Weltfrauentag Die Erziehung zum Frieden

Ruth Erhardt hat Anfang der Fünfziger als Trümmerfrau beim Wiederaufbau von Berlin geholfen. Ihre Konsequenz: nie wieder Krieg. Dafür hat sie sich auch zu DDR-Zeiten einzusetzen versucht. Zum Weltfrauentag erzählt die 83-Jährige aus ihrem Leben.
Berlin - Ruth Erhardt (83) kam als junge Frau zu einem Ostberliner Jugendbuchverlag. Zuzupacken für das Gemeinwohl lernte sie auf der Straße: beim Wegräumen der Schuttberge. Sie hat viel zu erzählen. Wir haben ihr zugehört:
„Es war 1950, ich hatte mich als Neunzehnjährige bei einem Verlag beworben und wurde zum Vorstellungsgespräch geladen. Meine Mutter weinte beim Abschied: unser Mädchen – vom Harz ins sündige Berlin! Aber bei meiner Ankunft in der Metropole schien mir die Stadt mit ,sündig’ nicht das Geringste zu tun zu haben. Vom Bahnhof Zoo bin ich in die U-Bahn nach Berlin-Mitte gestiegen. Es war ein Schock, durch Straßen zu fahren, in denen kaum mehr ein Haus stand. Diese Trümmerberge zu sehen, fünf, sechs Meter hoch, sich klar zu machen: darunter sind überall Menschen begraben.
Als junges Mädchen hatte ich oft hinter unserem Haus im Garten gelegen und die Wolken am Himmel betrachtet. Jetzt, da mein Hirn verzweifelt versuchte, das Wahrgenommene einzuordnen, fiel mir das ein. Wie Wolken, so kamen die Schuttberge mir vor. Vielleicht auch, weil sie so endlos wirkten. Die ganze Stadt: in meinen Augen ein Wolkenmeer. Eine Gebirgslandschaft, so würde ich es heute sehen. Aber die Alpen kannte ich damals noch nicht.
Im Kleid aufs Trümmerfeld? Wie ungeschickt!
Herzenswünsche – und mein Herzenswunsch war, das Schreiben zum Beruf zu machen – werden relativ, wenn man sich in so einer Situation wiederfindet. Ich konnte als Lektorin anfangen, aber wie mit einem Tunnelblick nur das dreistöckige Verlagsgebäude zu sehen, das als einziges in der ganzen Straße stehen geblieben war, das hätte ich grotesk gefunden. Wie dann dieser Hammer in meine Hand gekommen ist, weiß ich nicht mehr. Aber ich weiß noch, wie ich dachte: im Kleid immer wieder auf den Lkw rauf und runter, das ist ungeschickt. Ich bin in ein Sportgeschäft, um mir einen Trainingsanzug zu kaufen. Der bekam einen festen Platz in einer Schublade im Verlag. Und drei Jahre lang gab es kaum einen Tag, auch kaum ein Wochenende, an dem ich nicht weiter auf einem Trümmerfeld aktiv gewesen wäre.
Für den Abtransport wurden Schienen gelegt, auf denen Loren fuhren – kleine Wagen, wie man sie sonst im Bergwerk hat. Die Loren wurden mit Schutt beladen und entweder in die Spree gekippt oder zu großen freien Flächen gefahren, in denen im Laufe der Zeit enorme Trümmerberge entstanden: Berlin-Friedrichshain, der Brenner-Berg in Pankow . . .
Schuften bis die Hände und Muskeln schmerzen
Wir schlugen den Mörtel mit dem Hammer von den Ziegelsteinen ab, damit diese wiederverwendet werden konnten. Im Sommer band ich mir gegen den Staub Tücher vor den Mund, bei Regen wateten wir durch Schlick. Nur bei extremem Frost setzten wir aus. Natürlich war man erledigt, wenn man vom Einsatz kam. Die Handgelenke schmerzten, Muskelkater hatte ich, Schwielen an den Händen, blaue Flecke, wenn der Hammer daneben traf. Aber tief drinnen, da fühlte ich so was wie eine Pflicht. Einmal bekam ich eine Urkunde und eine Theaterkarte für meinen Einsatz.
Andererseits machte die bittere Armut das irgendwie auch nachvollziehbar. Wenn ich nach einem Wacheinsatz am anderen Morgen ins Büro bin, war ich bleiern müde. Aber so manches hat sich, vor allem mit etwas Abstand, relativiert. Ich war jung, mein Körper hatte Reserven. Viele der Trümmerfrauen waren fünfzig – wie viele, das hat man später bei den Ehrungen gesehen. Und man hat gesehen, wie sie sich den Rücken kaputt gemacht haben. Für die Stadt, das Land, dafür, dass das Leben weiterging.
Unsere Empfehlung für Sie

Mitfahrgelegenheiten in der Coronakrise Kaum Kontrolle bei Fahrgemeinschaften
Abstand halten – das ist nicht nur empfohlen, sondern gesetzlich geboten. Bei den Verabredungen von Fahrgemeinschaften gibt es aber kaum Kontrollen. Das wird auch ausgenutzt, um schnelles Geld zu verdienen. Anbieter und Behörden wissen davon, können aber nur wenig tun.

Razzia Berlin verbietet radikal-islamistische Vereinigung
Die Polizei in Berlin und Brandenburg durchsucht am Morgen zahlreiche Wohnungen. Dabei geht es um eine radikal-islamistische Vereinigung, die verboten wurde. Hunderte Polizisten sind im Einsatz.

Der Bachelor 2021 Die One-Man-Show der Linda Nobat
In der sechsten Bachelor-Folge wird es tierisch: Es geht um Katzen, einen Beagle und darum, dass Stephie einen Vogel hat – zumindest, wenn es nach ihrer Mutter geht. Während die eine Kandidatin in einer Kutsche zum Date fährt, geht eine andere den Zuschauern tierisch auf die Nerven.

Coronavirus Frankreich verschärft Einreiseregeln an Grenze zu Deutschland
Im Département Moselle an der Grenze zum Saarland und zu Rheinland-Pfalz breitet sich die südafrikanische Corona-Variante stark aus. Nicht-berufliche Fahrten in das Gebiet sind bald nur noch mit PCR-Test möglich.

Weitergabe von Bundestagsgrundrissen Deutscher wegen mutmaßlicher Spionagetätigkeit für Russland angeklagt
Ein Mitarbeiter einer für das Parlament tätigen Firma soll Dateien mit Grundrissen an einen Geheimdienstmitarbeiter in der russischen Botschaft in Berlin übergeben haben. Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen ihn erhoben.

Coronavirus in den USA US-Wissenschaftler besorgt über Corona-Variante inKalifornien
Die Variante sei auch schon in anderen US-Bundesstaaten und Ländern weltweit entdeckt worden, habe sich aber nach bisherigen Erkenntnissen bislang vor allem in Kalifornien ausgebreitet.