Auf den Tisch statt in den Müll – nach diesem Motto wird in Davos so manches Essen zubereitet. Soziale Organisationen wollen verhindern, dass Speisen weggeworfen werden.

Davos - Luis Freire, aufgewachsen in einer Favela von Rio de Janeiro, bedeutet es sehr viel, dass er hier in Davos für die Manager kocht. Der 25-Jährige trägt die weiße Dienstkleidung mit Mütze, alles von der Arbeit schon etwas befleckt, und lacht breit. Das erste Mal außerhalb Brasiliens, und dann gleich beim Weltwirtschaftsgipfel – das ist der Gegenbeweis. „Dein Leben wird ein Desaster“, habe ein Firmenchef, bei dem Luis arbeitete, ihn einst verflucht.

 

Ein Sozialprojekt ebnet den Weg

Aber das war in seinem früheren Leben, bevor eine Freundin im Internet die Kochschule Gastromotiva entdeckte. Luis bewarb sich und bekam die Chance. Gastromotiva ist ein Sozialprojekt, das der brasilianische Chefkoch David Hertz in´s Leben gerufen hat. Hertz und seine Leute betrachten Kochen nicht nur als Zubereitung von Essen, sondern wollen gleichzeitig sozialen und ökologischen Mehrwert schaffen. So bieten sie jungen Leuten aus den Favelas der brasilianischen Großstädte Ausbildungen als Küchenhelfer, damit diese sich zu vernünftigen Jobs und einem akzeptablen Lebensstandard hocharbeiten können. In Rio betreibt Gastromotivo außerdem sein Refettorio. Das ist ein Restaurant, das fast nur mit ausgesonderten Lebensmitteln arbeitet, die Supermärkte, Hotels und andere Gastronomiefirmen sonst wegwerfen.

„Jeden Morgen kommt ein Lieferwagen“, berichtet Luis, der das Refettorio leitet. „Dann haben wir zum Beispiel 1000 Tomaten und machen was draus.“ Abends richtet das Projekt immer ein kostenloses Abendessen für Obdachlose aus.

Essen für Dutzende von Gästen

Luis und seine Kollegen bekochen Dutzende Davos-Gästen. Gastromotiva kooperiert mit weiteren Köchen und Restaurants, die ähnliche Ideen verfolgen, etwa dem Schweizer Verein Greenabout. Aus Zürich haben sie rund 800 Kilogramm Lebensmittel geholt, die unter normalen Umständen im Müllcontainer gelandet wären. Und warum das alles ausgerechnet in Davos? Die Brasilianer und die Schweizer sehen sich als Mitstreiter im „social gastronomic movement“. Als solche wollen sie auch Politik machen. Sie verlangen Gesetzesänderungen, damit weniger Lebensmittel aus Hygienegründen weggeworfen werden. Einige Verbündete und Sponsoren haben die Sozialköche bereits gefunden. So werden sie etwa von Coca-Cola, der Biermarke Stella oder der französischen Handelskette Carrefour unterstützt.