Manuel Neuer ist nach seinem dritten Platz bei der Wahl zum Weltfußballer 2014 nicht enttäuscht: Keiner müsse glauben, sagte er, dass er geknickt sei. „Jeder fragt doch nach einem Fußballspiel zuerst: Wer hat die Tore geschossen? Und nicht: war der Torwart gut?“

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Zürich - Auf dem roten Teppich vor dem Kongresshaus in Zürich wäre Manuel Neuer keineswegs als blinder Passagier durchgegangen. Denn auch der stets gut gelaunte Torhüter des FC Bayern München hatte im Spalier der Fans etliche Foto- und Autogrammwünsche zu erfüllen. Als aber nach ihm die Konkurrenz im Endkampf um den „Ballon d’Or“, den goldenen Ball für den Weltfußballer des Jahres, anrückte – Lionel Messi kam mit seiner hübschen Partnerin Antonella Roccuzzo im Arm, Cristiano Ronaldo erschien mit zwei Brillanten im Ohr –, da war der Kreischfaktor auf dem Red Carpet um etliche Fonstärken höher. Schließlich sind Messi (vier Siege) und Ronaldo (nun drei Erfolge) Dauergäste beim „Ballon d’Or“, zwei Weltstars und zwei millionenschwere Werbeikonen.

 

„Für Manuel ist es schon ein Riesenerfolg, in einem Atemzug mit den beiden genannt zu werden“, fasste Ottmar Hitzfeld, der nach der WM zurückgetretene Nationaltrainer der Schweiz, die Lage nach der Verleihung am Zürichsee gewohnt sachlich zusammen. Immerhin

hatte sich Neuer gegen die beiden Weltmarken des Fußballs sehr achtbar geschlagen: Hinter dem eindeutigen Sieger Cristiano Ronaldo, der 37 Prozent der insgesamt 627 Stimmen der Fachjury aus Spielern, Trainern und Journalisten auf sich vereinte, musste der Weltmeister (15,72 Prozent) dem argentinischen Barca-Phänomen Lionel Messi (15,76) nur hauchdünn als Zweitem den Vortritt lassen.

Beim Defilee vor der Weltpresse nahm Neuer die Ergebnisse der Wahl daher sehr gelassen auf. Keiner müsse glauben, sagte der 28-Jährige, dass er nun irgendwie geknickt sei – im Gegenteil: „Jeder fragt doch nach einem Fußballspiel zuerst: Wer hat die Tore geschossen? Und nicht: war der Torwart gut?“, erklärte der Bayern-Schlussmann seinen Standortnachteil gegenüber den beiden Kanonieren des Weltfußballs: „Und das wird sich auch niemals ändern.“

Hat eine Nummer eins im Ringen um den Titel des Weltfußballers also generell gar keine Chance, lassen sich die Positionen überhaupt vergleichen?

Bei bisher 24 Wahlen seit dem ersten Sieg durch Lothar Matthäus 1991 haben sich immerhin 23 Offensivspieler und erst ein Abwehrmann (Fabio Cannavaro) durchgesetzt. „Torhüter werden es immer sehr schwer haben, denn beim Fußball geht es nun mal in erster Linie um Tore“, sagte der Bundestrainer Joachim Löw.

Zudem sind Spieler aus der Bundesliga oder der englischen Premier League beim „Ballon d’Or“ offenbar klar im Nachteil: Denn 15 Mal stellte bisher die spanische Primera Division den Weltfußballer, achtmal kam er aus der italienischen Serie A, die noch in den

Neunzigern den Ton angab. Die einzige Ausnahme war 2009 Cristiano Ronaldo im Dress von Manchester United. Zu einem Zeitpunkt allerdings, als sich der Portugiese bereits mit den Königlichen aus Madrid einig war. Weil die beiden eifrigsten Goalgetter unserer Zeit auch die wichtigsten Werbegesichter für Adidas (Messi) und Nike (Ronaldo) sind, hat Zürich wohl nicht den letzten Wettstreit der beiden erlebt. Mit einer Million verkaufter Trikots schlug Ronaldo zuletzt gar den gesamten FC Bayern (880 000 Trikots) im Alleingang.

„Wenn ich auch noch gewonnen hätte, wäre das ja fast unhöflich gewesen“, scherzte Manuel Neuer, der es mit Toni Kroos und Philipp Lahm auch in die Fifa-Weltauswahl geschafft hatte. Immerhin wurden die restlichen drei der vier Hauptkategorien mit deutschen Siegern bestückt: So wurden Joachim Löw und der Wolfsburger Tripelsieger Ralf Kellermann als Welttrainer des Jahres bei den Männern und Frauen geehrt. Als Nachfolgerin von Nadine Angerer sicherte sich zudem die Wolfsburger Spielführerin Nadine Keßler die goldene Trophäe als Weltfußballerin des Jahres 2014.

„Mein Herz schlägt bis zum Hals. Ich hätte nie geglaubt, dass ich gewinne“, sagte Nadine Keßler, die nun ihre Knieverletzung auskurieren und dann mit der Nationalelf im Juni bei der WM in Kanada auf Titeljagd gehen will. Wie ihr ebenfalls siegreicher Vereinstrainer Kellermann wollte die 26-jährige Keßler, die Marta (Brasilien) und Abby Wambach (USA) auf die Plätze verwies, aber nicht ausgelassen feiern. „Die Tragödie um Junior Malanda hat uns zutiefst erschüttert“, erinnerte Keßler an ihren bei einem Autounfall verstorbenen Vereinskollegen.

Joachim Löw, der seine Trophäe beim Deutschen Fußball-Bund ausstellen will („Dieser Erfolg gehört allen Trainern“), plante derweil gemeinsam mit seinem Torhüter Manuel Neuer, der sich am Dienstagmorgen per Privatjet ins Bayern-Trainingslager nach Doha aufmachte, die Zukunft: „Die Spanier haben es uns mit drei Titeln in Serie vorgemacht“, sagte Löw mit Blick auf die EM 2016 in Frankreich: „Das ist ein große Herausforderung.“