Die EU-Kommission will Risikokapital für Unternehmen locker machen, die mit Weltraum-Projekten Geld verdienen – auch damit Europa nicht den Anschluss an die Konkurrenz verliert. China strebt Missionen zum Mond an, die USA wollen auf den Mars. Und Europa?

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Die EU-Kommission will Risikokapital für Unternehmen locker machen, die mit Weltraum-Projekten Geld verdienen. EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska verkündete bei der EU-Space-Policy-Konferenz in Brüssel: „Kommission und Europäische Investitionsbank (EIB) werden einen Space-Fonds auflegen.“ Der Fonds solle 300 Millionen Euro an privatem und staatlichem Geld für kleine und mittelgroße Unternehmen mobilisieren. Nach den Europawahlen sei es dann die Aufgabe der neuen Kommission, einen umfangreichen EU-Space-Beteiligungsfonds aufzulegen. Das Risikokapital für Start-ups müsse ausgeweitet werden. Außerdem gehe es darum, in der Weltraum-Wirtschaft Unternehmen so zu fördern, dass weltweit erfolgreiche Spitzenunternehmen demnächst aus Europa kommen.

 

Die EU-Industriekommissarin will 16 Milliarden Euro für den Weltraum-Etat bereitstellen

Gerade laufen die Verhandlungen zwischen Mitgliedstaaten und Kommission über den EU-Weltraum-Etat in der nächsten mehrjährigen Finanzperiode, die von 2021 bis 2027 geht. Bienkowska hat vorgeschlagen, dafür 16 Milliarden Euro bereitzustellen. Zwischen 2011 und 2020 stehen 11,4 Milliarden Euro zur Verfügung. Mit dem Geld sollen in der Zukunft vor allem die bestehenden Satelliten-Programme Galileo und Kopernikus finanziert werden. Die Bedeutung der Galileo-Satelliten für die Verbraucher könne kaum unterschätzt werden. Galileo liefere bereits jetzt viel präzisere Daten zur Positionsbestimmung als jemals erwartet worden sei. Über Apps auf Handys werden die Daten bereits von mehr als 500 Millionen Menschen in der ganzen Welt genutzt. Seit Anfang November sei Galileo auch in den USA zugelassen, als erstes Nicht-US-Satellitensystem zur Positionsbestimmung neben dem Navigationssatellitensystem GPS.

„Europa ist eine echte Space-Weltmacht geworden“, sagte Bienkowska. Europa sei die zweitgrößte Space-Macht in der Welt, die europäische Weltraumindustrie, die bereits jetzt 230 000 Mitarbeiter hat und etwa ein Drittel aller Satelliten weltweit produziert, sei Weltklasse.

Im Mond-Dorf könnten Fähigkeiten von Weltraumnationen zusammen geführt werden

Bienkowska, die der nächsten Kommission nicht angehören wird, fordert die Europäer auf, sich ehrgeizige Ziele im All zu setzen. „Die Weltraumbranche durchläuft gerade einen schnellen und tiefgreifenden Prozess der Industrialisierung.“ Er sei durchaus mit der Industrialisierung vergleichbar, die einst die Automobilbranche erfasst hat. Um die Herausforderungen zu bestehen und die Chancen zu nutzen, bedürfe es eines umfassenden neuen Zugangs der EU zum Thema Weltraum. Es gehe nicht darum, die US-Space-Politik einfach zu kopieren. „Es geht vielmehr darum, dafür zu sorgen, dass Europa das Sprungbrett ist für künftige Innovationen und technologische Durchbrüche im All.“ Bienkowska kritisierte, dass die EU Aufholbedarf habe: „Zurzeit ist unser Ansatz noch zu weit gestreut und zu ineffektiv.“

Die Polin findet, dass Weltraum-Politik noch zu sehr ein Thema für Spezialisten sei. „Das Potenzial von Weltraum-Aktivitäten ist außerhalb der Space-Gemeinde so gut wie unbekannt, bei Bürgern sowie bei Spitzenpolitikern auf nationaler und internationaler Ebene.“ Die Debatte beschränke sich zu sehr auf enge Zirkel, dabei gehe es um Zukunftsfragen der Menschheit. Es fehle in Europa auch an klar definierten Zielen: Das sei anders in China und in den USA. China strebt Missionen zum Mond an, die USA wollen auf den Mars. Es gibt aber bereits Ideen für die EU. So könnte sich Europa bemühen, eigene Fähigkeiten für bemannte Flüge ins All zu entwickeln. Jan Wörner, Chef der EU-Weltraumbehörde ESA, schlägt zudem ein „Dorf auf dem Mond“ vor. Es geht ihm nicht um Wohnhäuser, Kirchen und Geschäfte auf dem Mond. „Im Mond-Dorf wollen wir stattdessen die Fähigkeiten verschiedener Weltraumnationen zusammenführen – sei es in Form von Robotik oder von Astronauten.“