Zum Weltkrebstag hat die Filder-Zeitung der Onkologie in der Filderklinik in Filderstadt-Bonlanden einen Besuch abgestattet.

Bonlanden - Das Zimmer 4.135 ist das Herzstück. Hinter dieser Tür wird genau nach Plan hantiert. Auf dem Plan stehen Patientenname, Alter, Größe, Gewicht – und die Zahlen 1,5 und 2,3 sowie 1,8. Sie stehen untereinander in einer Reihe mit entsprechender Uhrzeit. Mit zwei Unterschriften bestätigen die behandelnden Ärzte auf der rechten, unteren Seite des Blattes die Richtigkeit ihrer Anordnungen.

 

Busulfan, Chlorambucil und Cyclophosphamid. Das sind Medikamentennamen, die nur den wenigsten gesunden Menschen etwas sagen. In der Filderklinik – dem Ort des Geschehens – erfahren Patienten, dass diese Substanzen Zytostatika sind. Diese Medikamente kommen bei einer Chemotherapie zum Einsatz. Im Herzstück, dem Zimmer 4.135, werden die Substanzen zusammengesetzt. Wie ein Puzzle, nur mit dem Unterschied, dass die Teile flüssig sind und zumeist weit reichende Folgen für die Betroffenen haben.

„Niemand rechnet mit solch einer Diagnose“, sagt Stefan Hiller. Er ist Leitender Arzt des Zentrums für integrative Onkologie in der Filderklinik. Das ist ein Bereich der Medizin, der sich mit der Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge von Krebserkrankungen befasst. Die Diagnose eines Krebsgeschwulst – in der Fachsprache Malignom – bedeutet, dass sich an einer Stelle des Körpers ein bösartiger Tumor befindet.

Gesundes Gewebe wird zerstört

Es gibt viele Orte und Gewebekonstellationen im Körper, an denen sich Tumore festsetzen können: an Lymphknoten, in der Brust, im Magen, an der Lunge. Eines eint die unterschiedlichen Krebsarten: Es kommt zum unkontrollierten Wachstum von Körperzellen. Dieser Vorgang verdrängt und zerstört letztlich das gesunde Gewebe.

Der systematischen Verwüstung soll im Krankenhaus Einhalt geboten werden. MRT – diese drei Buchstaben stehen auf einer anderen Tür der Fachabteilung Onkologie. Magnetresonanztomografie heißt die ausführliche Bezeichnung. Das ist ein Verfahren, mit dem Gewebe und Organe bildhaft dargestellt werden können. Endoskopie – für Magen- und Darmspiegelungen – steht auf einer anderen Tür, ein Stück von der MRT entfernt. Tür für Tür offenbaren sich Besuchern wie Patienten medizinische Geräte. Dabei strahlt der Flur, der zwei in sich geschlossene Achtecke miteinander vereint, überhaupt keine Krankenhaus-Atmosphäre aus.

Seit Sommer Leiter der Onkologie

„Das sind die apparativen Diagnoseverfahren“, erklärt Hiller beim Rundgang. Diese Maschinen ermöglichen den Ärzten erst genaue Befunde und danach die darauf aufbauende Therapie. Hiller hat seine Funktion als Leiter der Onkologie erst im Sommer 2011 angetreten. Die Filderklinik und ihre medizinische Ausrichtung begleiten den Arzt aber bereits seit einigen Jahren: „Ich war an der Filderklinik als Assistenzarzt tätig“, erinnert sich Hiller. Die Onkologie habe sich im Laufe seiner Berufslaufbahn als erste Präferenz heraus gestellt. Ihn reize die wissenschaftliche Komponente ebenso wie der intensive Kontakt mit Menschen.

Hiller weiß aber auch: „Durch eine Krebserkrankung ändert sich das gesamte Leben eines Menschen.“ Je nach Befund müsse die Therapie ganz individuell auf den Patienten ausgerichtet werden. Drei aufeinander aufbauende Elemente bietet die Filderklinik an. „Ich erzähle meinen Patienten immer von den drei Säulen“, gibt Hiller Auskunft. Die erste Säule sei die schulmedizinische Behandlung, die klassische Medizin im Sinne von Diagnose- und Therapieverfahren. Daran knüpft die Komplementärmedizin an. Dazu gehört die Hyperthermiebehandlung oder die Bewegungstherapie. Ziel ist es, das Immunsystem des Patienten zu stärken. Der dritte Teil setzt auf anthroposophische Methoden wie etwa die Kunsttherapie oder Heileurythmie.

Körperabwehr stärken

Hyperthermie steht wieder auf einer anderen Tür. In einem zeltartigen, durchsichtigen Gerät soll die Körperabwehr durch Infrarotstrahlung aktiviert und gestärkt werden. Eine Frau will sich dieser Behandlung unterziehen. Sie ist im Gespräch mit einer Krankenschwester. Nach der Besichtigung läuft Hiller mit großen, energischen Schritten an den Türen seiner Abteilung vorbei.

Ein Mann kommt aus dem Aufzug. Er trägt einen Infusionsbeutel und einen Schlauch, der in die Nase führt. Er hat lichtes Haar, stützt sich auf einen Rollator. Seine Schritte sind langsam und bedächtig. Er dreht sich um und sieht direkt in die Augen von Hiller. Ein Lächeln huscht über die Lippen des Patienten. Eine Pflegerin nimmt ihn zur Behandlung herzlich in Empfang.