Ein örtlicher Zoohändler lockt eine ausgebüxte Würgeschlange aus der Kanalisation und stellt fest, dass das Tier schwanger ist. Die weiteren Ermittlungen im Boafall hat nun das Landratsamt übernommen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Welzheim - Der Welzheimer Bürgermeister Thomas Bernlöhr hatte die Nachricht, die ihn am Donnerstag erreichte, zunächst eher in die Kategorie moderne Mythen eingeordnet. Eine mehrere Meter lange Würgeschlange, mitten auf dem Kirchplatz, abgetaucht in die Kanalisation, wo sie sich jetzt von Mäusen und Ratten ernährt, um dann womöglich irgendwann unerwartet via Kloschüssel wieder aufzutauchen? Doch genau das – freilich ohne den letzten Nebensatz – war dem Rathauschef ganz offiziell bestätigt worden.

 

Die Polizei nämlich, die einem entsprechenden Hinweis nachgegangen war, hatte ein solches, sich in der Kirchplatzsonne räkelndes Tier am Donnerstagnachmittag tatsächlich angetroffen. Doch noch ehe die Beamten einen Schlangensachverständigen hinzuziehen konnten, habe es sich wieder „vom Acker“ gemacht, wie es im Polizeibericht hieß – genauer: vom Kirchplatz in die Kanalisation, von wo es angeblich auch hergekommen war. Weitere Recherchen hätten ergeben, dass es sich um ein legal gehaltenes Haustier gehandelt habe, das in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag widerrechtlich aus einem Privathaushalt ausgeschlängelt sei, sagte ein Sprecher der Waiblinger Polizeidirektion gestern auf Anfrage. Und dass das Ausbüxen dem Vernehmen nach nicht das erste Mal passiert sei. Weil aber eine solche Schlange – am Donnerstag ging man zunächst noch von einem Python aus – „für den normalen Menschen weitestgehend ungefährlich“ sei, wurde die Fahndung nicht weiter verschärft.

„Es war klar, dass es sich nicht um eine Gift- sondern um eine Würgeschlange handelte“, fügte der Bürgermeister gestern hinzu – und dass ihr Naturell gegenüber Menschen nicht auf Angriff sondern auf Flucht ausgelegt sei. Deshalb sei trotz der durchaus ungewöhnlichen Nachricht auch keine Panik ausgebrochen.

Doch Gedanken machte man sich im Flecken schon. Nicht nur, weil für den Sonntag dort das große Straßenfest auf dem Programm stand. Es sei ihm – „natürlich mit Augenzwinkern“ – von Leuten berichtet worden, die sicherheitshalber ihre Toilettendeckel beschwert hätten, räumte der Bürgermeister, seinerseits augenzwinkernd, ein.

Vielleicht trat deshalb am Samstag Udo Löchelt als Schlangenbeschwörer auf den Plan. Wie genau und warum es der Mann tat, der zusammen mit seiner Frau am Ort ein Fachgeschäft für Zoobedarf betreibt, ließ sich gestern nicht klären, denn ob der Ereignisse waren die Löchelts nicht Willens und in der Lage Presseanfragen zu befriedigen. Jedenfalls schaffte es Löchelt mit Hilfe einer selbst gebauten Lebendfalle irgendwie, das Tier am Samstag aus der Kanalisation zu locken. Und dabei stellte sich der zwei Meter lange und acht Kilogramm schwere Python nicht nur als Rotschwanzboa heraus, sondern auch noch als schwangeres Muttertier. Bis zu 20 Nachkommen – Geburtsdatum Ende 2013 – seien zu erwarten, hat die Polizei recherchiert, den Fall jetzt aber an das Landratsamt abgegeben.

Dort versichert eine Behördensprecherin, dass der zuständige Geschäftsbereich Verbraucherschutz und tierärztlicher Dienst an der Schlange dran sei. Man habe sich zunächst davon überzeugt, dass das Tier bei dem Zoobedarf-Geschäft gut aufgehoben sei und auch noch länger in Obhut bleiben könne.

Als nächstes werde man nun überprüfen, ob bei der Halterin eine artgerechte Haltung – vorgeschrieben sei ein Terrarium mit den Mindestmaßen von 2,50 mal zwei mal einem Meter – gewährleistet sei. Die Frau allerdings sei bisher noch nicht zu erreichen gewesen. Ob die Sache noch ein juristisches Nachspiel haben werde, müsse vor Ort geklärt werden. Ein weiterer Schlangenausflug sei aber unter allen Umständen zu verhindern.