Der Weinstädter Wengerter Werner Kuhnle ist beim Jahrestreffen von Piwi-Deutschland in hessischen Bensheim mit dabei gewesen. Pilzwiderstandsfähigen Reben wird eine große Zukunft vorausgesagt – auch mit Blick auf Nachhaltigkeit und Klima.
Die Deutschen Piwi-Winzer sind Vorreiter im Anbau von pilzwiderstandsfähigen Reben. Diese und weitere Weinexperten gehören der Organisation „Piwi Deutschland“ mit Sitz in Freiburg im Breisgau an und wollen durch den Anbau von neuen, robusten Rebsorten den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um bis zu 80 Prozent reduzieren. So soll der Weinbau nachhaltiger und klimaschonender werden.
Werner Kuhnle berichtet aus Bensheim
Etliche Mitglieder, darunter Werner Kuhnle vom Weingut Kuhnle als Vertreter aus dem Remstal, haben sich in Bensheim an der Hessischen Bergstraße zur Jahresversammlung derer getroffen, die den Einsatz der pilzwiderständigen Sorten voranbringen wollen. In seiner Begrüßung, so berichtet Werner Kuhnle aus dieser Versammlung, habe der Vorsitzende von Piwi-Deutschland, Andreas Dilger aus Freiburg, unter anderem die Bedeutung von derlei Mitgliedertreffen betont, „bei denen das gegenseitige Kennenlernen und der Erfahrungsaustausch im Vordergrund steht“. Denn der Einsatz der neuen Reben erfordere einiges an Mut und Durchhaltevermögen.
Die Bergsträßer Gebietsweinkönigin Katja Simon aus Zwingenberg habe den versammelten Weinfachleuten Mut gemacht: „In Zeiten des Klimawandels mit vermehrten Extremwetter-Ereignissen, erschwerten Bewirtschaftungsbedingungen und einem erhöhten Pflanzenschutzbedarf ist der Anbau von Piwis eine der vielversprechendsten Strategien, um Weinbau auch in Zukunft nachhaltig zu betreiben.“ Der Anteil an „Piwis“ in Deutschland sei zwar noch sehr gering. Aber: „Es gibt definitiv großes Potenzial nach oben.“ Mit Sicherheit sind die vielfältigen Sorten nach Überzeugung der Weinkönigin ein großer Schritt in die richtige Richtung: „Es gibt ganz wunderbare Weine auf dem Markt, die zeigen, dass man mit ihnen nicht nur nachhaltigen Weinbau betreiben, sondern auch qualitativ hochwertige Erzeugnisse produzieren kann.“
Es geht um Nachhaltigkeit
Reinhard Antes, Vertreter der Rebveredlung Antes im benachbarten Heppenheim, verdeutlichte in einem Vortrag die Rolle der Rebveredler als Brückenbauer zwischen Wissenschaft und Praxis – zwischen Weinforschungsinstituten und Winzern, Kellereien und Genossenschaften. Antes betreibt als Rebveredler auf rund 45 Hektar Fläche an der Bergstraße Weinbau – mit 450 Sorten und Klonen, darunter 75 Piwi-Sorten. Er exportiert, so berichtet Werner Kuhnle, in mehr als 40 Länder. Im laufenden Jahr lag der Piwi-Anteil an der Produktion bei 55 Prozent. „Nachhaltigkeit ist derzeit das überragende Thema im Weinbau. Ein ganz wichtiger Baustein dabei sind Piwis“, sagt Antes.
Der Heilbronner Andreas Stutz aus dem Vorstand von Piwi-Deutschland präsentierte beim Jahrestreffen Zahlen zur Rebsortenentwicklung in Deutschland: „Der Trend zu weißen Sorten hält auch bei P-Reben an. Weiße Rebsorten steigerten sich im Anbau innerhalb von zwei Jahren um 437 Hektar auf 1488 Hektar. Mit Ausnahme vom Regent legen alle roten Rebsorten im Anbau zu.“
Regent sei bei den Piwi-Anbauflächen, anders als zum Beispiel im Remstal, aber „immer noch absoluter Platzhirsch“. Prozentual starke Anstiege gebe es bei den Sorten Satin Noir, Levitage und Monarch. Bei Piwi-Weißweinen gebe es eine starke Zunahme bei Souvignier Gris, Sauvignac, Sauvitage, Calardis Blanc, Blütenmuskateller und Donauriesling. Dies sei beim Donauriesling überraschend, da diese Sorte beim Falschen Mehltau nicht sehr widerstandsfähig sei. Stutz: „Da zeigt sich, wie wichtig ein treffender Name für eine neue Rebsorte ist.“
Pilzwiderstandsfähige Rebsorten – keine neue Erfindung
Ursprung
Die erste Piwi-Reben-Generation wurde bereits um 1900 unter anderem in Colmar gezüchtet. Sie bestand aus Direktkreuzungen amerikanischer oder asiatischer Wildreben und europäischer Keltertrauben. Züchtungsziel war, die Mehltaubekämpfungsmaßnahmen zu reduzieren und der Schutz vor der Reblaus.
Aktuell
Bei der dritten Generation ab 1990 wurden durch weitere Rückkreuzungen die Resistenzen gegenüber Mehltau verbessert und die Qualität der Weine gesteigert. Mit der vierten Generation an Züchtungen wurde die Resistenz nochmals verbessert, besonders gegenüber Peronospora (Falscher Mehltau) und Botrytis.