Zum Drachenfest der Fliegergruppe in Welzheim reisen Fans aus der Region, aber auch von weiter her an. Im Gepäck haben sie die Biene Maja, Eulen Geckos oder einen maßstabsgetreuen Wal

Welzheim - Ein kräftiger Wind weht am Sonntagvormittag über die baumlose Hochfläche auf dem Segelfluggelände Heide bei Welzheim. Die Sonne versteckt sich die meiste Zeit hinter Wolken, und es herrschen alles andere als Frühlingstemperaturen. Keine besonders guten Bedingungen für Sonntagsspazierer also – aber optimale Voraussetzungen für Drachenfans wie Yvonne und Andreas Klein.

 

„Ein ideales Wetter für das Drachenfest“, schwärmen die beiden dick eingemummelten Stuttgarter. Dass das Ehepaar an diesem Vormittag schon fleißig war, ja, sogar in Schwitzen gekommen ist, beweisen die drei Großdrachen, die in der Luft über den Köpfen schweben: ein grünes Krokodil, ein orangefarbener Fisch und ein gewaltiger blauer Tintenfisch zerren kräftig an ihren Schnüren.

Die Seile sind fast fingerdick

Die fast fingerdicken Seile, an denen die Drachen hängen, seien extrem stabil, sagt Andreas Klein: „Das ist Drahtseilersatz.“ Weniger dürfe es auch nicht sein, erklärt der Stuttgarter, denn: „Allein der Oktopus hat eine Zugkraft von bis zu einer Tonne.“ 27 Meter lang und 5,50 Meter breit ist das blaue Prachtstück, das nach Kleins Auskunft 3500 Euro gekostet hat. Mit einem 1,20 Meter langen Bodenanker der Bundeswehr hat Klein seinen fliegenden Tintenfisch im Erdreich befestigt: „Damit sichert man sonst normalerweise Lastwagen am Hang.“

Im Jahr 1989 haben die Kleins ihren ersten Lenkdrachen gekauft, dann folgte ein 2,50 Meter großer Teddybär, und „von da an hat es sich gesteigert“, erzählt Yvonne Klein. Das mit den Drachen sei wie eine Sucht im positiven Sinne, sagt sie: „Man fängt klein an, und es gibt nach oben keine Grenzen.“

Der Wal bsteht aus 800 Quadratmetern Stoff

Den besten Beweis dafür liefert ein Mann, der gleich nebenan Stellung bezogen hat. Mike Wohlrath heißt der Haubersbronner, für den das Welzheimer Drachenfest gewissermaßen ein Heimspiel ist. Wohlrath hat zum Treffen einen knapp acht Meter großen Seestern mitgebracht, sein absolutes Prunkstück aber ist ein Wal – „im Maßstab 1:1“, wie Wohlrath sagt. Gewaltige 30 Meter lang ist der Meeressäuger, der da erhaben durch die Lüfte schwimmt. Er stammt aus Neuseeland. „Ein Schneider dort fertigt die Wale auf Bestellung an“, erzählt Wohlrath. 800 Quadratmeter Stoff hat der Mann auf der anderen Seite des Globus in dem Stauluftdrachen verarbeitet, zum Einsatz kommt meist Spinnaker-Nylon, das UV-beständig, reißfest und dank einer Beschichtung einigermaßen wasserabweisend ist.

Rund 5000 Euro müssen Drachenfreunde für solch einen Giganten hinlegen. Transportiert wird er in einem Kompressionssack, der den Berg von Stoff zu einem vergleichsweise handlichen Paket von einem Meter Länge und einem halben Meter Breite zusammenpresst. Trotzdem: „Das Einpacken ist die größte Herausforderung“, sagt Wohlrath und flitzt dann plötzlich los über die Wiese zu seinem Wal, an dessen Kopf sich ein Karabiner samt Schnur gelöst hat. Mehrere Männer sind einige Zeit damit beschäftigt, den Drachen an den Boden zu holen und wieder sicher zu befestigen. „Man weiß, wieso man abends müde ist“, sagt Yvonne Klein und lacht. Immerhin erlaubt es der Welzheimer Wind, den Wal von Hand zu landen. An der Nordsee habe das im vergangenen Jahr nicht geklappt, erzählt Mike Wohlrath: „Da hatte der Wal so viel Zug drauf, dass ich ihn an der Anhängerkupplung festmachen und mit dem Auto runterziehen musste.“