Bei der Weltklimakonferenz COP29 haben viele Staatschefs abgesagt. Zum Glück wirken manche deutsche Städte ehrgeiziger als Olaf Scholz & Co, kommentiert unsere Autorin Julia Bosch.
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, US-Präsident Joe Biden und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: Sie alle haben ihre Teilnahme bei der Weltklimakonferenz COP29 abgesagt. Jede und jeder von ihnen hat gute Gründe: Deutschlands Ampelregierung ist zerbrochen, in den USA hat gerade Trump die Wahlen gewonnen, viele Länder leiden unter einer Wirtschaftskrise. Dazu kommen Kriege – und Migration.
Umweltkatastrophen werden zunehmen
Ja, die Zeiten könnten kaum turbulenter sein, in die diese Weltklimakonferenz in Baku (Aserbaidschan) fällt. Dennoch: Was dort ausgehandelt wird, ist rechtlich bindend für die Staaten. Und erst wurde bekannt, dass es 2024 wohl erstmals 1,5 Grad wärmer wird als im vorindustriellen Zeitalter – und 2028 final das Pariser 1,5-Grad-Ziel verfehlt sei.
Sich gerade jetzt der Klimamüdigkeit hinzugeben, also dem Desinteresse an der Erderwärmung, wäre daher mehr als fahrlässig. Denn ohne apokalyptisch werden zu wollen: Wenn Häuser in Schutt und Asche gelegt werden, Autos weggeschwemmt und Tausende Hektar Natur zerstört, wird alles andere unwichtig. Das hat man in diesem Jahr bei den Starkregen in Bayern, Baden-Württemberg oder Österreich gesehen, bei den Überschwemmungen in Spanien, den Waldbränden in Kalifornien. Solche Umweltkatastrophen werden heftiger, wenn nun keine mutigen Entscheidungen für Klimaschutz und Klimaanpassung getroffen werden – und zwar weltweit. Dafür ist die COP das bestmögliche Forum.
Mannheim und Augsburg als Vorreiterstädte
Im Gegensatz zu vielen Staatschefs scheinen einige Vertreter von Stadtverwaltungen und Versorgungsbetrieben in Deutschland dies zu erkennen – sie gehen ehrgeiziger voran. Weit vorne steht Mannheim. Als erste deutsche Großstadt hat die 320 000-Einwohner-Kommune angekündigt, dass 2035 definitiv kein Gas mehr durch die Leitungen fließen wird. Das sind zehn Jahre früher, als das Heizungsgesetz von Robert Habeck es vorsieht. Selbst der Einbau einer neuen wasserstoff-tauglichen Gas-Heizung bringt dann nichts mehr: In Mannheim soll nur noch mit Fernwärme und Wärmepumpen geheizt werden. Dazu muss man aber wissen: Dort sind bereits 60 Prozent aller Haushalte ans Fernwärmenetz angeschlossen.
Doch auch die Stadtwerke Augsburg wollen bis 2035 so weit sein, sich „weitgehend“ vom Gas zu verabschieden. An einige Bestandskunden haben die dortigen Stadtwerke bereits Kündigungen verschickt – mit einer Fristsetzung für den Gasausstieg von etwa zehn Jahren.
Wer kürzlich eine Gas-Heizung eingebaut hat, ist der Doofe
Für die Menschen in solchen Vorreiterstädten wie Mannheim oder Augsburg sind das gute und schlechte Nachrichten zugleich. Einerseits haben die Immobilienbesitzer dort früher Klarheit als anderswo und können planen. Andererseits bedeutet es: Wer sich auf die Aussagen der Bundesregierung zur Heiz-Zukunft verlassen und erst vor Kurzem eine neue Gasheizung eingebaut hat, hat viel Geld in den Sand gesetzt. Und muss bald erneut investieren. Das ist angesichts hoher Summen schlicht unfair.
Es ist also gut und richtig, dass Kommunen vorangehen beim Klimaschutz. Aber zugleich müssen kommunizierte Daten auch gelten. Und es wäre enorm sinnvoll, wenn Städte, Bundesländer und die Bundesregierung sich nicht jeweils völlig unterschiedliche Ziele setzen würden, bis wann sie klimaneutral werden und den Gashahn zudrehen wollen.
Denn nicht zuletzt das Heizungsgesetz hat gezeigt, welche Konsequenzen es haben kann, wenn nicht von Anfang an klar und konsequent kommuniziert wird. Viele Menschen wurden verunsichert, einige bockig. Der Verkauf von Wärmepumpen ging zurück. Und das ist fürs Klima eine Katastrophe.