Der Zustand der Weltmeere ist dramatisch: Die Ozeane werden leergefischt und sind zu Müllkippen geworden, die Überreste der menschlichen Zivilisation gefährden Tier und Mensch. Und: Die Bundesregierung rechnet mit noch größeren Umweltproblemen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Berlin - Angesichts des schnellen Bevölkerungswachstums blickt die Bundesregierung pessimistisch auf die Umweltprobleme der Weltmeere. Klimawandel, Müll und andere Fremdstoffe im Wasser sowie Überfischung würden übereinstimmend als „wesentliche Belastungen“ bezeichnet, heißt es in der Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine schriftliche Frage der Grünen.

 

Es sei davon auszugehen, „dass der Druck auf die Meeresökosysteme aus allen genannten Belastungen angesichts des rasanten Wachstums der Weltbevölkerung zumindest bestehen bleiben wird“. Der Schutz der Weltmeere steht an diesem Mittwoch auf der Tagesordnung des Umweltausschusses im Bundestag.

Schutz der Meere

Die Grünen fordern eine internationale Konvention zum Schutz der Meere. „Die Bundesregierung muss sich mit allem Nachdruck für ein UN-Abkommen zum Schutz der Hohen See einsetzen“, sagte die Vorsitzende des Umweltausschusses, Sylvia Kotting-Uhl „Das kann sie aber nur dann wirklich glaubwürdig, wenn sie vor der eigenen Haustür in den Schutzgebieten der Nord- und Ostsee den Schutz vor wirtschaftliche Interessen setzt.“

Historische Krise der Ozeane

Die Ozeane befänden sich „in einer historischen Krise“, sagte Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Steffi Lemke. Die Wassertemperaturen stiegen und zerstörten Korallenriffe, die Überfischung schreite voran, ebenso die Verschmutzung mit Plastik. „Dem größten Lebensraum unserer Welt droht damit die unwiderrufliche Zerstörung“, warnte Lemke.

„Um diesen Bedrohungen Einhalt zu gebieten, braucht es politischen Willen und einen starken internationalen Rechtsrahmen“, sagte die Naturschutzexpertin. Bisher gebe es „kaum bis gar keine Regeln“ für den Schutz der internationalen Gewässer – das Seerecht gleiche einem Flickenteppich.

Angesichts des dramatischen Rückgangs der Meerestiere schlägt auch die Umweltstiftung WWF (World Wide Fund for Nature) Alarm. Die Populationsgrößen ausgewählter Meeressäuger, Seevögel, Reptilien und Fische haben sich innerhalb von 40 Jahren im Schnitt halbiert, heißt es in dem Meeresbericht „Living Blue Planet Report“. Die von Makrelen oder Thunfischen seien sogar um 74 Prozent eingebrochen. Zudem gilt laut WWF jede vierte Hai- und Rochenart als vom Ausstreben bedroht.

„Die Meere brauchen dringend Erholung“

„Wir haben den Bogen extrem gespannt“, erklärte WWF-Fischerei-Expertin Karoline Schacht. Der WWF-Report basiert auf 5829 untersuchten marinen Populationen von 1234 Meerestierarten. Hauptursache ist demnach der Raubbau durch den Menschen. „Überfischung beeinträchtigt nicht nur die Balance des Lebens in den Meeren, sondern auch in Küstengemeinden, wo soziale und wirtschaftliche Strukturen direkt vom Fisch abhängen“, warnte Schacht.

Laut dem Fischerei-Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) von 2016 sind fast ein Drittel der weltweiten Fischbestände überfischt. Mehr als 60 Prozent werden maximal befischt, und nur rund zehn Prozent der weltweiten Bestände werden moderat bis wenig befischt. Jedes Jahr werden rund 160 Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchte aus Wildfang und Aquakultur angelandet. Davon stammen mehr als 90 Millionen Tonnen aus Wildfang.