Jedes Jahr kann höchstens ein deutsches Baudenkmal neu auf die Unesco-Liste. Nun hofft das Kloster im nordrhein-westfälischen Höxter auf Erfolg. Im Lauf der Woche soll über dessen Aufnahme auf die Welterbe-Liste abgestimmt werden.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Höxter ist ein hübsches Städtchen mit 30 000 Einwohnern im Weserbergland in Nordrhein-Westfalen. Auf einer schnurgeraden Allee gelangt man zum Schloss Corvey direkt an der Weser, zu dem auch eine fast 1400 Jahre alte Klosteranlage gehört. Der heutige Schlossherr, Viktor Herzog von Ratibor und Fürst von Corvey, aber auch die Stadtbewohner fiebern schon seit Wochen der diesjährigen Welterbe-Jahrestagung entgegen; der Fürst will sogar persönlich nach Doha reisen. Irgendwann im Lauf der Woche wollen die in Katars Hauptstadt versammelten Delegierten über die Aufnahme des Klosters auf die Welterbe-Liste abstimmen. Und da alle zuvor eingeholten Gutachten positiv lauten, müsste es eigentlich klappen. „Wir hoffen dann auf eine Steigerung unserer Besucherzahlen um mindestens 25 Prozent“, sagt Claudia Konrad, die Geschäftsführerin des Kulturkreises Höxter-Corvey.

 

Eine mächtige Reichsabtei

Das Kloster Corvey wurde 822 von Ludwig dem Frommen gegründet. Der fränkische König erfüllte damit einen Plan seines Vaters Karl dem Großen, der just an der Weser den Bau einer mächtigen Reichsabtei wünschte, um die immer noch heikle Christianisierung der Sachsen abzusichern. In den ältesten Bauteilen Corveys findet sich heute noch der karolingische Stil; das verbindet die Anlage mit dem Dom zu Aachen, der 1978 als überhaupt erstes Baudenkmal in Deutschland zum Welterbe erklärt wurde. Corvey blieb durch viele Jahrhunderte reichsunmittelbares Kloster, wurde ergänzt durch Schlossbauten und Bibliotheken und gelangte während der Säkularisierung in Privatbesitz.

Konservatorische Arbeit

„Seit 200 Jahren leistet meine Familie konservatorische Arbeit“, betont Fürst Viktor. Der Welterbe-Beschluss werde diese Arbeit auch für die nächsten Generationen sichern. Seit 1999 arbeiten die Behörden auf einen Beschluss der Unesco-Gremien hin. Das macht deutlich, wie lange solch ein Anerkennunsprozess verläuft. Die Bundesländer müssen sich intern auf eine Vorschlagsliste einigen. Ist der Antrag in Paris offiziell eingereicht, folgt eine intensive Prüfung durch die Unesco-Denkmalschützer. Diese bewerten die Einzigartigkeit, die historische Echtheit und die Unversehrtheit der Stätte. Außerdem müssen die Besitzer einen Managementplan zur zukünftigen Erhaltung des Denkmals vorlegen.

Und dann heißt es warten und noch mal warten, denn pro Jahr wird höchstens ein deutsches Denkmal neu in die Welterbeliste aufgenommen. In Corvey werden derzeit viele Daumen gedrückt. Und kommt irgendwann in den nächsten Tagen tatsächlich der erlösende Anruf des Fürsten aus Doha, sollen alle Glocken der Stadt läuten und ein schon vorbereitetes Banner wird gehisst: „Perfectum est – Welterbe Corvey“; es ist vollbracht.