Die Gewerkschaft Verdi befürchtet einen Kahlschlag bei den Arbeitsplätzen der von der katholischen Kirche getragenen Verlagsgruppe Weltbild. In Augsburg haben Beschäftigte gegen den geplanten Stellenabbau protestiert.

Stuttgart - Deutsche Bischofssitze ziehen dieser Tage nicht nur in Limburg einigen Zorn auf sich. In Augsburg haben am Samstag 150 Beschäftigte gegen den geplanten Stellenabbau der Verlagsgruppe Weltbild protestiert, die 6800 Mitarbeiter beschäftigt. Unter dem Motto „Weltbild verliert sein Gesicht“ gingen Mitarbeiter der von der katholischen Kirche getragenen Verlagsgruppe auf die Straße.

 

Schwarz gekleidet und mit schwarzer Pappe vorm Gesicht zogen sie in einem „Trauermarsch“ von der Weltbild-Filiale zum Augsburger Bischofssitz. Auf Schildern waren Sprüche wie „Weltbild lässt Köpfe rollen, die Kirche den Rubel!“ zu lesen. „Wir müssen dem geplanten Kahlschlag mit allen Mitteln entgegentreten“, ist die Parole, die Timm Boßmann von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi als Parole ausgibt. Die Insolvenzgefahr für Weltbild sei zwar mittlerweile gebannt, aber der Umfang des drohenden Stellenabbaus ist nach Einschätzung des Gewerkschafters mittlerweile nach oben offen. Die jüngste Ankündigung von Weltbild-Chef Carel Halff, den Kundendienst ab Februar 2014 von einem externen Dienstleister erledigen zu lassen und dadurch 140 Stellen abzubauen, sei nur ein Anfang, befürchten Boßmann und die Betriebsräte.

Intern habe Weltbild-Chef Halff schon angekündigt, auch das Kataloggeschäft „zurückzuschneiden“. Dadurch seien weitere 150 bis 200 Stellen bedroht, schätzen Mitarbeiter. Weit schlimmer könnte es bei den Filialen kommen, in denen mit rund 4500 Beschäftigten das Gros der Belegschaft arbeitet. Es gebe Pläne, jede zweite der heute noch rund 200 Weltbild-Filialen zu schließen. Dadurch sei eine vierstellige Anzahl an Arbeitsplätzen bedroht. Die Verlagsgruppe Weltbild äußert sich zu einem solchen Szenario bislang nicht. „Der Umbau zu einem Online- und Digitalunternehmen erfordert harte und schmerzhafte Maßnahmen“, beteuert Halff lediglich. Absehbare Verluste ungenannter Höhe in diesem und dem nächsten Jahr zwängen zur Zukunftssicherung und dazu, den Kundendienst zu schließen.

Betriebsrat sieht beide Seiten auf Auseinandersetzung zusteuern

Dabei geht die Verlagsgruppe, die zwölf katholischen Bistümern, dem Verband der Diözesen Deutschlands und der Katholischen Soldatenseelsorge Berlin gehört, allerdings recht brachial vor. Von einem Arbeitsrichter will Halff das Scheitern von Verhandlungen über einen Interessenausgleich bestätigen lassen, um die Stellen rasch abbauen und die Kosten schnell senken zu können.

„Dass die Geschäftsführung jetzt juristisch gegen den Betriebsrat vorgeht, ist ein Novum in der über 20-jährigen Geschichte betrieblicher Mitbestimmung bei Weltbild“, kritisiert der Gewerkschafter Boßmann. Halff habe die Verhandlungen mit Verdi und dem Betriebsrat für gescheitert erklärt, bevor sie begonnen hatten. Boßmann befürchtet, dass mit ähnlichen Methoden auch der noch anstehende Stellenabbau durchgedrückt werden soll.

Auch Weltbild-Betriebsratschef Peter Fitz sieht Personal und Management auf eine stürmische Auseinandersetzung zusteuern. Falsche Entscheidungen des Managements und veränderte Marktbedingungen weg vom Filial- und hin zum Internetgeschäft hätten die krichlichen Eigner nervös gemacht. Nun würden überstürzt und ohne Prüfung von Alternativen viele Arbeitsplätze und zentrale Abteilungen geopfert. Die jüngste Zusage des Bistums Augsburg, 15 Millionen Euro zur Weltbild-Sanierung beisteuern zu wollen, hat das Personal nicht sonderlich beruhigt, denn die Summe wird nur unter dem Vorbehalt fließen, dass sich auch die anderen elf Bistümer und kreditgebende Banken finanziell beteiligen.

Dazu ist bislang außer dem Bistum Augsburg, das 11,7 Prozent an Weltbild hält, nur das Bistum München-Freising bereit, ohne aber eine Summe zu nennen. Insgesamt wird der Finanzbedarf von Weltbild auf bis zu 100 Millionen Euro geschätzt. Die Sanierung werde teuerer als einmal gedacht und durch aktuelle Umsatzrückgänge von 20 bis 30 Prozent erschwert, sagt ein Insider.