Daniel Rutz bewältigt seinen Arbeitsalltag in Höfingen und sein Freizeitleben in Ditzingen sehr souverän. Er hat eine genetische Besonderheit: Trisomie 21.

Wie viele andere Menschen fährt Daniel Rutz jeden Morgen mit der S-Bahn zur Arbeit, von Ditzingen nach Höfingen. Er marschiert zu Fuß ins Gewerbegebiet zu seinem Arbeitsplatz in der Röntgenstraße. Dort montiert er Kleinteile für die Porsche-Produktion, ein Job, den er gern macht, wie er betont.

 

Ein paar Tage im Monat steuert der 34-Jährige die Kfz-Zulassungsstelle in Leonberg an, wo er Auto- und Motorradschilder herstellt. „Die Abwechslung tut mir gut“, sagt er. Daniel Rutz hat Trisomie 21, bekannt als Down-Syndrom, nach dem britischen Arzt John Langdon Down. Jedes Jahr am 21. März, also an diesem Montag, soll ein Aktionstag mehr Bewusstsein für die genetische Besonderheit schaffen.

Auswirkungen auf körperliche und geistige Entwicklung

Mit Trisomie 21 wird eine Anomalie in den Erbanlagen bezeichnet, bei der das 21. von insgesamt 46 Chromosomen dreimal anstatt zweimal vorhanden ist. Dies hat unterschiedliche Auswirkungen auf die körperliche und geistige Entwicklung. Auch am Welt-Down-Syndrom-Tag wird Daniel Rutz in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung seinen Arbeitsalltag bewältigen – möglichst selbstständig und allein, betont er.

Früher war er in einer Gruppe von Werkstattbeschäftigten einige Jahre direkt bei der Firma Porsche in Sachsenheim tätig. „Unsere Werkstätten haben den Auftrag, die Beschäftigten nach Möglichkeit in den regulären Arbeitsmarkt zu vermitteln, wenn wir dafür Potenziale sehen“, erklärt Jutta Baten vom Diakonischen Unternehmensverbund Atrio Leonberg. In Höfingen arbeitet Daniel Rutz mit 60 Kollegen zusammen.

Umfangreiche Ausbildung absolviert

In Leonberg hat er die Haldenwangschule besucht. Mit 18 Jahren wollte er dann aber unbedingt arbeiten, erzählt er. Man habe ihn überreden müssen, das Schuljahr noch zu Ende zu machen, ergänzt Jutta Baten. Sein Gruppenleiter in der Werkstatt, Arthur Schenker, bescheinigt Daniel Rutz eine große Zielstrebigkeit. Nach dem Schulabschluss absolvierte der junge Mann bei Atrio Leonberg ein dreimonatiges Eingangsverfahren, bei dem nach Stärken und Zielen gesucht wurde.

Drei Jahre qualifizierte er sich im Berufsbildungsbereich für das Arbeitsleben, absolvierte Praktika und schnupperte in verschiedene Tätigkeiten hinein. Für seine Aufgaben in der Kfz-Zulassungsstelle absolvierte er eine Fortbildung, bei der er im Umgang mit der Kundschaft geschult wurde. „Viele Kunden sind freundlich“, sagt er, „aber manche ungeduldig und unfreundlich.“ Das mache ihn sehr traurig.

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Doch die Arbeit ist nur das halbe Leben. Daniel Rutz lebt mitten in Ditzingen, im Kastanienhof, in einer Wohngemeinschaft mit vier anderen. Das „Wohnen mit Assistenz“ ist ebenfalls ein Angebot von Atrio Leonberg. Dabei hat ein selbstbestimmtes Leben einen hohen Stellenwert. Die Besuchsassistentin Lola Ramirez-Bayo hilft zwar mit einem Wochenplan bei der Organisation alltäglicher Aufgaben wie Waschen, Putzen, Einkaufen. Wann was erledigt wird, entscheidet Daniel Rutz aber selbst. „Ich gehe alleine zum Einkaufen“, sagt er. Mittags gibt es in der Werkstatt eine Mahlzeit, abends und am Wochenende ist Selbstverpflegung angesagt.

Viele Interessen und Aktivitäten neben dem Job

In der Freizeit geht die Gruppe manchmal in die Bibliothek, wo man sich gegenseitig Bücher in leichter Sprache vorliest. Mal geht der 34-Jährige aber auch alleine dorthin, um sich CDs und Computerspiele auszusuchen. Mitarbeitende des familienentlastenden Dienstes laden Menschen mit Behinderung zu Freizeitaktivitäten ein, ein Angebot, das auch Daniel Rutz gerne annimmt. So erzählt er begeistert von einem Besuch im Polizeimuseum. Die Musik ist ebenfalls sein Ding, nicht nur, dass er selbst gerne singt, wie er mit einem Lachen erzählt. Besonders gern mag er die Guggenmusik.

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Häufig verbringt der 34-Jährige die Wochenenden bei seinen Eltern in Ludwigsburg. Vor Kurzem hat er einen Helm bekommen, damit er mit seinem Vater auf dem Motorroller mitfahren kann. „Meine Eltern sind ganz wichtig, sie tun viel für mich“, sagt er. Dann wird er ernst: „Aber was mache ich, wenn meine Eltern einmal sterben? Dann bin ich allein. Ich habe noch meine Schwester, aber die hat eine eigene Familie.“ Sein großer Wunsch: eine Freundin zu haben. Dann zitiert er die Worte, die seine Mutter oft zu ihm sage: „Sei stolz auf dich, deine Krankheit wird immer bleiben, aber sei trotzdem stolz auf dich.“