Am 6. September wird die Welzheimer Sternwarte 20 Jahre alt. Die Sonnenfinsternis 1999 war einer der astronomischen Höhepunkte im Schwäbischen Wald.

Welzheim - Auch ein astronomisches Observatorium kann seine Sternstunde haben, und jene der Sternwarte Welzheim war ausgerechnet tagsüber: am 11. August 1999. Damals lag Europa im Fieber der totalen Sonnenfinsternis, die in einem Streifen quer durch die Region sehr gut zu beobachten war. Die Sternwarte Welzheim hatte sich extra dafür ein dreilinsiges Sonnenteleskop angeschafft, das in der neu errichteten Südkuppel aufgebaut wurde. Sogar Fernsehteams waren zum Welzheimer Lettenstich gekommen.

 

Sie wurden nicht enttäuscht. Denn während fast überall in der Region Wolken die Sicht behinderten, war das solare Ereignis von Welzheim aus dank einer Lücke unbeeinträchtigt zu beobachten. Professor Hans-Ulrich Keller, der frühere Chef des Stuttgarter Planetariums, der in der Sternwarte nach wie vor aktiv ist, spricht von einem „tollen Wolkenloch“, das der Sternwarte viel Medienpräsenz beschert habe. Die abendlichen Nachrichtensendungen funkten den Welzheimer Himmelsanblick in die ganze Republik.

Vor 20 Jahren, am 6. September 1992, wurde die Sternwarte in Welzheim eröffnet. Die Voraussetzungen für diesen Moment wurden jedoch früher gelegt. Als im Frühjahr 1977 das Stuttgarter Planetarium eröffnet wurde, entwickelte sich schlagartig ein großes Interesse an astronomischen Themen, schildert Keller. Für die Planetariumsvorführungen wurden mehr Sternenfotos gebraucht, auch für ambitionierte Nachwuchsastronomen wollte man eine bessere Beobachtungsmöglichkeit schaffen. Der Sternwarte an der Uhlandshöhe, die dem Verein Schwäbische Sternwarte gehört, habe die „Lichtverschmutzung“ zu schaffen gemacht, sagt Keller. Immer mehr Straßenlaternen und Dunst behinderten die Beobachtungen am Rande des Talkessels der Landeshauptstadt.

Die Sternenfreunde machten ihre Ambitionen auf eine neue Sternwarte presseöffentlich, und davon las der damalige Welzheimer Bürgermeister Hermann Holzner, der daraufhin zum Telefonhörer griff. In den darauffolgenden Jahren erkundeten Keller und Holzner gemeinsam die Welzheimer Gemarkung auf der Suche nach einem geeigneten Standort. Keller erinnert sich: „Zuerst war überlegt worden, einen der Wassertürme oben zu öffnen und die Kuppel darauf zu setzen.“ Das jedoch scheiterte daran, dass es in den Türmen keine Treppen gab und die Besucher enge Leitern hätten empor klettern müssen. Zudem sollte der Standort nicht in der Nähe einer Straße liegen, weil das Scheinwerferlicht der Autos die Beobachtung gestört hätte. Fündig wurden der Planetariums- und der Rathauschef schließlich in einem städtischen Grundstück unweit des Teilortes Lettenstich – wobei, wie sich Keller erinnert, erst ein Nachbar besänftigt werden musste, der Ertragseinbußen für seine Birnbäume befürchtete. Auch Geldquellen und Zuschusstöpfe konnte man letztlich anzapfen, denn der Förderverein des Planetariums brachte, wie Keller sagt, damals nur wenig Geld mit in den Welzheimer Wald. Heute ist die Stadt daher die Eigentümerin der drei Observatoriumsgebäude. Die Telefongebühren und die Reinigungskräfte bezahlt der Welzheimer Waldverein. Und dass die landesweit besten Beobachtungsgeräte in die dortigen Kuppeln eingebaut sind, ist unter anderem großzügigen Stiftern zu verdanken.

Den Anfang machte 1992 in der Westkuppel ein dreilinsiger Refraktor. „Das ist das selbe Prinzip, wie es schon Galilei verwendet hat“, sagt Keller. Die Sonderanfertigung hatte jedoch zwei Nachteile: Zum Einen sind konstruktionsbedingt sogenannte Deep-Sky-Objekte damit zu wenig sichtbar, also die Sternhaufen und die Galaxien. Zum anderen ließen sich Objekte nur durch ein einziges Okular beobachten, vor dem die Besucher dann Schlange standen. Das machte sich 2003 bemerkbar, als der Mars nah zur Erde stand, und mehr als 300 Besucher bei den öffentlichen Sternführungen erschienen und Wartezeiten in Kauf nehmen mussten. Ein Jahr später platzierte man mit Unterstützung der Firma Zeiss ein Spiegelteleskop in der Ostkuppel, das computergesteuert bedient werden kann. Es sei das größte Teleskop seiner Art mit Standort in Baden-Württemberg, sagt Hans-Ulrich Keller.

Wer die Sternwarte von außen betrachtet, erkennt auch, dass die Sternenfreunde der Region einen Hang zur Raumfahrt haben. Die Stahlkonstruktionen, die Umgänge und die Computerarbeitsplätze im Beobachtungsraum erinnern sehr an die Ästhetik von Raumstationen. Den Eindruck unterstützt der Planetenweg, den Besucher seit einigen Jahren vom Parkplatz der Laufenmühle aus emporwandern und dabei anhand von Informationstafeln die räumlichen Dimensionen des Sonnensystems nachempfinden können. Hans-Ulrich Keller ist sicher: „Die Sternwarte hat eine sehr gute Zukunft.“ Sie diene sowohl dazu, Laien an das Thema Astronomie heranzuführen, könne aber auch Nachwuchsastronomen heranbilden, wie die beiden Astrofotografen Martin Gertz und Stefan Seip, deren Bilder inzwischen überregional bekannt sind. Vor allem aber könne man in Welzheim absolut „in Ruhe arbeiten“, sagt Keller. Viele Sternengucker genössen die Ruhe am Waldrand des Lettenstichs, wo nur das Zirpen der Grillen die Begleitmusik für astronomische Ausflüge an den Nachthimmel liefere.