik in Unterweissach eingelegt, das jetzt städtebaulich erschlossen werden soll.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Weissach im Tal - Die Suchthilfe-Einrichtung Four Steps und ihr Träger, der Verein für Jugendhilfe Böblingen, haben am Donnerstag einen Dämpfer erhalten: Die Gemeinde Weissach hat ihr Einvernehmen zu einer Bauvoranfrage für eine Reha-Einrichtung nicht erteilt. Die Stadträte bestätigten damit das Veto, das der Bürgermeister Ian Schölzel bereits eingelegt hatte – als Eilentscheidung, denn der Zeitdruck in der Sache ist groß und die geplante Reha-Einrichtung umstritten. Das Votum fiel nicht einstimmig aus: Es gab eine Enthaltung und vier Stimmen zugunsten des Projekts.

 

Unterschriften gegen das Projekt

Der Plan von Four Steps, auf dem früheren Rombold-Areal ein Rehazentrum für mehr als 50 Suchtkranke zu errichten, war im Ort auf wenig Gegenliebe gestoßen. Eine Unterschriftensammlung hatte sich gegen das Projekt gerichtet – unter anderem die Nähe zu einer Brauerei und zu Schulen schmeckte vielen nicht. Einer der Sprecher der Projektkritiker ist Jens Steinat. Er wohnt in Unterweissach, hat eine Arztpraxis in Oppenweiler und findet: „Wir brauchen Einrichtungen zur Suchttherapie dringend – aber von einem Träger, der mit offenen Karten spielt.“ Und das vermisse er bei Four Steps: „Es gibt viele Menschen im Ort, die Ängste haben – manche davon auch unbegründet.“ Doch Four Steps habe versäumt, sie ihnen zu nehmen, und kommuniziere beschönigende Zahlen: „Die Leiterin spricht zum Beispiel von einer Rückfallquote von 27 Prozent. Sie verschweigt dabei aber, dass das für die Patienten gilt, die die Therapie abgeschlossen haben. Bis zu 49 Prozent der Suchtkranken brechen die Therapie ab.“ Die Einrichtung zeige im Vorgehen in Weissach wenig partnerschaftliches Verhalten und habe bei der Infoveranstaltung kein nachvollziehbares Konzept vorstellen können.

Dass die Wogen bei dem Thema hochschlagen, hatte auch der Besucheransturm gezeigt, den neulich ein Infoabend zu dem Vorhaben ausgelöst hat. Rund 450 Zuhörer kamen, um sich die Hintergründe der geplanten Reha-Einrichtung anzuhören – viele davon auch, um ihre Ablehnung des Projekts kundzutun. „Nicht alle Befürworter und Gegner des Projekts schaffen es, bei dem Thema sachlich zu bleiben. Aber egal wie groß manche Ängste sein mögen, sollte man sich bemühen, diese Befürchtungen auszuräumen“, findet Jens Steinat.

Für die Gemeinderäte und die Verwaltung von Weissach hat die Ablehnung des Rehazentrums – zumindest offiziell – baurechtliche Gründe. „Es deckt sich nicht mit der Intention des Bebauungsplans, der auf Grundlage großer Bürgerbeteiligung auf den Weg gebracht wurde“, sagte der Bürgermeister Schölzel. Das umstrittene Baugrundstück liegt in einem ausgewiesenen Gewerbegebiet – einer der Gründe, warum zwei von der Gemeinde hinzugezogene Rechtsgutachter das Rehazentrum, in dem Suchtkranke auch wohnen sollen, dort für „von vornherein unzulässig“ halten.

Bürgermeister: Zeitdruck aufgebaut

Schölzel beklagt sich, durch die Bauvoranfrage sei „extremer zeitlicher Druck aufgebaut“ worden. Seiner Bitte, die Anfrage ruhen zu lassen, um in Ruhe abwägen zu können, hatte der Verein nicht entsprochen. Der medizinische Leiter von Four Steps hatte sich bei dem Infoabend ausdrücklich für die Vorgehensweise des Vereins entschuldigt. Doch der Jugendhilfeverein steht selbst unter Zeitdruck. Er muss bis Ende des Jahres der Rentenversicherung nachweisen, dass er deren Vorschriften einhalten kann und einen Bauplatz gefunden hat. Weil die bisherigen Einrichtungen nicht der Heimbauverordnung entsprechen, gilt dort ein Aufnahmestopp.

Der Ball liegt nun bei der Baurechtsbehörde in Backnang. Falls diese dem Rehazentrum doch zustimmt, erwägt die Gemeinde eine Veränderungssperre. Schon in Schorndorf war ein Bauvorhaben von Four Steps an einer solchen gescheitert.

Egal wie der Streit um die Reha-Einrichtung ausgeht: Das Verhältnis zwischen der Gemeinde Weissach und dem Investor auf dem Rombold-Areal, der Firmengruppe Krause, ist inzwischen belastet. Das räumt auch der Bürgermeister Ian Schölzel ein. „Ich denke aber, dass beide Seiten professionell damit umgehen können.“ Schließlich stehe das Gesamtprojekt, die Wiederbelebung des Rombold-Areals, im Vordergrund. „Und das läuft im Prinzip doch sehr gut, für alle Gewerbeflächen gibt es schon Interessenten.“