Die Welzheimer Fliegergruppe hat mehr als zehn Jahre lang ihren fliegenden Oldtimer aufwendig restauriert. Im November wird er feierlich getauft. Den Segelflieger, Modell Specht, hatte sie einst in den 50er Jahren auch selbst gebaut.

Welzheim - Auf dem Hornberg nahe des Schwäbisch Gmünder Ortsteils Degenfeld stieg der Specht der Fliegergruppe Welzheim am ersten Mai 1958 zu seinem Jungfernflug in die Lüfte. Drei Jahre lang haben die Flugsportler an ihm gebaut, ihrem ersten eigenen Segelflugzeug. „Das war relativ spektakulär“, sagt Christian Sorg, der junge Vorsitzende der Welzheimer Fliegergruppe, der die Anfangsjahre aus den Erzählungen der Gründungsmitglieder kennt. Eine eigene Werkstatt habe man damals noch nicht gehabt. Örtliche Firmen hätten den Flugzeugbauern Unterschlupf gewährten, denen es nicht nur am Platz sondern auch am nötigen Werkzeug gemangelt habe,. „Deswegen hat man nach Feierabend beispielsweise bei Schreinern in der Gegend Schraubzwingen eingesammelt, und sie ihnen morgens, nachdem der Leim über Nacht getrocknet war, zurück gebracht“, berichtet Sorg.

 

Der „Welzheimer Wald“, wie die Flieger ihren Eigenbau tauften, sei zur damaligen Zeit ein „Hochleistungsgerät“ gewesen, sagt Sorg. Denn der Specht sei das erste Segelfliegermodell gewesen, das einen Rumpf gehabt habe und damit ein richtiges Cockpit. „Zuvor saßen die Piloten nur auf einem Sitz im Freien“, erläutert Sorg. „Außerdem ist dieses Segelflugzeugmodell die erste Konstruktion mit einem Doppelsitz, was eine Flugausbildung ermöglicht hat.“ Vorher habe das Prinzip gegolten: den Flieger besteigen, den Berg hinab und gucken wie weit man kommt. Nicht selten hätten solche erste Versuche nach nur wenigen Flugsekunden mit Bruchlandungen geendet. „Von da kommt auch der Name Hüpfer für Fluganfänger.“

Bis in die 80er Jahre als Schulflugzeug genutzt

Doch Ende der 80er Jahre war mit der Karriere des Welzheimer Spechts als Schulflugzeug Schluss. Seine Bauweise aus Metall- und Holzgerippen, die mit lackiertem Stoff bespannt sind, sei einfach nicht mehr zeitgemäß gewesen, erklärt Sorg. „Die modernen Flugzeuge sind aus Kunststoff, schlanker, aerodynamischer.“ Im Vergleich dazu sinke der Specht schneller ab. „Um ihn länger zu fliegen, muss man ziemlich gut darin sein, eine gute Thermik zu finden“, erläutert der junge Vorsitzende, der 1993 seine ersten Ausbildungsflüge als 14-Jähriger schon nicht mehr mit dem fliegenden Oldtimer absolviert hat.

In den folgenden Jahrzehnten sei der Specht nur noch selten genützt worden, zuletzt im Mai 2000. Denn ein Prüfer des Luftfahrtbundesamtes verordnete dem in die Jahre gekommenen Segelflugzeug eine Rundumerneuerung. „Die Metallverbindungen hatten teilweise etwas Rost angesetzt, das Holz war auch gealtert und der Lack auf den Stoffverbindungen rissig“, zählt Sorg auf. Da blieb nur eines: den Flieger bis auf seine Gerippe auseinander nehmen, abschleifen, neu verschweißen, marode Holzteile erneuern, frisch grundieren, lackieren und bespannen.

Unzählige Arbeitsstunden investiert

Mehr als zehn Jahre restaurierte die Welzheimer Fliegergruppe ihren Oldie originalgetreu, stattete ihn allerdings mit ein paar neuen Instrumenten aus, wie einem Funkgerät und einem GPS-gesteuerten Kollisionswarnsystem. Sowohl die Senioren im Verein als auch die Jugend investierten unzählige Arbeitsstunden. Jetzt ist es geschafft: Der Specht wartet nur noch auf die Abnahme durch das Luftfahrtbundesamt und seine feierliche Taufe Mitte November in der Eugen-Hohly-Halle vor 200 geladenen Gästen.

Dann kann er im nächsten Frühjahr wieder in die Lüfte steigen und gemeinsam mit den Greifvögeln in der Thermik segeln. „Das ist das Faszinierende am Segelfliegen, dass man mit der Natur fliegt“, sagt Sorg, „und das gleiche Prinzip wie Greifvögel nutzt. Manchmal fliegt sogar ein Bussard oder Rotmilan ein Stück neben einem her.“