Ein 35-Jähriger, der im Juli in einem Flüchtlingsheim seine Bettdecke angezündet hat, ist schuldunfähig. Weil der unter Schizophrenie leidende Mann als eine Gefahr für die Allgemeinheit gilt, hat das Landgericht die Unterbringung angeordnet.

Wendlingen - Vom Vorwurf des versuchten Mordes ist die Staatsanwaltschaft im Laufe des Prozesses abgerückt. Das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Hermann Ebel überzeugte die Anklage, dass der 35-jährige Asylbewerber wegen einer schizophrenen Psychose als schuldunfähig anzusehen ist. Weil von dem aus Sri Lanka stammende Mann jedoch zumindest derzeit potenziell eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgehe, wird er laut einem Urteil der 9. Schwurgerichtskammer am Landgericht Stuttgart bis auf weiteres in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht.

 

Ein Rauchmelder warnt Mitbewohner vor dem Brand

Der Angeklagte hatte in dem Prozess die Tat eingeräumt. Nach dem Konsum von Bier und Schmerztabletten hatte der Mann am 18. Juli gegen 22.15 Uhr in seiner Unterkunft in der Wendlinger Heinrich-Otto-Straße mit einem Feuerzeug seine Bettdecke angezündet. Die Bettdecke landete auf dem Fußboden. Ein Rauchmelder löste dann Alarm aus. Aufgeschreckte Mitbewohner brachen die Tür zu dem Zimmer des 35-Jährigen auf und löschten die Decke mit einem Feuerlöscher. Leicht hätte der Brand in dem zweistöckigen, aus Holz gebauten Asylbewerberheim in einer Katastrophe enden können. Rund 90 Flüchtlinge wohnen in dem Gebäude. Zum Tatzeitpunkt befanden sich mindestens fünf Bewohner in der Unterkunft.

Der Angeklagte sagte vor Gericht aus, dass ihm Stimmen die Tat befohlen hätten. Eine Stimme habe gesagt: „Du bist hier am falschen Ort“, er solle dorthin kommen, wo die Stimme lebe. Dies verstand der 35-Jährige als Aufforderung zum Suizid. „Er war nur noch auf sich, auf die Stimme und auf seinen Wunsch zu sterben konzentriert. Alles andere blendete er aus“, sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer.

Beim Arztbesuch fehlt ein Dolmetscher

Der Verteidiger betonte, dass durch eine Überwindung von Sprachbarrieren die Tat vielleicht zu verhindern gewesen wäre. Der Flüchtling, der Ende Mai nach Wendlingen kam, klagte bald nach seiner Ankunft über psychische Probleme. Der Mann übernachtete mehr als einmal auf dem Marktplatz und badete in öffentlichen Brunnen, weshalb er in Wendlingen auch als „der Wassermann“ bekannt war. Eine Sozialarbeiterin in dem Heim habe ihn mit einem Behandlungsschein am 11. Juni zu einer Ärztin in Wendlingen geschickt.

Der Tamilisch und etwas Englisch sprechende Patient konnte sich jedoch nicht verständlich machen. Bei einem zweiten Besuch wurde der Mann zwar von einem Ehrenamtlichen begleitet – allerdings ebenfalls mit begrenztem Erfolg. Die Schmerztabletten und die Schlaftabletten, die der Asylbewerber verschrieben bekam, halfen bei seinem Krankheitsbild nicht. Hätte die Ärztin seinen Mandanten verstanden, meinte der Verteidiger in seinem Plädoyer, „dann wäre eine Überweisung zum Neurologen und zum Psychiater zwingend notwendig gewesen“.

Der Angeklagte hofft auf ein positives Asylverfahren

Der Tamile war nach seiner Verhaftung zur Behandlung in das psychiatrische Krankenhaus in Weissenau (Kreis Ravensburg) gebracht worden. Seither hat sich sein Zustand verbessert. Der 35-Jährige hatte vor Gericht angegeben, in seiner Heimat von der sri-lankischen Armee gefoltert worden zu sein. „Ich hoffe, dass ich hier Asyl bekomme“, sagte der Mann in seinem Schlusswort. Doch über den Asylantrag wird in einem anderen Verfahren entschieden.