Die Pandemie hat die Blutspendedienste kurzzeitig aus der Bahn geworfen. Auch wenn inzwischen alles wieder geordnet abläuft, hat sich manches bleibend verändert.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Filder - Die Coronapandemie hat die Blutspendedienste völlig überrumpelt, erzählt Daniel Schnell. „Wir sind von heute auf morgen überfahren worden“, sagt der 42-Jährige, der die Spende-Aktionen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) rund um Stuttgart, Esslingen und Göppingen koordiniert. Denn mit dem ersten Lockdown im März 2020 wurden in den Krankenhäusern alle nicht unmittelbar nötigen Operationen abgesagt. In der Folge blieben die Blutspendedienste auf ihren Konserven sitzen.

 

Dass viel Spenderblut im Müll landete, ist für Daniel Schnell immer noch unfassbar. „Das war, wie wenn plötzlich niemand mehr Yoghurt kauft, aber die Milch ist da“, sagt er. Ebenso problematisch sei es dann im Juni gewesen, als der Gesundheitsminister „von heute auf morgen“ die medizinische Versorgung wieder hochgefahren habe. Kurzfristig sei es da zu Lieferproblemen von Blutkonserven gekommen, „denn man kann nicht einfach einen Hahn aufdrehen“. Der Blutspendedienst habe dann auf allen Kanälen Werbung geschaltet und so den Engpass, so gut es ging, abgefangen.

Neue Abläufe bringen Vorteile

Das soll so nicht mehr passieren. „Wir planen auf Sicht. Wir können schnell runterfahren oder aufstocken“, sagt Daniel Schnell. Das liegt vor allem an der Terminvergabe, die flächendeckend eingeführt wurde. Während die Spendewilligen früher einfach vorbeikommen konnten, müssen sie sich nun vorab anmelden. Das geht entweder am Telefon über die Nummer 0 800/11 949 11, über die Homepage www.blutspende.de oder über die Blutspende-App. So wird sichergestellt, dass nicht zu viele Menschen auf einmal kommen und Abstände eingehalten werden können. Daniel Schnell sieht darin einen großen Vorteil. „Das 17-Uhr-Chaos von früher gibt es nicht mehr. Es läuft ohne Wartezeit. Allerspätestens nach 35 Minuten sind die Spender wieder draußen.“ Leider ohne den Imbiss, der früher in geselliger Runde eingenommen werden konnte. Dafür gebe es vielerorts ein Vesperpaket mit auf den Weg.

Schnell ist sich sicher, dass die Terminvergabe auch in der Zeit nach Corona beibehalten wird. Denn der Blutspendedienst habe dadurch mehr Planungssicherheit. Früher habe man nie gewusst, wie viele Spender vorbeikommen. Jetzt könne man den Kliniken klare Zusagen machen, wie viel „Rohstoff“ geliefert werde.

Das Spenderklientel hat sich gewandelt

In der Zwischenzeit läuft das Blutspenden wieder in geordneten Bahnen ab. Der Blutbedarf sei normal, und auch die Zahl der Spender sei gut. „Wir haben keinen Mangel“, sagt Schnell. Was sich aber verändert habe, sei das Spenderklientel. Mittlerweile kämen viele 40- und 50-Jährige und nur wenige über 60-Jährige. „Vielleicht hat sie Corona verscheucht oder die digitale Welt“, sagt Schnell. Auffallend sei die hohe Anzahl an Erstspendern gewesen. Schnell vermutet, dass in der ersten Coronawelle manch einer das Bedürfnis verspürt habe, etwas Gutes zu tun.

Als neues Phänomen bezeichnet Schnell den Umstand, dass es nun deutlich weniger Rückstellungen gebe. Früher seien bis zu 15 Prozent der Spender unverrichteter Dinge wieder nach Hause geschickt worden, da im Arztgespräch festgestellt wurde, dass ein Infekt noch nicht ganz abgeklungen ist, Antibiotika eingenommen wird oder andere Vorerkrankungen vorliegen, die eine Spende ausschließen. Das gebe es inzwischen kaum noch. „Scheinbar denken die Menschen jetzt deutlich mehr über ihre Gesundheit nach“, vermutet Schnell.

Corona wird nicht im Blut übertragen

Das Blutspenden aufgrund von Corona einzustellen, sei zum Glück nie im Raum gestanden, betont der 42-Jährige. Moderne Medizin sei ohne Blutkonserven nicht denkbar: „Dann wären wir wieder in der Steinzeit, dann geht nichts mehr.“ Glücklicherweise gehen Experten davon aus, dass sich das Coronavirus bei symptomfreien Menschen nicht über das Blut übertragen lasse. „Corona ist keine Blutkrankheit“, sagt Schnell. Blutspenden werden daher nicht auf das Coronavirus untersucht. Bei Spendern wird trotzdem vorab Temperatur gemessen und mögliche Symptome werden abgefragt. Hundertprozentige Sicherheit könne es natürlich nie geben, denn „anlügen kann man uns immer“.

Daniel Schnell hofft nun, dass die große Spendenbereitschaft auch dann anhält, wenn das normale Leben nach und nach wieder anläuft. „Ich habe ein bisschen die Sorge, dass wir die Verlierer sind, wenn die Bars und Clubs aufmachen. Denn lange waren wir die einzige Party.“

Nächste Termine

Spendewillige können sich anmelden für Dienstag, 15. Juni, zwischen 14.30 und 19.30 Uhr in der Turn- und Versammlungshalle, Paracelsusstraße 44, in Plieningen oder am Donnerstag, 24. Juni, von 15.30 bis 19.30 Uhr in der Festhalle, Jahnstraße 60 A, in Stetten.