Daniel Reimling aus Sielmingen ist Briefträger. Meistens ist er irgendwo in Filderstadt unterwegs. Zum Weltposttag erklärt er, warum ihm das selbst im Regen Spaß macht.

Sielmingen - Mal benetzt feiner Sprühregen das Gesicht, mal prasseln dicke Tropfen auf die Kapuze, aber an diesem Vormittag regnet es wirklich nur einmal – und das durchgehend. Daniel Reimling scheint das nichts auszumachen. Ohne ein Wimpernzucken schnappt er sich zwei gelbe Boxen aus dem Postablagekasten an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße in Bonlanden und schiebt sie ratzfatz auf die Ladefläche seines E-Lastenbikes. Tropfen perlen von seinem Regenmantel, der Mann aus Sielmingen lächelt dennoch. „Es nieselt ja auch nur“, hat er kurz zuvor gesagt. Wind und Wetter scheut Daniel Reimling nicht. Er ist einer von knapp 95 000 Briefträgern in Deutschland.

 

Wenn die Straße zu steil ist, bleibt das Fahrrad stehen

Vieles, was so manchen schrecken würde, kann er augenscheinlich gut ab. „Ich bin gern draußen“, sagt er. Hinzu kommt das frühe Aufstehen. Gegen 7 Uhr startet sein Tag im Zustellstützpunkt. In die maschinell vorsortierte Post müssen Kataloge, Großbriefe oder Presseerzeugnisse einsortiert werden, bevor es zum E-Bike und dann zum Austragen geht.

Der Job sei mitunter „sehr körperlich“. Immerhin: Mit dem Elektrolastenrad komme er fast jede Straße hoch, sogar in Plattenhardt, obwohl es am Hang liegt, wie er mit scherzhaft schmerzverzerrtem Gesicht sagt. Nur bei einer Straße muss Daniel Reimling nach eigenen Angaben passen: bei der Lailensäckerstraße. Die sei so steil, dass er aus dem Stand nicht anfahren könne. „Da lasse ich das Rad immer stehen und gehe zu Fuß.“

Lukas Weschbach, der Leiter des Zustellstützpunkts Stuttgart, bestätigt, dass die Briefzustellung durchaus in die Beine geht. „Die Leute, die neu anfangen, sagen, dass sie Muskelkater haben.“ Daniel Reimling muss sich immer wieder auf neue Nachbarschaften einstellen. Während die meisten Briefträger feste Bezirke haben – in Filderstadt sind es 20 –, übernimmt der 41-Jährige eine Springerfunktion. „Herr Reimling ist sehr flexibel, wenn Not am Mann ist“, sagt Lukas Weschbach, zudem sei er einer der ganz wenigen Mitarbeiter, die sämtliche Gangfolgen im Kopf hätten, also jene optimierte Reihenfolge, nach der die Post in einer Nachbarschaft ausgetragen werden soll.

Briefträger müssen verschiedene Gangfolgen im Kopf haben

„Im Großen und Ganzen bin ich sehr zufrieden“, sagt Daniel Reimling und lächelt. Er betont: „Das Überbringen von Nachrichten ist der Hauptaspekt, der mich reizt.“ Entsprechend ist der Hobby-Schauspieler und Chorsänger einer, den die Leute kennen. Ein Schwätzle hier, ein Grüßle da. Vor allem Senioren freuten sich, wenn er vor der Tür stehe. „Ich versuche, mir Zeit zu nehmen.“

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Daniel Reimling ist seit 2004 im gelb-dunkelblauen Dress unterwegs. Zunächst hat er sich seinerzeit zur Fachkraft für Brief- und Frachtverkehr ausbilden lassen, dann hat er den Postverkehrskaufmann draufgesattelt; eine Mühe, die sich heute viele nicht mehr machen.

Das Berufsbild hat sich gewandelt, erklärt Lukas Weschbach. 330 Menschen arbeiten im Zustellstützpunkt Stuttgart, der Großteil als Briefträger. Die Branche habe sich für Quereinsteiger geöffnet. Vor allem im Bereich Paketzustellung sei der Bedarf durch den wachsenden Onlinehandel hoch. Gut 5,9 Millionen Paketsendungen sind an jedem Werktag durch Deutschland unterwegs. Briefzusteller fangen das gewaltige Aufkommen teils ab. Bis zu zehn Zentimeter dicke Päckchen tragen auch sie aus, „um die Paketzusteller zu entlasten und die Beschäftigung der Briefzusteller zu sichern“, stellt Lukas Weschbach klar.

Daniel Reimling muss weiter. Die Leute an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße warten auf ihre Post, ins Industriegebiet muss er auch noch. Der Regen hat wieder angezogen. Die Tropfen werden dicker. Und Daniel Reimling? Der lächelt immer noch. „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.“